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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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nachdenken.«
    »Laß dir aber nicht zu lange Zeit. Wir müssen dieses imaginäre Preisausschreiben ja auch noch organisieren.«
    »Und sollen wir es Ken sagen?«
    »Ich finde nicht«, antwortete Paul. »Was meinst du?«
    »Meiner Meinung nach müssen Leute nicht alles wissen«, sagte Kathy. Es war eine Redensart, die Harriet oft gebrauchte.

[home]
    Lou
    A ls Lou fünfzehn war, drangen drei mit Prügeln bewaffnete Männer in den Laden seiner Eltern ein und wollten sämtliche Zigaretten sowie den Kasseninhalt mitgehen lassen. Während die Familie ängstlich hinter der Theke kauerte, hörte man eine Polizeisirene näher kommen.
    Blitzschnell flüsterte Lou dem kräftigsten der Männer zu: »Hinten raus, und über die Mauer.«
    »Was ist für dich dabei drin?« zischte der Bursche.
    »Nehmt die Glimmstengel, aber laßt die Kohle hier. Los, haut ab.«
    Und genau das taten sie.
    Die Polizisten waren außer sich. »Woher wußten die Kerle, daß es eine Fluchtmöglichkeit gibt?«
    »Sie kannten sich wohl aus in der Gegend«, meinte Lou achselzuckend.
    Auch Lous Vater war wütend. »Du hast sie entwischen lassen, verdammter Idiot. Die Polizei hätte sie in den Knast gesteckt, wenn du nicht gewesen wärst.«
    »Komm zurück auf den Boden, Mann.« Lou sprach schon seit einiger Zeit selbst wie ein Gangster. »Wozu das Ganze? Die Gefängnisse sind voll, man hätte sie auf Bewährung laufenlassen, sie wären zurückgekommen und hätten uns den Laden aufgemischt. So aber sind sie uns was schuldig. Es ist dasselbe wie Schutzgeld zahlen.«
    »Das ist ja wie im Dschungel«, gab sein Vater zurück. Aber Lou war felsenfest davon überzeugt, daß er das Richtige getan hatte, und insgeheim pflichtete ihm seine Mutter bei.
    »Bloß keinen Ärger zu Hause«, lautete seit jeher ihr Wahlspruch. Und daß man Ärger bekam, wenn man mit Prügeln bewaffnete Diebe der Polizei übergab, war ihrer Überzeugung nach so sicher wie das Amen in der Kirche.
    Sechs Wochen später erschien ein stämmiger Mann in dem Laden und wollte Zigaretten kaufen. Er war ungefähr dreißig, und sein Schädel war beinahe kahlrasiert. Da die Schule schon aus war, bediente ihn Lou.
    »Wie heißt du?« fragte der Mann.
    Lou erkannte die Stimme. Es war der Mann, der ihn gefragt hatte, was denn für ihn drin sei, wenn er sie laufenließ. »Lou«, antwortete er knapp.
    »Erkennst du mich, Lou?«
    Lou sah ihm geradewegs in die Augen. »Nein, hab Sie noch nie gesehen«, erwiderte er.
    »Braver Junge. Du hörst noch von uns, Lou.« Und der Kerl, der vor sechs Wochen mehr als fünfzig Schachteln Zigaretten eingesteckt hatte, während er drohend einen Knüppel schwang, zahlte diesmal anstandslos. Nicht lange danach kam der bullige Mann wieder und gab ihm eine Plastiktüte. »Eine Lammkeule für deine Mutter, Lou«, meinte er bloß und ging.
    »Deinem Vater müssen wir das ja nicht auf die Nase binden«, meinte sie nur. Die Lammkeule kochte sie für das sonntägliche Mittagessen.
    Denn Lous Vater hätte sicherlich gesagt, daß es ihnen auch nicht gefallen würde, wenn jemand die Waren aus
ihrem
Laden in der Nachbarschaft verteilte wie ein moderner Robin Hood, und daß der überfallene Metzger wahrscheinlich ähnlich empfand.
    Doch Lou und seine Mutter hielten es für klüger, nicht weiter darüber nachzudenken. Für Lou war der bullige Mann jetzt eine Art Robin Hood, und wenn er ihn irgendwo sah, nickte er ihm zu: »Wie geht’s?«
    Dann lachte der Mann zu ihm hinüber. »Na, alles in Ordnung, Lou?«
    In seinem Innersten hoffte Lou, daß Robin noch einmal mit ihm in Kontakt treten würde. Seine Schuld hatte der Mann mit der Lammkeule beglichen, das war Lou klar. Doch bei dem Gedanken daran, daß er nun einen direkten Draht zur Unterwelt hatte, überlief Lou ein Prickeln, und er wünschte, daß Robin mal irgendeine Aufgabe für ihn hätte. Natürlich wollte er nicht selbst an einem Überfall teilnehmen. Und er konnte auch kein Fluchtfahrzeug steuern. Aber trotzdem wäre er gern bei etwas Aufregendem dabeigewesen.
     
    Doch solange er noch zur Schule ging, ließ ein derartiger Auftrag auf sich warten. Da Lou das Lernen nicht besondes lag, ging er mit sechzehn von der Schule ab und machte sich von da an ohne große Erwartungen regelmäßig auf den Weg zum Arbeitsamt. Doch wen sah er da die Aushänge studieren?
    »Wie geht’s, Robin?« fragte Lou, der längst vergessen hatte, daß es sich dabei um einen Phantasienamen handelte.
    »Was meinst du mit Robin?« fragte der Mann

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