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Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition)

Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition)

Titel: Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Minkman
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Keiner sagt ein Wort, aber ihre Angst ist greifbar.
    Als Saul zur Seite tritt um seinen Handlangern Platz zu machen finde ich endlich meine Stimme wieder und stürme nach vorn. „Nein, wartet!“, rufe ich. „Ihr versteht nicht!“
    Aber es ist zu spät. Cal und Max stechen Henry mit ihren Schwertern brutal in den Rücken und sein Körper sackt mit einem ekligen Geräusch auf den Stufen in sich zusammen. Blut läuft die Treppe hinunter. Henrys Augen schließen sich und sein Kopf schlägt auf dem Marmor auf.
    Ich sehe mich panisch um. Wo zum Henker steckt Colin?
    Endlich setzt sich mein Bruder in Bewegung. Pete und er stürmen heran und schmeißen ihre Fackeln auf den Rasen vor dem Herrenhaus. Das Feuer bricht sofort aus. „Lügner!“, schreien sie Saul an. „Du hast Dinge vor uns verheimlicht!“
    Für den Bruchteil einer Sekunde scheint Saul aus dem Konzept zu sein, aber dann grinst er sie nur an. Seine Leibwache versucht nicht einmal, ihn zu beschützen – sie sind zu sehr damit beschäftigt, Henrys Leiche weg zuschaffen.
    „Ich, ein Lügner?“, gibt er wütend zurück.
    „D-du hast uns angelogen“, stottert Colin, aber es ist nicht länger überzeugend. Es funktioniert nicht.
    Saul lacht verächtlich. „Moment. Glaubt ihr denn etwa, was dieser Mann erzählt?“, fordert er Colin mit bedrohlicher Stimme heraus. „Wie wär's, wenn wir dir dieselbe Behandlung zukommen lassen wie ihm?“
    Unser ganzer Plan ist gerade in Rauch aufgegangen. Wort wörtlich. Ich höre das Tuscheln der Anwesenden um mich herum, sehe die unbehaglichen Blicke, die sie Colin und Pete zuwerfen. Als wären sie die Lügner.
    Colin wird blass und schaut hilflos hinüber zu Andy, der noch immer auf der anderen Seite der Terrasse wartet. Er hat sich nicht bewegt. Und dann treffen Colins Augen auf meine.
    Saul folgt Colins Blick und scheint sich plötzlich daran zu erinnern, dass ich die einzige war, die gegen Henrys Hinrichtung gesprochen hat. Seine Augen verengen sich kaum merklich. Sein ruhiger Ton erschüttert mich bis ins Mark, als er seinen Kämpfern den Befehl gibt: „Ergreift sie.“
    Einen Moment lang scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Ich starre Saul mit offenem Mund an, nicht in der Lage, mich zu bewegen.
    „Lauf!“, brüllt Colin. „Leia, jetzt!“
    Das rüttelt mich aus meiner Starre. Ich drehe mich um und renne wie der Wind. Ich bleibe nicht einmal stehen, um mir zu überlegen, wo zum Henker ich überhaupt hin soll oder wie ich nur so selbstsüchtig sein kann, Colin zurück zulassen, damit er sich allein durchschlägt. Er hat Recht damit, dass ich weglaufen muss. Wenn Saul mich erwischt, würde er mich höchst wahrscheinlich auch töten. Er ist verrückt geworden. Ich muss so schnell wie möglich runter vom Landgut und in der Schwärze der Nacht verschwinden.
    Zweige schlagen mir ins Gesicht als ich in die Dunkelheit des Waldes eintauche. Der Mond ist nur eine schmale Sichel am Nachthimmel und somit keine Hilfe, mehr zu erkennen. Aber das heißt auch, dass meine Verfolger mich nicht sehen können.
    Erst als ich an der Mauer ankomme, wird mir bewusst, wo ich all die Zeit hin gelaufen bin. Hier bin ich Walt zum ersten Mal begegnet. Sauls Anhänger können nicht weit weg sein, also muss ich mich beeilen. Ich sprinte den Baum neben der Mauer hinauf wie ein Eichhörnchen und zögere nicht als ich mich auf der anderen Seite dieser Trennung herabhängen und dann fallen lasse.
    Blind renne ich weiter. Ich bin in unerforschtem Gebiet, in einer unbekannten Welt, die Saul fürchtet. Er wird mir nicht hier her folgen.
    Ich bin im Land der Narren.
     

-11-
     
    ALS ICH endlich die ersten Häuser von Hoffnungshafen in der Ferne aufragen sehe, renne ich nicht länger. Viel mehr stolpere ich vorwärts. Meine Füße bluten, weil ich sie mir in meiner kopflosen Flucht an Steinen auf dem Weg aufgerissen habe. Tränen strömen mir übers Gesicht. Auch wenn ich nicht glaube, dass Saul mir über die Mauer folgen würde, kann ich meinen Schritt nicht verlangsamen.
    Ich behellige den ersten Mann, den ich treffe. „Walt“, ächze ich. „Wo ist... Walt. Der Neffe des Buchhüters.“
    „Lieber Himmel, Mädchen, was ist denn mit dir passiert?“, fragt mich der ältere Herr mit verblüfftem Gesichtsausdruck und legt einen Arm um meine Schultern. „Warum setzt du dich nicht erst einmal hin, Liebes? Ich gehe los und hole Walt aus der Versammlung, an der er teilnimmt.“
    Ich setze mich auf die Holzbank, zu der der Mann mich geführt hat,

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