Die irische Heilerin
versuchte sich so zu benehmen, als wenn nichts Besonderes geschehen sei, aber Connors selbstgefälliger Gesichtsausdruck zeigte allen sehr deutlich, was sie getan hatten.
Nach einem weiteren Tag im Sattel erreichten sie Flann Ó Banníons Festung. Hohe hölzerne Türme ragten über einen riesigen rath. Wenn auch nicht so groß wie Laochre, waren bei der Festung doch einige der normannischen Bautechniken übernommen worden. Der äußere Wall war über zwölf Fuß hoch, und Eileen reckte den Hals, um den Rest der Siedlung sehen zu können.
Schroff und abweisend ähnelte die Feste ihrem Besitzer. Flann Ó Banníon war nicht dafür bekannt, gegenüber seinen Feinden Gnade walten zu lassen. Ein schreckliches Gefühl der Vorahnung ergriff sie.
Connor brachte sein Pferd zum Stehen. „Du kannst nicht mit hineinkommen“, sagte er zu Eileen. „Trahern wird mich begleiten.“ An Patrick, Ewan und Bevan gewandt, fügte er hinzu: „Das gilt für euch alle.“
Patrick lachte nur. „Denkst du wirklich, wir werden dich allein gehen lassen?“
„Er hat mich schon einmal betrogen“, sagte Connor leise. „Ich traue es ihm durchaus zu, denen zu schaden, die mir am nächsten stehen.“ Sein Blick traf Eileen, und ihr wurde warm.
„In einigen Tagen werde ich wieder zu Hause sein“, versprach er und zog Eileen in seine Arme. Sie legte ihre Wange an seine Brust und atmete seinen frischen männlichen Geruch ein. Er streichelte über ihr Haar.
„Ich will bei dir sein“, flüsterte sie.
„Warte auf mich“, drängte er sie. „Bleib bei meinen Brüdern.“
Sie trat einen Schritt zurück und versuchte, seinen Anblick noch einmal in sich aufzusaugen. Am Morgen würde der Kampf beginnen. Und sie würde ihn vielleicht für immer verlieren.
Angst schnürte ihr die Luft ab. Niemals könnte sie zurückbleiben, nicht wenn es um sein Leben ging. Aber sie täuschte dennoch Zustimmung vor. Sein Mund küsste ein letztes Mal den ihren.
Nachdem er sich auch von seinen Brüdern verabschiedet hatte, sah Eileen zu, wie er und Trahern sich auf ihren einsamen Weg zur Festung machten. Sie wandte sich an Patrick. „Ich kann nicht hierbleiben. Ich kann nicht einfach abwarten, während er sich dort drinnen seinem Feind stellt.“
Patrick brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Wir werden alle für ihn da sein. Wir MacEgans stehen in Zeiten der Not zusammen.“
„Wie?“
„Es gibt Möglichkeiten. Überlasst das mir.“ Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich sanfter. „Er liebt Euch.“
Sie schüttelte den Kopf. „Wenn er es tun würde, würde er diesen Kampf aufgeben.“
„Connor mag man vieles nachsagen, aber er ist kein Feigling.“
„Habt Ihr mir die Wahrheit gesagt, als Ihr erklärtet, dass er gewinnen könnte?“
Patricks Augen wurden dunkel, und sie konnte seine Zweifel erkennen. „Ein Mann vermag Wunder zu vollbringen, wenn er etwas hat, für das es sich zu kämpfen lohnt“, antwortete er ihr ausweichend.
Oder jemanden, dachte Eileen. Eine plötzliche Eingebung kam über sie, und sie wandte sich an Bevan. „Ich muss Euch um einen Gefallen bitten. Könnt Ihr mir helfen?“
Als er ihren Vorschlag hörte, runzelte Bevan die Stirn. „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“
„Vertraut mir“, beharrte Eileen.
Bevan warf einen stummen Blick zu Patrick hinüber, der daraufhin nickte. „Tu es.“
Innerhalb weniger Augenblicke war Bevan auf sein Pferd gestiegen und ritt in schnellem Tempo zurück in Richtung Laochre. Als er verschwunden war, fragte Eileen: „Gibt es nichts anderes, was wir noch tun können?“
Patrick umfasste sanft ihre Schulter. „Beten.“
Flann Ó Banníon reichte Connor einen Pokal mit Met. Connor nahm ihn an, seine Augen auf den Mann gerichtet, den er töten wollte.
„Die Umstände haben sich geändert, seit du dich uns das letzte Mal zu einer Mahlzeit angeschlossen hast“, begann Flann. Eine Spur von Ironie lag in seinen Augen. „Ich freue mich auf den Kampf morgen.“
„Genau wie ich.“
Das Essen schmeckte ihm nicht, die einst vertraute Atmosphäre schien ihn zu verhöhnen. Früher hatte er diese Große Halle als sein Zuhause angesehen. Sogar die Soldaten waren ihm wie Brüder erschienen. Seit seiner Ankunft hatte ihn bis auf Niall niemand begrüßt. Ihr Schweigen zeigte ihm, dass sie ihn verdammten, denn ihre Loyalität galt offensichtlich Ó Banníon allein.
Auch wenn er neben ihnen sein Blut vergossen, mit ihnen gegen die normannischen Armeen gekämpft hatte
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