Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
gegen die Flut anpaddelte, um zurück nach Tenkor zu gelangen, weshalb wir so etwas nicht oft taten. Und wenn doch, dann… nun, auf einem Wellengleiter konnte man die Welle nur zu leicht verlieren. Wenn man nur einen Augenblick in der Aufmerksamkeit nachließ oder die Gewichtsverlagerung falsch einschätzte oder die Welle völlig überraschend irgendetwas nach oben beförderte, dann wurde der Reiter von der Kreatur verschluckt, auf der er gerade ritt. Panik war die Folge, wenn die Welt auf dem Kopf stand, und dann wurde der Reiter normalerweise als unwürdig ausgespuckt. Die Welle aber war weg.
Diesmal musste ich allerdings niemandem etwas beweisen. Ich musste nicht die ganze Zeit stehen, sondern konnte auf dem Bauch liegen oder knien, sofern die Umstände es zuließen. Niemand war da, der mich einen Trottel hätte nennen können. Und ich konnte die Silbmagie einsetzen, was ein entscheidender Unterschied war. Illusionen hätten natürlich nichts verändert, aber die Schutzzauber waren echt. Ich hatte viel darüber nachgedacht und war schließlich auf eine Möglichkeit gestoßen, wie ich das Wasser vor dem Gleiter mit einem Netz aus Schutzzaubern durchkämmen konnte, so dass ich in der Lage war, irgendwelches Treibholz beiseitezuschieben. Noch besser war, dass ich einen Schutzzauber ins Wasser halten und wie einen Streicher benutzen konnte, um den Wellengleiter in eine bessere Position zu bringen, wann immer ich im Begriff war, das Gleichgewicht zu verlieren und abgeworfen zu werden. All das musste im Bruchteil eines Herzschlags passieren, aber es war möglich.
Die zweite Stunde war unangenehm. Meine Muskeln schmerzten. Die Anstrengung, immerzu aufmerksam sein zu müssen, begann an mir zu zehren. Und ich hatte noch nicht einmal die Hälfte des Weges hinter mir. Als der Kanal an einer Stelle namens Benderbie schmaler wurde und die Welle entsprechend höher und schneller, war ich darüber sehr froh, weil mich dies auch näher zum Langboot brachte. Sie konnten mich immer noch nicht sehen– das Licht war nach vorn gerichtet und nicht zur Seite–, daher schwang ich den Wellengleiter näher an sie heran, bis ich direkt neben ihnen auf der Welle ritt. Einer der Ruderer sah mich als Erster und ließ vor Überraschung fast sein Ruder los.
» Bei Gott, hast du den Verstand verloren?«, brüllte Lamas, als er sah, was die Aufmerksamkeit der anderen erregt hatte. » Elarn, das schaffst du nie!«
» Ich habe es bis hierher geschafft«, rief ich zurück. Aber die Reise machte mir allmählich zu schaffen. Mein Rücken tat weh, meine Arme und Schultern schmerzten, und meine Füße waren eiskalt. Ich fürchtete, dass sie schon bald zu taub sein würden, um die Feinheiten der Bewegungen des Gleiters noch wahrnehmen zu können.
Am Ende hatte ich es meinen Gildenkameraden im Langboot zu verdanken, dass ich es schaffte. Sie mochten allesamt Menoden sein, aber ich war ein Gildenmann, und das zählte für sie mehr als die Tatsache, dass ich vielleicht gegen einen religiösen Grundsatz verstoßen hatte, weil ich ein Silbe war. Die Vorstellung, dass ein Mitglied der Gilde in der Lage sein könnte, mit einem Wellengleiter den ganzen Weg zur Nabe auf einer Muräne zurückzulegen– noch dazu bei Nacht–, beflügelte ihre Phantasie, und ihr anfängliches Entsetzen verwandelte sich in Ermutigung. Ohne meine Leute hätte ich es nie geschafft.
Sie sprachen in den nächsten drei Stunden ununterbrochen mit mir, machten mir Mut, als die Krämpfe kamen, gaben mir Ratschläge, warnten mich vor bevorstehenden Veränderungen der Welle, als meine Konzentration nachließ, und erzählten mir Witze, als ich am liebsten aufgegeben hätte. Und als wir schließlich zusammen von der Hauptwelle ins Becken der Nabe glitten, brachen sie in wilden Jubel aus, der laut genug war, um die Leute, die am Ufer wohnten, aus dem Schlaf zu reißen.
Ich glaube, man spricht in Tenkor sogar jetzt noch über diesen Ritt. Er ist nie erfolgreich wiederholt worden, vermutlich, weil es nie wieder einen Gezeitenreiter gegeben hat, der auch Silbmagier war. Allerdings wird heutzutage nicht mehr erwähnt, dass meine Krämpfe so schlimm waren, dass man mich vom Gleiter heben und zur Gildenhalle tragen musste.
Ich schlief in dieser Nacht in der Gildenhalle, verließ sie aber am nächsten Tag. Der Gildner machte nur zu deutlich, dass ich auf dem Gelände der Gilde nicht mehr willkommen war, auch wenn ich immer noch ein Mitglied war. Aber ich war jetzt ein Held und nicht mehr der
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