Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
die sich vor den Flammen abzeichneten, während sie Eimer mit Meerwasser zum Löschen weiterreichten.
Im Palast sah es nicht besser aus. Viele der geladenen Gäste– die Elite von Breth, die auf den höheren Ebenen zu Hause war– hatten sich zurückgezogen, als das wüste Gelage des Tages in nächtliche Ausschweifungen ausgeartet war. Es schien, als hätten die vertrauten Kumpane des Basteiherrn die Festlichkeiten um ihre eigenen Exzesse herum organisiert, und nach allem, was ich mitbekam, konnte der Basteiherr unmöglich noch in der Lage sein, in dieser Nacht mit seiner frisch vermählten Frau zu schlafen. Was er gegessen und getrunken hatte, hätte für zwölf Männer gereicht, und irgendwann am Nachmittag hatte ich mich sogar gefragt, ob er diese ganze Sache überhaupt überleben würde.
Ich musste akzeptieren, dass dies der Tag war, an dem Lyssal genau jenen Mann heiratete, den sie einst so sehr verachtet hatte, dass sie auf ihren Rang und ihr Recht als Thronerbin von Cirkase verzichtet hatte, nur um ihm zu entkommen. Früher einmal hatte sie auch mich geliebt… Vielleicht tat sie das tief in ihrem Innern sogar immer noch, aber jetzt blieb mir nur, zuzusehen. Meine Einsamkeit verdüsterte jeden wachen Moment. Und ich hatte niemanden, mit dem ich darüber hätte sprechen können, absolut niemanden.
Der schlimmste Augenblick war vielleicht der zu Beginn des Banketts gewesen. Rolass Trigaan, der zu diesem Zeitpunkt noch nüchtern war, hatte sich erhoben, um einen Toast auf seine Braut auszusprechen, und dabei allen mitgeteilt, dass sie schwanger war. » Es stimmt, meine Freunde«, sagte er mit so viel Getöse, dass alle anderen Gespräche ausgelöscht wurden, » Euer königlicher Herr hat sich, als er am Hof von Cirkase war, ein bisschen wie ein Hund verhalten. Er ist dieser Eheschließung zuvorgekommen und hat mit dem hübschen Burgfräulein in deren eigenem Heim geschlafen, noch bevor die Verbindung perfekt wurde… Und nun hat diese süße Jungfrau, die keine Jungfrau mehr ist, mich aufgesucht, um zu berichtigen, was unterlassen worden war. Das also wurde heute hier vollbracht. Meine Damen und Herren, einen Toast auf den nächsten Erben von Breth!«
Ich konnte nur staunen. Es war absolut unmöglich, dass Trigaan in Cirkase mit Flamme geschlafen hatte. Selbst wenn sie es gewollt hätte, was sie ziemlich sicher nicht getan hatte, hätte er ihr niemals so nahe kommen können. Nicht am Hof von Cirkase, wo die Frauen des Königshauses abgeschieden lebten. Aber obwohl es nie geschehen war, schien er fest davon überzeugt zu sein. Nach seiner Rede strahlte er Lyssal mit einem durchtriebenen Blick an, und ganze Schwaden von Dunkelmagie strömten dabei aus ihm heraus. Irgendwie hatte sie die Möglichkeiten der Dunkelmagie benutzt, um ihm eine falsche Erinnerung zu geben. Er glaubte, was er sagte. Er glaubte, dass das Kind, das sie trug, seines war.
In diesem Moment verspürte ich blankes Entsetzen. Lyssal bewies, dass sie in der Lage war, die Dunkelmagie auf eine subtile Weise zu benutzen, die Morthred nie in den Sinn gekommen wäre. Statt Menschen in wandelnde Marionetten ohne jede Eigeninitiative zu verwandeln, konnte sie deren Verstand mit Erinnerungen bestücken, die nicht die ihren waren, und dadurch gleichzeitig ihre Ganzheit bewahren und sie an sich binden.
Die Raffinesse, Trigaan davon zu überzeugen, dass er das Burgfräulein schon in Cirkase geschwängert hatte, war beeindruckend. Auf diese Weise musste niemand dazu gebracht werden zu glauben, dass kaum drei Monate nach der Empfängnis in der Hochzeitsnacht ein Erbe auf die Welt kam, sondern lediglich, dass ihr Herrscher vor Leidenschaft ein bisschen voreilig gewesen war. Dass die Empfängnis unehelich erfolgt war, würde keine Rolle spielen; was zählte, war, dass der Basteiherr das Kind öffentlich als seines anerkannt hatte und dass es erst nach der Hochzeit geboren werden würde. Wenn es ein bisschen spät kam… nun, nur wenige würden sich noch daran erinnern, wann genau der Basteiherr in Cirkase gewesen war, und noch weniger– wenn überhaupt irgendjemand– würde sich die Mühe machen, nachzurechnen.
Oh, Flamme, dachte ich. Manchmal bist du… nein, nicht du. Manchmal ist dieses Dunkelmagie-Wesen, das du geworden bist, einfach zu schlau.
Ich stand die ganze Nacht da und schaute zum Bottich hinunter, während ich mich fragte, was Flamme tat. Was sie dachte. Wie sie litt. Mein Kummer zerriss mich beinahe.
In den Tagen bis zur Hochzeit hatte
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