Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
der Scheide. Niemand von den Männern warf auch nur einen einzigen Blick in ihre Richtung; sie alle starrten lediglich Flamme an. Nun, das überraschte mich nicht. Die meisten Männer würden so etwas tun.
Flamme lächelte; dass sie hier nicht begrüßt wurde, beeindruckte sie offensichtlich nicht. » Meine guten Männer«, sagte sie freundlich, » könntet Ihr mir wohl sagen, ob ich tatsächlich auf der Straße nach Lekenbraig bin?«
» Na, was haben wir denn da«, sagte der größte von ihnen mit einem Grinsen, dem eindeutig etwas Räuberisches anhaftete. Er roch wie ein Graslöwe, der sein Fressen gefunden hat. » Ein hübsches Mädchen ganz allein. Was haltet ihr davon, Jungs?«
» Lasst das Mädchen in Ruhe«, sagte eine Stimme von der Tür her. Es war eine Frau mittleren Alters, an deren Schürze sich mehrere Kinder klammerten. Ihre Forderung klang mehr wie ein Jammern als wie ein Befehl, und es achtete auch niemand auf sie.
» Sollen wir diese Schönheit nicht bitten, noch etwas zu bleiben?«, schlug einer der älteren Männer vor. Er streckte die Hand aus, um Flamme zu berühren, aber irgendwie schätzte er die Entfernung falsch ein, denn seine Hand bekam nur Luft zu packen.
Die anderen vermuteten, dass er Flamme ärgerte, aber ich erhaschte einen Lufthauch, in dem die Überraschung des Kerls schwang. Ich rührte mich unbehaglich. Die ganze Angelegenheit machte mich nervös. Glut neben mir blieb ruhig; die Spitze ihrer Klinge steckte im Boden zwischen ihren Füßen, und sie hatte die eine Hand am Griff, die andere noch immer an Sucher. Ich konnte weder von ihr noch von Flamme ein Gefühl wahrnehmen. Sie waren beide so ruhig wie ein Teich an einem windstillen Tag.
» Ich sag dir was«, verkündete der große Mann, » wir geben dir die Antwort, wenn du jedem von uns einen Kuss gibst.«
Einer der anderen brach in schallendes Gelächter aus. » Ich weiß, wo ich gern einen Kuss von ihr hätte«, sagte er und begleitete die Worte mit einer Geste für den Fall, dass sein Witz nicht verstanden wurde.
Ich machte einen Schritt nach vorn, aber Glut packte meinen Arm und zerrte mich zurück. Ich stolperte und kam hart auf dem Boden auf. Sämtliche Luft wurde mir dabei aus der Lunge getrieben. Die nächsten paar Sekunden gab ich fischähnliche schmatzende Geräusche von mir, und alles, was dann geschah, nahm ich nur durch einen Schleier von Tränen wahr.
Flamme trat dem Mann mit einer so lässigen Bewegung zwischen die Beine, dass er es eigentlich hätte kommen sehen müssen. Ich konnte nicht verstehen, wieso er nicht auswich. Er klappte vor Schmerz vornüber.
» Da?«, fragte sie höflich.
Die Frau scheuchte die Kinder zurück in die Hütte. Unverständlicherweise ignorierten sämtliche Männer Glut, Sucher und mich. Ich atmete keuchend; Glut hatte den Hund fest im Griff, der begierig darauf war, sich an dem Kampf zu beteiligen. Seine Zähne waren auf eine hässliche, gefährliche Art und Weise gebleckt – und doch sah nicht ein einziger dieser Männer auch nur flüchtig in unsere Richtung. Glut half mir auf die Füße. » Tut mir leid. Ich wollte Euch nicht niederstrecken«, flüsterte sie mir ins Ohr.
Die Männer starrten auf den verletzten Mann. Sie waren verblüfft, beinahe so als würden sie nicht verstehen, wie er auf den Boden gelangt war. Der Anführer, ein großer Kerl, achtete nicht auf seine Freunde, sondern versuchte, Flamme zu packen. Sie trat eilig zur Seite und kam zu uns herüber. Der süßliche Geruch war beinahe überwältigend.
Immer noch sahen die Männer nicht in unsere Richtung. Sie schienen nicht einmal zu bemerken, dass Flamme von ihnen weggegangen war. Der Anführer fuhr mit den Händen durch die Luft vor sich und zuckte dann entsetzt zurück. Einer der anderen schrie. Noch ein anderer, der etwas mutiger war, machte eine zaghafte Bewegung, um etwas anzufassen, das er offenbar vor sich sah. Als er es nicht zu packen bekam, schrie er: » Ein Geist! Passt auf, sie saugt euch die Seele aus dem Leib!« Ohne nachzudenken, rannten sie alle weg. Zwei verschwanden in den Hütten, die Übrigen rasten nach hinten.
» Gehen wir weiter, ja?«, fragte Glut ruhig.
» Nun«, sagte ich, als wir uns wieder auf den Weg gemacht hatten. » Was war das gerade eben?« Ich versuchte, gelassen zu wirken, aber die Wahrheit war, dass ich am ganzen Körper zitterte.
» Flamme hat eine Illusion von sich erschaffen, die real wirkte. Gleichzeitig hat sie sich und uns verschwommen gemacht. Wir waren nicht
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