Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
eine Schüssel mit Gold und Silberklumpen.
Ein paar Minuten später kehrte der Ghemf zurück– zumindest dachte ich, dass es der gleiche war–, aber er kam nicht allein. » Ruhe«, sagte er zu mir, » wir möchten alle Eure Geschichte hören. Macht es Euch etwas aus?«
Ich schüttelte den Kopf, hatte allerdings den Eindruck, als müsste ich noch weiter an meiner Aussprache arbeiten.
Er machte sich nicht die Mühe, die anderen vorzustellen, nicht einmal sich selbst. Er setzte sich zusammen mit einigen anderen von den Älteren an den Tisch. Die Übrigen, von denen einige noch Kinder waren, ließen sich einfach auf dem Boden nieder. Niemand sagte etwas, wenn auch ständig irgendwelche Bewegungen zu beobachten waren. Es war eine eigene Sprache: als Dunstiger erkannte ich das. Ich hatte schon lange begriffen, dass sich die Ghemfe mit ihren Körperbewegungen und Gesten und Berührungen unterhielten, die sie gegenüber ihrer gesprochenen Sprache– und erst recht unserer– bevorzugten.
Der erste Ghemf bedeutete mir, anzufangen. Und so erzählte ich ihnen alles, was uns passiert war– Glut, Flamme, Thor, Gilfeder, Dek und mir–, seit wir den Treibsee verlassen hatten. An der Art und Weise, wie sie zuhörten, wie sie manchmal nickten, manchmal Blicke wechselten, erriet ich, dass sie einen großen Teil davon bereits gehört hatten, vermutlich durch Geschichten, die ihre eigene Art verbreitet hatte.
Als ich geendet hatte, herrschte mindestens eine Minute lang Ruhe, auch wenn diese von einer Unzahl unauffälliger Gesten begleitet wurde, die so minimal waren, dass ich bezweifle, dass die meisten Menschen sie überhaupt bemerkt hätten. Schließlich sagte der erste Ghemf: » Wir werden Euch natürlich eine Bürgerschaftstätowierung geben. Ihr habt das Recht auf die Bürgerschaft von Cirkase, das ist wahr. Aber Ihr könntet auch eine von den Dunstigen haben; wir wären bereit, Euch auch eine solche zu geben.«
Ich sah auf meine Hände hinunter, ohne etwas zu sagen. Ich wusste, was ich mir wünschte, aber es kam mir so unbedeutend vor. Manche Dinge waren wichtiger als ein paar Zeichen an einem Ohr… Ich war ein Dunstiger, egal, was die Ohrtätowierung sagte.
» Wir pflegen eine Politik der Nichteinmischung in die Angelegenheiten der Menschen, wie Ihr wisst«, fügte er hinzu.
» Und doch habt Ihr im Treibsee meine Freunde gerettet.«
» Diejenigen von Aylsas Schale hatten eine Verpflichtung Glut gegenüber.«
» Ihr wisst, dass die Ausbreitung der Dunkelmagie für die Ghemfe vernichtend sein kann«, sagte ich. » Dunkelmagier machen sich nichts aus Ghemfen.«
Er blieb lange still. Und dann: » Was möchtet Ihr, das wir tun?«
» Sagt mir, wo Glut ist. Oder Thor Reyder. Oder Kelwyn Gilfeder. Schickt Glut eine Nachricht und teilt ihr mit, was hier passiert. Nichts weiter.«
Wieder blieb es längere Zeit still, und es wurde erneut gestikuliert. Ich spürte, dass eine erbitterte Diskussion stattfand, auch wenn ich nicht genau hätte sagen können, wieso ich diesen Eindruck hatte.
Dann schließlich kam die Antwort. » Das werden wir nicht tun. Wir wissen auch gar nicht, wo Eure Freunde sind. Aber wir werden Aylsas Schale benachrichtigen.«
Wohinter sich die unausgesprochene Aussage verbarg, dass Aylsas Schale die Nachricht würde überbringen müssen. Ich lächelte im Stillen etwas säuerlich. Offenbar wussten nicht nur die Menschen, wie man heiße Kohle weiterreicht. » Danke«, sagte ich.
» Und die Tätowierung?«
Ich holte tief Luft. Die Worte kamen mir erstaunlich schwer über die Lippen, als würde ich einen Teil meines eigenen Selbsts zurückweisen. » Von Cirkase.«
Drei Tage später stand ich im Palast in meinem Zimmer und fingerte geistesabwesend an dem Zeichen in meinem Ohrläppchen herum– ein Aquamarin in einem auf die Haut tätowierten Auge–, während ich auf den Höllenbottich und die Hafenanlagen hinuntersah. Einige Schiffe hatten abgelegt und waren, da die Nacht hereinbrach, ein Stück weiter draußen in der Bucht vor Anker gegangen. Da man zur Feier der Hochzeit des Basteiherrn Bierfässer und billigen Schnaps an die Bewohner der unteren Ebenen verteilt hatte, waren drei Viertel der Bevölkerung von Breth heftig betrunken. Kluge Leute gingen einfach in ihre Häuser und verschlossen die Türen. Die Schiffskapitäne kamen zu dem Schluss, dass ihre Schiffe sicherer waren, wenn sie in der Bucht vor Anker lagen. Auf einem der Kais wütete bereits ein Feuer, und ich konnte die Menschen erkennen,
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