Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
hatte Angst, dass es alles verändern würde.«
» Das tut es.«
» Warum? Ich liebe dich.« Seine Qual zerriss mich.
» Du liebst Gott mehr.«
Eine lange Pause entstand, und ich konnte den Schmerz in seinem Gesicht sehen. » Das ist unfair«, sagte er schließlich.
» Ja. Es tut mir leid. Es ist nicht ganz das, was ich meinte. Wenn ich deinen Glauben teilen würde, würde es keine Rolle spielen. Aber das tue ich nicht. Thor, ich kann nicht an deinen Gott glauben, oder an deinen Himmel. Unter diesen Umständen kann ich nicht ein Teil deines Lebens werden.«
Er zuckte zusammen, als hätte ich ihm den Todesstoß versetzt. » Glut, selbst mein Glaube ist nicht absolut. Ich zweifle. Aber ich hoffe, dass es einen Gott gibt, der sich etwas aus uns macht. Der diejenigen belohnt, die versuchen, diese Welt hier zu einem besseren Ort zu machen. Wenn ich mich irre, nun, dann bin ich dennoch froh, dass ich es versucht habe. Es kann nicht falsch sein, anderen zu helfen, glücklich zu sein.«
» Nein. Aber ich bin kein solcher Mensch. Ich bin zu selbstbezogen. Ich wollte nicht in Kredo herumhängen und den noch Unglücklicheren helfen, während die Wahrer mit Kanonen auf mich schießen – ich wollte mich selbst retten und da rauskommen! Ich will nicht für andere arbeiten. Ich will für mich selbst arbeiten. Ich will mich glücklich machen. Ich will das Bürgerrecht, einen Platz, an dem ich leben kann, Geld, mit dem ich mir etwas Behaglichkeit kaufen kann. Oh, ich würde mich nicht mehr wie früher über so vieles hinwegsetzen, nur um es zu bekommen, aber ich will es immer noch.
Abgesehen davon hat dir die Verbindung mit mir bereits geschadet – du hast gekämpft und getötet, obwohl deine Religion dir sagt, dass das Töten eine Sünde ist. Du hast mit mir geschlafen, obwohl wir nicht verheiratet sind. Du hast mir sogar angeboten, Sichel und Domino zu foltern. Deine Liebe zu mir hat dich in Konflikt mit einem anderen Patriarchen gebracht.« Damit meinte ich natürlich Alain Jentel. Ich wusste jetzt, was ich zuvor nur unklar gespürt hatte: Alain hatte Thor gedrängt, mich zu vergessen.
Er schenkte mir ein schiefes Lächeln. » Ich habe mich nie für vollkommen gehalten. Und ich bin kein Dogmatiker. Ich bin nicht Alain Jentel. Ich liege mit dem Rat der Patriarchen ständig wegen zwei Dutzend Angelegenheiten im Streit. Ich trachte nicht danach, heilig gesprochen zu werden. Ich werde nie glauben, dass etwas so Schönes, wie in deinen Armen zu liegen und dich zu lieben, falsch sein kann. Ich glaube, dass es wichtig ist für den Rat, jemanden wie mich zu haben – ich hinterfrage ihr starres Denken. Ich möchte das Sandkorn sein, das die Auster dazu reizt, die Perle hervorzubringen, so lange ich lebe. Ich bin ein ziemlich unkonventioneller Priester, Glut. Du würdest feststellen, dass es nicht so schwer ist, mit mir zu leben.
Und du gehst auch zu hart mit dir selbst ins Gericht. Du hast dein Leben für andere riskiert, nicht für dich selbst. Du bist ein besserer Mensch als du denkst.«
» Bin ich das? Vielleicht. Aber ich bin weit von deinen Maßstäben entfernt, Thor. Und ich kann deinem Gott nicht dienen. Du bist zuallererst und stets ein Patriarch. Ich verstehe das jetzt. Du dienst den Menoden. Ich denke, dass die Menoden die richtigen Ziele verfolgen, aber aus den falschen Gründen und trotz deiner praktischen Ader oft auf unpraktische Weise. Du tust es für Gott, für ein Versprechen des Himmels. Du tust es durch Liebe, durch Vorleben, durch selbstlosen Dienst. Wie könntest du dich mit einer Frau zusammentun, die eher ein Schwert gegen ihre Feinde schwingt, als dass sie sie liebt? Ich diene mir selbst, Thor. Aber du – du bist an andere Werte gebunden. Du folgst dem Diktat des Rates der Patriarchen. Deshalb warst du überhaupt hier auf Gorthen-Nehrung, stimmt’s? Es war der Rat der Patriarchen, nicht der Festenlord von Bethanie, der dich geschickt hat, Lözgalt im Auge zu behalten. Und ich vermute, du solltest auch nach Alain Jentel suchen. Du gehst dorthin, wohin der Rat dich schickt. Deine Verantwortung ist die eines Laienbruders, deine Pflicht erfüllst du gegenüber dem Rat der Patriarchen, und dein Dienst gilt Gott. Und wenn ich die Zeichen richtig deute, ist dieser Rat fest entschlossen, sich den Wahrern entgegenzustellen und die Macht der Wahrer außerhalb ihres eigenen Inselreiches zu begrenzen.
Ich teile deine Auffassung nicht. Ich glaube nicht an deinen Gott. Und wenn ich mein Leben aufs Spiel setze,
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