Die Insel - Roman
fing wieder an zu weinen.
»Wir können dir nie wieder vertrauen«, fuhr Kimberly fort. »Nie wieder.«
»Aber … Aber ich hab’s doch wieder gutgemacht. Ich habe ihn getötet.«
»Oder auch nicht«, sagte Kimberly.
»Natürlich habe ich ihn getötet!«, bekräftigte Thelma unter lautem Schluchzen. »Was denkst du denn? Dass ich lüge ? Dass ich mir alles nur ausgedacht habe?«
»Dieser Gedanke ist mir gerade durch den Kopf gegangen.«
»Du … Du hast gesehen, was er mir angetan hat!«
»Das ist noch lange kein Beweis dafür, dass du ihn getötet hast.«
»Was für einen … Beweis brauchst du denn? Willst du seine Leiche sehen?«
»Solange ich seine Leiche nicht gesehen habe«, sagte Kimberly, »gehe ich davon aus, dass er lebt.«
»Für meinen Geschmack war Wesley schon einmal zu oft tot«, warf ich ein. »Schließlich hat er uns auch glauben machen wollen, dass er mit der Jacht in die Luft geflogen ist.«
»Das Ganze riecht nach einem Trick«, meinte Billie. »Ich glaube nicht, dass sie ihn getötet hat.«
»Hat sie auch nicht«, sagte Connie. »Nie im Leben.«
Thelma wischte sich die Augen und richtete sich ein wenig auf. »Na los«, sagte sie, »ich bin bereit.« Sie schniefte. »Ich bringe euch hin, dann könnt ihr ihn mit eigenen Augen sehen. Ihr … Ihr werdet sehen, dass ich keine Lügnerin bin.«
»Natürlich bist du eine Lügnerin.« Kimberly verzog sarkastisch den Mund. »Ich fasse es nicht! Du lügst doch wie gedruckt. Denkst du, ich leide an Gedächtnisverlust? Wir sind schließlich zusammen aufgewachsen. Herrgott, du hast doch schon als Kind bei jeder sich bietenden Gelegenheit gelogen - sogar wenn du gar keinen Grund dafür hattest.«
»Jetzt reicht’s aber!«, fuhr Thelma sie an.
»Die Frage ist nicht, ob du eine Lügnerin bist. Die Frage ist, ob du uns anlügst, wenn du sagst, dass Wesley tot ist. Und wir alle denken: Ja.«
»Na gut, ihr werdet es ja sehen.« Sie kroch ein Stück rückwärts, um unter dem Schutzdach herauszukommen. »Los, gehen wir. Seht ihn euch selbst an.«
»Wir haben keine Eile«, meinte Kimberly.
»Aber ich .« Thelma hatte aufgehört zu weinen und sah jetzt eher so aus, als wäre sie beleidigt. »Ihr glaubt mir nicht und werdet mich wie eine Aussätzige behandeln, solange diese Sache nicht geklärt ist.«
»Niemand behandelt dich wie eine Aussätzige«, widersprach Kimberly.
»Du bist keine Aussätzige«, sagte Billie.
»Du bist eine Verräterin«, korrigierte Connie.
»Absolut richtig«, meinte Kimberly. »Eine Verräterin. Aber weil du auch meine Schwester bist, wollen wir noch mal ein Auge zudrücken.«
»Was soll das heißen?«
Kimberly wartete einen Moment, bis sie sagte: »Eigentlich sollten wir dich hinrichten.«
»Was?«
»Du hast schon richtig gehört. Wir sollten dich töten. In meinen Augen hast du ein Kapitalverbrechen begangen, als du ihm geholfen hast, unserem Hinterhalt zu entkommen. Wenn du nicht meine Schwester wärst - und Dads Tochter -, hätte ich dich wahrscheinlich schon getötet.«
Thelma sah aus, als würde ihr gleich fürchterlich schlecht. »Du machst Witze«, murmelte sie.
»Meinst du?«
Connie grinste Thelma an und sagte: » Ich glaube nicht, dass sie Witze macht.«
»Wir sind wirklich nett zu dir und geben dir eine letzte Chance«, fuhr Kimberly fort. »Deshalb solltest du uns lieber nicht anlügen, was Wesley anbetrifft.«
»Er ist tot, und ich habe ihn getötet! Das ist keine Lüge! Wenn ihr mir nicht glaubt, dann gehen wir doch hin, jetzt gleich!«
»Jetzt nicht«, sagte Kimberly. »Vielleicht morgen.«
Das kam ziemlich überraschend.
»Oder übermorgen«, fügte sie hinzu.
Wir sahen sie verdutzt an.
»Sollten wir die Sache nicht lieber gleich hinter uns bringen?«, fragte ich. »Ich meine, es wäre doch gut, wenn
wir wüssten, ob er tot ist oder nicht. Wenn ja, müssen wir keine Angst mehr haben, dass er uns hinterrücks überfällt …«
»Ich würde es auch gerne wissen«, sagte Billie.
Thelmas Gesicht hellte sich auf. Anscheinend glaubte sie, dass wir auf ihrer Seite standen. »Siehst du?«, sagte sie. »Sie sind dafür, dass wir gehen.«
»Wir haben Connies Meinung noch nicht gehört«, entgegnet Kimberly.
Connie zog eine Grimasse. »Ich gehe nirgendwo hin. Machst du Witze?«
»Ist es in Ordnung, wenn wir dich hier lassen?«
»Allein? Ich kann nicht allein hier bleiben. Wenn sie gelogen hat, kommt Wesley, sobald ihr weg seid, und schnappt mich.«
»Keine Angst«, sagte Billie zu ihr. »Wir
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