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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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totzuschlagen. Es waren Menschen, die immer noch ein Wohltätigkeits-Kaffeekränzchen vorschlugen, weil nichts sonst ihr Leben ausfüllte.
    Sie las viel, sah sich jedes Stück im Theater an, das sie interessierte, und unternahm Kurzreisen nach London oder hinunter nach Kerry.
    Harry behauptete, er habe keine Zeit für einen Urlaub mit der Familie. Sie fragte sich manchmal, ob es den Kindern eigentlich auffiel, daß seine Partner sehr wohl Urlaub mit ihren Frauen und Kindern machten. Doch Kinder waren oft sehr schlechte Beobachter. Andere Frauen unternahmen mit ihren Männern Auslandsreisen, Connie aber nie. Harry hingegen reiste häufig ins Ausland. Er habe dort geschäftlich zu tun, behauptete er. Spöttisch dachte sich Connie, daß er im Süden Spaniens oder in einem neu erschlossenen Ferienort auf einer griechischen Insel wohl kaum Geschäfte für seine Investmentfirma abwickelte. Doch sie sagte nichts.
    Harry suchte nur nach Sex. Er brauchte das einfach. Und wenn sie schon nicht in der Lage war, sich ihm hinzugeben, wäre es unfair gewesen, ihm zu verbieten, es mit anderen zu tun. Connie war nicht im geringsten eifersüchtig auf sein Verhältnis mit Siobhan Casey und wen es da sonst noch gab. Eine von Connies Freundinnen hatte einmal bittere Tränen vergossen wegen der Untreue ihres Mannes. Sie hatte gemeint, allein die Vorstellung, daß er das gleiche, was er mit ihr tat, auch mit einer anderen tue, treibe sie schier zum Wahnsinn. Connie berührte das hingegen überhaupt nicht.
    Sie hätte sich gewünscht, daß er diese Dinge außerhalb seines Heimes erledigte und ihr zu Hause ein liebevoller Freund war. Wie gerne hätte sie in einem Zimmer mit ihm geschlafen, an seinen Plänen, Hoffnungen und Träumen Anteil gehabt. Und war das nicht mehr als verständlich? Es erschien ihr eine harte Strafe, von allem abgeschnitten zu sein, nur weil sie nicht in der Lage war, ihm im Bett Befriedigung zu geben. Zählte es für ihn gar nichts, daß sie ihm vier reizende Kinder geschenkt hatte?
    Connie wußte, daß viele der Ansicht waren, sie solle Harry verlassen. Vera beispielsweise. Sie sagte es nicht direkt, aber sie machte entsprechende Andeutungen. Ebenso Mr. Hayes vom Hotel. Beide vermuteten, sie bleibe nur bei ihm, um abgesichert zu sein. Sie wußten nicht, wie gut ihre finanzielle Lage war und daß sie völlig unabhängig sein würde, wenn sie ihn verließ.
    Warum also blieb sie?
    Weil es für die Familie das Beste war. Weil die Kinder beide Elternteile brauchten. Weil es so furchtbar mühsam gewesen wäre, ihr ganzes Leben umzukrempeln, und es keine Garantie gab, daß sie woanders glücklicher gewesen wäre. Und schließlich war ihr Leben ja keineswegs unangenehm. Harry war höflich und freundlich, wenn er zu Hause war. Sie hatte genügend zu tun, sie konnte die Stunden, die Wochen, Monate und Jahre problemlos ausfüllen.
    Hin und wieder besuchte sie ihre Mutter und Harrys Eltern. Sie lud immer noch die Geschäftspartner und ihre Frauen ein. Und sie sorgte dafür, daß die Freunde ihrer Kinder sich bei ihnen wie zu Hause fühlten. Stets war vom Tennisplatz das Geräusch von Tennisbällen oder aus den Kinderzimmern Musik zu hören. Der Haushalt der Kanes wurde von der heranwachsenden Generation sehr geschätzt, weil Mrs. Kane so tolerant und Mr. Kane kaum zu Hause war – zwei Eigenschaften, die man bei den Eltern von Freunden sehr zu würdigen wußte.
     
    Als Richard Kane neunzehn war – im gleichen Alter wie Connie, als ihr Vater starb und sie mittellos zurückließ –, kam Harry Kane nach Hause und erzählte ihnen, daß es vorbei sei. Die Firma würde am nächsten Tag mit einem riesigen Skandal und verschwindend geringen Rücklagen Konkurs anmelden müssen. Überall im Land würde man uneinbringliche Forderungen hinterlassen, Menschen verloren damit ihre Renten- und Kapitallebensversicherungen. Einer seiner Partner mußte vom Selbstmord abgehalten werden, der andere hatte still und heimlich das Land verlassen wollen.
    Sie saßen zusammen im Eßzimmer, Connie, Richard und Veronica. Die Zwillinge waren gerade auf einer Klassenfahrt. Schweigend saßen sie da, während Harry Kane ihnen schilderte, was auf sie zukommen würde. Sieben- bis achtspaltige Berichte in den Zeitungen. Reporter vor der Haustür, Fotografen, die unbedingt einen Schnappschuß vom Tennisplatz in den Kasten kriegen wollten, als Beleg für den luxuriösen Lebensstil des Mannes, der das ganze Land betrogen hatte. Es würden Namen von Politikern

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