Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
Vom Netzwerk:
seines Lebens verbringen wollte. Sie hieß Suzi und war eine hochgewachsene, atemberaubende Rothaarige. Sie sei zum erstenmal hier, erzählte sie ihm. Zu Hause in ihrer Wohnung falle ihr einfach die Decke auf den Kopf, deshalb habe sie sich entschlossen, auszugehen und zu schauen, was der Abend so bot.
    Der Abend bescherte ihr Lou auf dem Silbertablett. Sie tanzten und plauderten miteinander. Es gefiel ihr, daß er nur Mineralwasser trank. Denn so viele Burschen hätten eine Bierfahne. Und er räumte ein, daß er durchaus ab und an ein Bier trinke, wenn auch in Maßen.
    Suzi arbeitete in einem Café in Temple Bar. Und sie stellten fest, daß sie die gleichen Filme mochten, dieselbe Musik hörten, daß sie für indische Küche schwärmten, beide keine Scheu hatten, im Sommer im kalten Meer zu schwimmen, und daß sie beide eines Tages nach Amerika auswandern wollten. In viereinhalb Stunden kann man viel von einem anderen Menschen erfahren, wenn man nüchtern ist. Und alles, was Lou von Suzi erfuhr, gefiel ihm. Unter normalen Umständen hätte er sie nach Hause gefahren.
    Aber heute nacht herrschten keine normalen Umstände. Und daß er überhaupt ein Auto hatte, lag eben an diesen außergewöhnlichen Umständen.
    »Ich würde Sie ja gerne nach Hause bringen, aber ich muß hier noch auf ’nen Typen warten.« Durfte er das sagen, oder machte er sich damit verdächtig, später beim Verhör? Denn verhört würde er mit Sicherheit. Oder sollte er sie zu Fuß nach Hause begleiten und dann wieder herkommen? Das wäre eine Möglichkeit gewesen, aber Robin wollte, daß er den ganzen Abend gut sichtbar auf der Bildfläche blieb.
    »Ich würde Sie sehr gern wiedersehen, Suzi«, sagte er.
    »Ich Sie auch.«
    »Vielleicht morgen abend? Hier oder lieber irgendwo anders, wo es ruhiger ist?«
    »Heißt das etwa, daß der heutige Abend schon vorbei ist?« fragte Suzi.
    »Für mich schon. Aber morgen abend können wir durchmachen, wenn Sie möchten.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich bin doch erst zwanzig. Wie soll ich da schon verheiratet sein?«
    »Na ja, manche sind es.«
    »Nun, ich jedenfalls nicht. Sehen wir uns also morgen abend?«
    »Wohin gehen Sie denn jetzt?«
    »Auf die Herrentoilette.«
    »Sie haben doch nichts mit Drogen zu tun, Lou?«
    »Himmel, nein. Aber was wird das, ein Kreuzverhör?«
    »Nur, weil Sie schon den ganzen Abend unentwegt aufs Klo rennen.« Das stimmte. Er hatte immer wieder den Raum durchquert, um gesehen zu werden, damit man sich später gut an ihn erinnerte.
    »Nein, mit Drogen habe ich nichts am Hut. Hören Sie, schöne Frau, wir machen uns morgen einen ganz tollen Abend. Ich führe Sie aus, wohin Sie wollen. Das ist mein Ernst.«
    »Mmh.«
    »Nicht mmh. Ich mein das wirklich so.«
    »Gute Nacht, Lou«, sagte sie verletzt und enttäuscht, nahm ihre Jacke und ging hinaus in die Nacht.
    Wie gern wäre er ihr nachgerannt. Warum mußte das ausgerechnet heute abend passieren? Die Welt war schon verdammt ungerecht.
     
    Die Minuten zogen sich endlos dahin, bis es endlich Zeit war für den Coup. Schließlich verließ Lou als letzter die Disco und ging zu seinem Wagen, wo er wartete, bis die Leute in dem Kleinbus saßen und die Scheinwerfer aufflammten. Genau in diesem Augenblick setzte er zurück und versperrte ihnen den Weg. Dann gab er immer wieder Gas und ließ den Motor damit so gründlich absaufen, daß ihn bestimmt keiner mehr flott bekam.
    Die Sache klappte wie am Schnürchen. Lou bekam nichts davon mit, denn er tat die ganze Zeit so, als versuche er verzweifelt, sein Auto zu starten. Und als er schließlich merkte, daß schattenhafte Gestalten über eine Mauer kletterten und dahinter verschwanden, war er die Verblüffung selbst. Da rannte schon der völlig aufgelöste Geschäftsführer mit hochrotem Kopf auf ihn zu und schrie um Hilfe und nach der Polizei.
    Derweil saß Lou hilflos in seinem Wagen. »Ich kann hier nicht weg. Ich habe alles versucht.«
    »Der steckt doch mit denen unter einer Decke«, schrie jemand aus dem Bus, und Lou wurde von starken Armen gepackt, Rausschmeißer und Barkeeper hielten ihn wie in einem Schraubstock, bis sie erkannten, um wen es sich handelte.
    »He, das ist doch Lou Lynch«, meinte einer, und sie ließen ihn los.
    »Was soll denn das? Zuerst springt mein Wagen nicht an, und dann stürzt ihr euch alle auf mich. Was ist denn passiert?«
    »Man hat die Einnahmen geklaut, das ist passiert!« Dem Geschäftsführer war klar, daß er sich einen

Weitere Kostenlose Bücher