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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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ein bißchen die Schamesröte ins Gesicht trieb. Denn er wußte, daß er dieses Lob nun wirklich nicht verdient hatte. Seine Vorgänger hatten zumindest nicht nachts die Tür offengelassen und damit Einbrechern den Weg geebnet. Doch jetzt nutzten Gewissensbisse auch nichts mehr. Was geschehen war, war geschehen. Er konnte nur darauf warten, was als nächstes kam.
    Nun, als nächstes kam eines Tages Robin vorbei, kaufte eine Schachtel Zigaretten und überreichte ihm einen Umschlag. Da sein Vater ebenfalls im Laden war, nahm Lou ihn wortlos entgegen und öffnete das Kuvert erst, als er allein war. Es steckten zehn Zehn-Pfund-Noten darin. Hundert Pfund dafür, daß er vier Nächte lang den Riegel ein bißchen zurückgeschoben hatte! Man zeigte sich erkenntlich, so wie Robin es ihm versprochen hatte.
     
    Lou fragte Robin nie, ob er etwas für ihn zu tun hätte. Er ging seiner eigenen Arbeit nach und nahm mal diesen, mal jenen Job an. Doch er war sich sicher, daß man an ihn denken würde, wenn man mal jemanden brauchte. Und er hoffte immer, dem bulligen Mann zufällig über den Weg zu laufen. Aber zumindest beim Arbeitsamt sah er Robin nie wieder.
    Allerdings war er ziemlich sicher, daß der Einbruch im Supermarkt auf Robins Konto ging. An einem Tag mit langer Öffnungszeit war kurz nach Geschäftsschluß beinahe der gesamte Alkoholvorrat in einen Lieferwagen verladen und weggeschafft worden. Die Wachleute konnten es nicht fassen. Und nichts deutete auf die Mittäterschaft eines Supermarkt-Angestellten hin.
    Wie Robin das wohl angestellt hatte? überlegte Lou. Und wo hortete er das Diebesgut? Er mußte irgendwo ein Lager haben. Seit dem Einbruch in dem Laden seiner Eltern hatte Robin Karriere gemacht. Damals war Lou erst fünfzehn gewesen. Doch jetzt war er beinahe neunzehn. Und er hatte in der ganzen Zeit nur einen einzigen Job für den großen Robin erledigt.
     
    Unerwartet begegnete Lou ihm eines Abends in der Disco, einem lauten Schuppen, in dem er kein einziges Mädchen entdeckt hatte, das ihm gefiel. Um die Wahrheit zu sagen,
er
hatte bei keiner landen können. Was ihm einfach nicht in den Kopf wollte, denn er war aufmerksam, charmant und spendierte ihnen etwas zu trinken. Mit dem Ergebnis, daß sie anschließend mit üblen Burschen abzogen, die finster die Stirn runzelten. Während er diesen Gedanken nachhing, sah er Robin, der mit einem bildhübschen Mädchen tanzte. Je mehr sie ihn anlächelte und mit ihm flirtete, desto düsterer und verschlossener, ja drohender gab sich Robin. Vielleicht war das ja der Trick? An der Theke übte Lou, die Stirn zu runzeln, er begutachtete sich dabei gerade im Spiegel, als Robin von hinten auf ihn zutrat.
    »Alles okay, Lou?«
    »Schön, dich zu sehen, Robin.«
    »Du gefällst mir, Lou. Kannst abwarten.«
    »Drängeln hilft nichts. Immer mit der Ruhe, ist mein Motto.«
    »Hab gehört, daß es neulich bei deinen Eltern im Laden ’n bißchen Ärger gab.«
    Wie hatte Robin davon erfahren? »Stimmt, mit ’n paar rotznäsigen Typen.«
    »Na, die haben ihre Strafe schon gekriegt. Man hat ihnen so den Hintern versohlt, daß sie sich bestimmt nicht mehr bei euch blicken lassen. Außerdem haben unsere Freunde und Helfer einen kleinen Tip gekriegt, wo die Ware ist. Morgen sollte die Angelegenheit eigentlich wieder bereinigt sein.«
    »Danke, Robin. Prima.«
    »Keine Ursache. War mir ein Vergnügen.« Lou wartete.
    »Arbeit?«
    »Nichts Festes. Kann jederzeit kündigen.«
    »Ganz schön was los hier, nicht?« Robin nickte hinüber zur Kasse an der Bar, wo Zehn- und Zwanzig-Pfund-Noten in rascher Folge den Besitzer wechselten. Die Tageseinnahmen ergaben bestimmt ein rundes Sümmchen.
    »Mmh. Wahrscheinlich haben sie zwei Bodybuilder und ’nen Schäferhund, damit das Geld heil zur Bank kommt.«
    »Nun, zufällig nicht«, erwiderte Robin. Und wieder wartete Lou. »Draußen steht ’n kleiner Bus, mit dem sie gegen drei Uhr früh die Angestellten heimfahren. Zuletzt steigt der Geschäftsführer aus, mit ’ner Sporttasche. Sieht aus, als hätte er da Klamotten drin, stimmt aber nicht.«
    »Und er bringt die Kohle nicht zu ’nem Safe?«
    »Nee. Er nimmt das Geld mit nach Hause. Später kommt dann wer, um es abzuholen und einzuschließen.«
    »Bißchen umständlich, was?«
    »Na ja, ist ’ne verrufene Gegend hier.« Mißbilligend schüttelte Robin den Kopf. »Keiner reißt sich darum, hier mit ’nem Geld- transporter herumzukutschieren. Zu gefährlich.« Robin runzelte die Stirn, als

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