Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
Fläche aus blendend weißem Sand und ein dunkles, totes Wasserloch nach dem anderen. Hin und wieder blitzte ein Schimmer von Teerpappen-Armut auf, wenn ein weiteres Dorf in Sicht kam, oder wir sahen den gelegentlichen Dulang-Wäscher knietief mit Sieben und Tellern im Wasser arbeiten, während seine Haut von der unbarmherzigen Sonne so verbrannt wurde, dass sie schwarz war, oder wir stießen auf den zerbrochenen Stamm eines Baumriesen, der kahle Überrest des einst so großen Waldes. Dieser Anblick raubte mir jede Freude; es waren Bilder, die meine Hochländerseele versengten.
Alles war gut, das meinen Geist von den Schrecken dieser Landschaft ablenken konnte. » Ja«, sagte ich. » Eine gute Idee.« Ich wischte mir über das Gesicht. Obwohl es kein windiger Tag war, waren wir alle mit einer dünnen Staubschicht bedeckt. Der Schweiß hinterließ Spuren auf unseren Gesichtern, wie Rillen, die einen Berg hinunterliefen.
Flamme erklärte die wesentlichen Grundzüge der Vogelsprache der Dunstigen. » Ihr müsst hinsehen, um sie zu verstehen«, sagte sie. » Es handelt sich zum größten Teil um eine Zeichensprache, die sowohl durch die Haltung und Bewegungen der Flügel und der Füße wie auch der Neigung des Kopfes und durch Geräusche übermittelt wird.«
Sie erklärte mir die Grundlagen, und der Vogel auf ihrer Schulter verhielt sich entsprechend und demonstrierte ihre Erklärungen. Zuerst kam es mir unheimlich vor. Es bereitete mir Unbehagen, als wären die Gesetze der natürlichen Welt irgendwie ausgehöhlt worden. Also hörte ich auf, mir Ruarth als einen Vogel vorzustellen, und dachte an ihn als etwas vollkommen anderes: einen Dunstigen, ein empfindungsfähiges Wesen, wie wir es waren, aber ein Wesen, das nicht so sprechen konnte wie wir. So war es einfacher. Am Ende dieses ersten Tages stellte ich fest, dass ich eine ganze Menge gewöhnlicher Phrasen verstand, Ausdrücke wie » ich weiß nicht«, » ja, natürlich«, » ich bin hungrig«, » hier nach links wenden«, » sieh nur das da«. Ich wusste jetzt, dass ein halb geöffneter Schnabel, der von einem zur Seite geneigten Kopf unterstrichen wurde, ein Grinsen sein musste; wenn er von einem schräggestellten Schwanz begleitet wurde, ein Lachen. Komplexere Unterhaltungen gingen mit Gesang einher: mit Trällern und Tonlage und Geschwindigkeit. Das war sehr viel schwieriger für jemanden, der immer geglaubt hatte, dass der eine Vogel genauso wie der andere klang.
In dieser Nacht schliefen wir auf dem Boden in der Nähe eines Teiches; am nächsten Morgen marschierten wir weiter nach Lekenbraig, setzten unseren Unterricht in der Vogelsprache der Dunstigen dabei weiter fort. Glut lernte ebenfalls noch, wie ich bemerkte, und der Unterricht entwickelte sich zu einer Art sanftem Wettbewerb zwischen uns: Ich versuchte aufzuholen, sie versuchte, mir vorauszubleiben. Es war unsere Art, unseren Streit fortzusetzen, ohne über das eigentliche Thema zu sprechen: ob ich ihnen helfen würde, die Welt von einem Dunkelmeister zu befreien oder nicht.
Wir erreichten Lekenbraig schließlich am späten Nachmittag, als ich gerade dabei war, die komplexen Bedeutungen von gestrecktem Schwanz und Adjektiven zu lernen. Unsere erste Erkundung in der Stadt, die Glut in der Illusion eines Mannes von Venn vornahm, galt dem Postschiff. Was sie erfuhr, verhieß nichts Gutes. Es sah so aus, als müssten wir mehr als eine Woche warten. Das Postschiff, das direkt zwischen den Inseln verkehrte – und es gab nur eines, da ein Wirbelsturm kürzlich die Masten des zweiten zerstört hatte –, befand sich nicht im Hafen. Das andere Postschiff, das zwischen Xolchaspack und Breth hin und her fuhr und hier einen Zwischenstopp einlegte, war für die nächsten zwei Touren bereits vollständig ausgebucht.
Wir mieteten uns in der Schenke am Ufer ein, von wo aus wir einen Blick auf einen der Kais hatten. Es war laut, es stank und war billig. Ich war keine zehn Minuten dort, als ich spürte, dass ich in eine Depression hinüberglitt, die so tief war wie die Nacht in einem Dunkelmondmonat. Ich wurde von Gestank überwältigt: dem von toten Fischen, Teer und Hanf, Walöl, menschlichen Exkrementen, abgestandenem Sperma auf meiner Pritsche, billigem Parfüm auf dem, was als Kopfkissen galt, gekochtem Kohl irgendwo in der Schenke, Hundepisse und Markierungspisse von Katern an jeder Straßenecke. Und menschliche Gefühle. Sie waren roh und unverhüllt: menschliche Wut und Verzweiflung, Begierde und Habgier;
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