Die Invasion - 5
in mancherlei Hinsicht noch schlechter. Wenn also sie diejenigen wären, die den Rückzug antreten müssten ...
»Ich denke, Sie haben Recht, Alyk«, hörte er sich selbst sagen. »Und wenn der Feind schon so freundlich ist, uns entgegenzukommen, vor allem ohne den Schutz einer angemessenen Artillerie, sollten wir ins Auge fassen, ungefähr hier mit ihnen zusammenzutreffen.«
Mit der Fingerspitze berührte er ein Symbol auf der Karte, dann beugte er sich etwas weiter vor, um den Namen zu entziffern.
»Haryl's Crossing«, las er laut vor.
»Ach?« Doyal erhob sich aus seinem Sessel, beugte sich ebenfalls vor und betrachtete nun seinerseits die Karte.
Das Dorf, für das sich Gahrvai entschieden hatte, war nicht sonderlich groß. Selbst wenn man die abgelegeneren Weiler mitzählte, lebten dort wahrscheinlich nicht mehr als viertausend Seelen. Viele der Einwohner hatten sowieso drängende Gründe gefunden, irgendeinen anderen Ort aufzusuchen, als die Armeen erst einmal in ihre Richtung marschiert waren. Haryl's Crossing lag unmittelbar am Talbor River, der von der Kuppe des Berges gleichen Namens herabströmte. Die Königliche Landstraße führte dort über eine Steinbrücke. Einige Sekunden lang betrachtete der Artillerist konzentriert das Gelände östlich des Flusses und nickte dann.
»Für mich sieht das ganz vernünftig aus«, stimmte er zu. »Aber das hier könnte zum Problem werden, sollte nicht alles ganz reibungslos laufen.«
Er deutete auf die steinerne Brücke.
»Das hier unten sieht mir nach einer ziemlich großen Holzbrücke aus - das im Süden, bei der Haryl-Priorei«, gab Gahrvai zurück und deutete mit dem Finger auf ein weiteres Kartensymbol, das für ein Kloster beachtlicher Größe stand. Es lang südlich von Haryl's Crossing auf der westlichen Seite des Flusses. Dort begannen schon die Ausläufer der Dark Hill Mountains. »Auch im Norden der Priorei gibt es Furten - zumindest besagt diese Karte das.«
»Lassen Sie mich einmal sehen!«, bat Windshare. Er beugte sich über die Karte, schürzte die Lippen und blickte dann wieder zu Gahrvai auf.
»Ich habe doch irgendwo einen Bericht über diese Holzbrücke ...«, setzte er an. »Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist die in nicht sonderlich gutem Zustand. Die Infanterie könnte die wahrscheinlich nutzen. Aber nur ein Wahnsinniger würde versuchen, dort seine Kavallerie oder Artillerie hinüberzuführen. Andererseits glaube ich mich zu erinnern, dass meine Kundschafter berichtet haben, der Fluss sei dort nicht allzu tief - da, wo diese Karte hier Furten zeigt. Ich weiß, dass wir mit der Kavallerie auch ohne die Brücke das andere Ufer erreichen können, auch wenn ich für die Artillerie nichts versprechen möchte, ohne das vorher noch einmal überprüft zu haben. Und wir wollen ganz bestimmt nicht, dass Charlz' Artillerie diese Brücke da nutzt!«
»Sind von Sir Farahks Milizionären einige mit dem Gelände genug vertraut, um uns weitere Informationen zu geben?«, erkundigte sich Doyal.
»Das kann ich überprüfen«, erwiderte Windshare. »Aber es würde mich nicht im Mindesten überraschen. Bislang waren die wirklich bemerkenswert hilfreich.«
Der Graf klang beinahe belustigt, als empfinde er es immer noch als sonderbar, dass die Männer unter dem Kommando Baron Dairwyns tatsächlich zu etwas zu gebrauchen sein sollten. Gahrvai fragte sich, ob das wohl auch daran lag, wie ... unsoldatisch die Miliz des Barons an sich war. Es war offenkundig, dass sie sich aus Zivilisten rekrutierte, die die Absicht hatten, so schnell wie möglich wieder in ihr ziviles Leben zurückzukehren - und es war ihnen völlig egal, ob andere das wussten oder nicht. Und mindestens ebenso offenkundig war, dass einige von ihnen, ganz wie die Einwohner von Haryl's Crossing, es vorgezogen hätten, sich jetzt an einem anderen Ort aufzuhalten. Eigentlich sogar an jedem beliebigen anderen Ort. Doch sie schienen ihrem Baron in einer Art und Weise treu ergeben zu sein, die nur selten zu finden war. Ihre Hilfsbereitschaft nicht nur als Führer, sondern auch als Vermittler zwischen der Armee und den ortsansässigen Farmern war unschätzbar wertvoll gewesen. Kein Farmer wollte miterleben müssen, dass eine Armee - ganz egal, welche Armee - durch seine Felder stapfte. Unzufriedene Einheimische konnten alle möglichen Probleme schaffen, wenn sie es darauf anlegten. Bislang zumindest hatte die Fähigkeit von Dairwyns Männern dafür gesorgt, dass Gahrvais Armee rundweg
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