Die irische Signora
Lou.
»Dann laß mich anders fragen: Bist du im Moment in eine krumme Sache verwickelt?«
»Nein«, antwortete er aufrichtig.
»Und hast du vor, demnächst bei so einem Ding mitzumachen?« Schweigen. »Wir haben das nicht nötig, Lou. Du hast einen Job, ich hab einen Job. Bring dich nicht in Schwierigkeiten.« Suzi hatte einen wundervollen cremefarbenen Teint und große dunkelgrüne Augen.
»Gut. Ich werde sauber bleiben«, versprach er.
Und Suzi war klug genug, es dabei zu belassen. Sie stellte keine Fragen über seine Vergangenheit. In den folgenden Wochen sahen sie sich noch häufiger als bisher. Und eines Tages lud Suzi ihn zu einem Sonntagsmittagessen bei ihren Eltern ein, damit sie ihn kennenlernten.
Lou war überrascht, in welchem Viertel sie wohnten.
»Ich hätte gedacht, daß du aus einer vornehmeren Gegend stammst«, meinte er, als sie aus dem Bus stiegen.
»Ich habe mich entsprechend rausgeputzt, um die Stelle in dem Restaurant zu kriegen.«
Ihr Vater war bei weitem nicht so übel, wie sie behauptet hatte. Er war Anhänger der richtigen Fußballmannschaft und hatte genug Bier im Kühlschrank.
Ihre Mutter arbeitete in dem Supermarkt, den Robin und seine Freunde vor einiger Zeit ausgeräumt hatten. Sie erzählte ihm, daß Ms. Clarke, die Filialleiterin, noch heute überzeugt war, einer von den Angestellten müsse extra die Tür offengelassen haben. Aber niemand habe einen Verdacht, wer das gewesen sein könnte.
Kopfschüttelnd hörte Lou sich die Geschichte an. Robin mußte in der ganzen Stadt Leute haben, die für ihn Riegel zurückschoben und Autos an den strategisch günstigen Stellen parkten. Zärtlich lächelte er Suzi an. Und hoffte zum erstenmal, daß Robin ihn nicht wieder kontaktieren würde.
»Du hast ihnen gefallen«, erzählte Suzi ihm nachher überrascht.
»Warum auch nicht? Ich bin ein netter Kerl«, erwiderte Lou.
»Mein Bruder hat gesagt, du hättest einen schrecklich fiesen Gesichtsausdruck, wenn du die Brauen so zusammenziehst. Aber ich habe ihm gesagt, daß es ein nervöser Tick ist und man auf so was nicht herumreitet.«
»Es ist kein nervöser Tick! Ich versuche nur, bedeutender auszusehen«, gab Lou unwirsch zurück.
»Egal, was es ist, es war jedenfalls das einzige, was sie an dir auszusetzen hatten. Wann werde ich deine Eltern kennenlernen?«
»Nächste Woche?« schlug er vor.
Seine Mutter und sein Vater waren höchst beunruhigt, daß er ein Mädchen zum Essen mitbringen wollte. »Bestimmt ist sie schwanger«, mutmaßte sein Vater.
»Nein, ist sie nicht. Und macht ja keine Andeutungen in diese Richtung, wenn sie da ist.«
»Was sie wohl gern ißt?« überlegte seine Mutter.
Er versuchte sich zu erinnern, was es bei den Sullivans gegeben hatte. »Hähnchen«, sagte er. »Sie ißt für ihr Leben gern Brathähnchen.« Selbst seine Mutter würde das eßbar hinbekommen.
»Du hast ihnen gefallen«, sagte er später zu ihr, genauso überrascht wie sie eine Woche zuvor.
»Schön«, gab sie scheinbar gleichmütig zurück. Aber Lou wußte, daß sie sich darüber freute.
»Du bist die erste, weißt du«, erklärte er.
»Wirklich?«
»Nein. Ich meine die erste, die ich mit nach Hause gebracht habe.«
Suzi tätschelte ihm die Hand. Er hatte wirklich enormes Glück gehabt, ein Mädchen wie Suzi Sullivan kennenzulernen.
Anfang September kreuzte wieder einmal Robin zufällig seinen Weg. Doch natürlich war es kein Zufall. Robin hatte in der Nähe des Ladens seiner Eltern geparkt und wollte gerade aus dem Wagen steigen.
»Ein Bier, um den Feierabend zu begießen?« Robin machte eine Kopfbewegung zu dem nahen Pub hinüber.
»Prima Idee«, willigte Lou scheinbar begeistert ein. Manchmal hatte er Angst, daß Robin Gedanken lesen konnte. Hoffentlich war ihm sein zögernder Ton entgangen.
»Wie steht’s denn so?«
»Großartig. Ich habe ein tolles Mädchen kennengelernt.«
»Ich weiß. Sie sieht umwerfend aus, nicht?«
»Ja. Und es ist uns beiden ziemlich ernst.«
Robin boxte ihn in die Seite. Es war zwar freundschaftlich gemeint, tat aber trotzdem weh. Doch Lou unterdrückte den Impuls, die schmerzende Stelle zu reiben. »Dann muß also bald die Anzahlung für ein Häuschen her?« erkundigte sich Robin beiläufig.
»Ach, das eilt nicht. Sie hat ’ne prima Bude.«
»Aber
irgendwann
schon, oder?« Robin wollte Lou festnageln.
»Ja, wir planen was in diese Richtung.« Schweigen. Merkte Robin, daß Lou sich aus seinen Fängen lösen wollte?
»Du weißt doch, daß
Weitere Kostenlose Bücher