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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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genannt werden, die sie einst protegiert hatten, es würden Einzelheiten über Auslandsreisen veröffentlicht werden. Wichtige Persönlichkeiten, deren Namen man früher mit der Firma in Verbindung gebracht hatte, würden nun jede Beziehung zu ihr abstreiten.
    Wie hatte es dazu kommen können? Man war nachlässig geworden, Risiken eingegangen und hatte mit Leuten Geschäfte gemacht, die von anderen als unzuverlässig eingestuft worden waren. Man hatte keine Fragen gestellt, auch wenn es nötig gewesen wäre. Man hatte Dinge nicht wahrhaben wollen, die eine alteingesessene Firma sehr wohl in Rechnung gezogen hätte.
    »Werden wir das Haus verkaufen müssen?« fragte Richard. Es herrschte Schweigen.
    »Werden wir genug Geld für ein Studium haben?« wollte Veronica wissen. Abermals Schweigen.
    Schließlich ergriff Harry das Wort: »An diesem Punkt sollte ich euch beide darüber aufklären, daß eure Mutter mich immer davor gewarnt hat, daß so etwas passieren könnte. Sie hat mich gewarnt, aber ich wollte nicht auf sie hören. Bitte vergeßt das nie, wenn ihr an den heutigen Tag zurückdenkt.«
    »O Dad, das ist doch nicht wichtig«, sagte Veronica genau in dem Ton, in dem auch Connie ihren Vater getröstet hätte, hätte dieser seinen finanziellen Ruin noch erlebt. Und sie sah, wie Harrys Augen sich mit Tränen füllten.
    »Das hätte jedem passieren können«, meinte Richard tapfer. »So ist es nun mal im Geschäftsleben.«
    Connie empfand tiefe Freude. Sie hatte ihre Kindern zu weitherzigen Menschen erzogen, nicht zu verwöhnten Gören, die alles als selbstverständlich hinnahmen. Und sie wußte, daß nun die Reihe an ihr war, zu sprechen. »Als euer Vater mir vorher diese schlechten Neuigkeiten erzählen wollte, bat ich ihn zu warten, bis ihr auch hiersein würdet, denn ich wollte, daß wir es zusammen hören und auch zusammen, als Familie, damit umgehen. In gewisser Hinsicht ist es ein Segen, daß die Zwillinge nicht hier sind, mit ihnen werde ich später reden. Was wir jetzt tun werden, ist folgendes: Wir verlassen noch heute abend das Haus. Jeder packt sich einen kleinen Koffer, genug Sachen für eine Woche. Ich werde Vera und Kevin bitten, uns mit Lieferwagen abholen zu lassen, damit Journalisten, die vielleicht bereits draußen vor dem Haus herumlungern, uns nicht mit unseren Autos wegfahren sehen. Außerdem werden wir auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, daß eventuelle telefonische Anfragen an Siobhan Casey zu richten sind. Ich nehme an, das geht in Ordnung, Harry, oder?«
    Er nickte völlig verblüfft. »In Ordnung.«
    »Ihr werdet bei meiner Mutter auf dem Land bleiben. Niemand weiß, wo sie wohnt, niemand wird sie belästigen. Von dort aus könnt ihr eure Freunde anrufen und ihnen sagen, daß alles wieder gut werden wird, ihr aber aus der Schußlinie sein wollt, bis sich die Wogen geglättet haben. Sagt ihnen, daß ihr in etwa zehn Tagen zurück seid. Kein Skandal dauert ewig.« Mit offenem Mund starrten die Kinder sie an.
    »Und natürlich werdet ihr beide zur Universität gehen, genauso wie die Zwillinge. Und wahrscheinlich werden wir dieses Haus verkaufen, aber nicht gleich. Wir werden es nicht irgendeiner Bank in den Rachen werfen.«
    »Aber müssen wir die Schulden nicht zurückzahlen?« fragte Richard.
    »Dieses Haus gehört nicht eurem Vater«, erwiderte Connie schlicht.
    »Aber auch wenn es dir gehört, mußt du dann nicht …«
    »Nein, es gehört auch nicht mir. Es wurde vor langer Zeit von einer anderen Firma gekauft, deren Geschäftsleitung ich angehöre.«
    »O Dad, wie gerissen du doch bist!« sagte Richard.
    Das war die Gelegenheit. »Ja, dein Vater ist ein äußerst kluger Geschäftsmann, und wenn er eine Vereinbarung trifft, hält er sich auch daran. Er wird alles tun, damit die Leute ihr Geld wiederbekommen, deshalb bin ich sicher, daß wir am Ende nicht als Bösewichte dastehen werden. Aber in der nächsten Zeit wird es ziemlich schwer werden, und wir werden allen Mut und alle Zuversicht brauchen, die wir aufbringen können.«
    Den Rest des Abends verbrachten sie mit emsigem Kofferpacken und Telefonieren. Dann verließen sie unbemerkt im Laderaum von Kevins Lieferwägen das Haus.
    Vera und Kevin, beide kreidebleich, hießen sie willkommen. Da für Plaudereien oder Mitleidsbekundungen nicht der richtige Zeitpunkt war, gingen Connie und Harry sofort auf ihr Zimmer, das beste Gästezimmer mit einem großen Doppelbett. Ein Teller mit einem kalten Imbiß und eine Thermosflasche mit

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