Die irische Signora
furchtbar.«
»Warum erzählst du mir das?« fragte sie mit gedämpfter Stimme, während sie mit unruhigem Blick nach links und rechts schaute.
Wie Fiona feststellte, war Mrs. Dunne ziemlich nervös. »Nun, er beliefert das Krankenhaus, wo ich arbeite, mit Gemüse und Blumen und redet dauernd von seinen Frauen, auch von Ihnen, und daß Sie ganz verrückt nach ihm sind. ›Die schicke Dame vom Quentin’s‹ nennt er Sie immer. Und da wurde mir klar, daß es Brigids und Granias Mutter sein muß, so wie es früher mal meine Mutter war … und mir wurde schlecht.«
»Ich glaube dir kein Wort. Du bist ja ein völlig übergeschnapptes Luder«, zischte Mrs. Dunne und funkelte sie aus schmalen Augen an.
Luigi tanzte wie der Teufel mit Caterina aus dem Kurs. Caterina und ihre Freundin Harriet waren mittlerweile vom Garderobendienst erlöst worden und stürzten sich nun um so eifriger ins Vergnügen.
»Entschuldige.« Fiona zog Luigi von der Tanzfläche.
»Was ist denn? Suzi stört das nicht, sie findet es gut, wenn ich tanze.« Er machte ein empörtes Gesicht.
»Tust du mir einen großen Gefallen?« bat Fiona. »Ohne irgendwelche Fragen zu stellen?«
»Na klar«, sagte Luigi.
»Könntest du zu diesem dunkelhaarigen Mann dort neben der Tür gehen und ihm sagen, wenn er sich nicht unglücklich machen will, soll er die Finger von seiner Frau für Mittwoch lassen?«
»Aber …?«
»Du hast versprochen, keine Fragen zu stellen!«
»Ich will ja nicht den Grund wissen, ich wollte nur fragen, ob er wohl handgreiflich wird?«
»Nein. Und noch was, Luigi …«
»Ja?«
»Zwei Dinge. Würdest du bitte von all dem weder Suzi noch Bartolomeo etwas erzählen?«
»Geht in Ordnung.«
»Und könntest du vielleicht versuchen, ein bißchen finster dreinzuschauen, wenn du ihm das sagst?«
»Ich versuche es«, antwortete Luigi, als müsse er sich dafür besonders anstrengen.
Nell Dunne war im Begriff, sich Dan zu nähern. Er redete gerade mit einem untersetzten, feistgesichtigen Mann, der ziemlich ärgerlich wirkte. Sie wollte ihm im Vorbeigehen zuflüstern, sie müsse mit ihm reden, und mit einer Kopfbewegung zum Gang hinaus deuten.
Warum hatte er ihr eigentlich nicht gesagt, daß er hierherkam? Warum diese Heimlichtuerei? Womöglich gab es noch viel mehr, was sie nicht wußte. Aber gerade als sie auf ihn zuging, schaute er auf und erkannte sie, und in seinen Augen spiegelte sich Angst. Hastig wich er vor ihr zurück. Nell sah, wie er seine Frau am Arm nahm und zum Tanzen aufforderte.
Die Band spielte
Ciao, ciao bambino
. Die Musiker fanden das Lied gräßlich, aber sie taten eben ihren Job. Schließlich würden sie morgen in der Abendzeitung stehen.
Fiona stellte sich auf einen Stuhl, damit sie alles genau beobachten und den Augenblick für immer in ihrem Gedächtnis festhalten konnte.
Soeben hatte Barry sie gefragt, ob sie ihn bei der
viaggio
begleiten wollte, und sie hatte bejaht. Und ihre künftigen Schwiegereltern tanzten miteinander.
Granias und Brigids Mutter wollte ziemlich plötzlich gehen und verlangte von Caterina und Harriet, daß sie ihr den Garderobenraum aufsperrten, wo ihr Mantel hing. Nur Fiona sah, wie sie verschwand. Barry hatte sie sicherlich nicht einmal bemerkt. Und er brauchte von ihr auch nicht unbedingt mehr zu wissen, als er und alle anderen von den Freesien wußten.
»Willst du mit mir tanzen?« fragte er. Es wurde gerade
Three Coins in the Fountain
gespielt, ein schmalztriefendes Lied.
Barry drückte sie fest an sich. »
Ti amo, Fiona, carissima Fiona.«
»
Anch’io
«, erwiderte sie.
» WAS ?« Er glaubte, sich verhört zu haben.
»
Anch’io
. Das heißt: Ich auch. Ich liebe dich auch.
Ti amo da morire
.«
»Gott, woher weißt du das denn?« fragte er. So tief beeindruckt hatte sie ihn noch nie erlebt.
»Ich habe die Signora gefragt und es geübt. Für alle Fälle.«
»Für alle Fälle?«
»Für den Fall, daß du das sagst, damit ich weiß, was ich antworten muß.«
Rings um sie herum tanzten Leute und sangen den albernen Liedtext mit. Granias und Brigids Vater hatte sich nicht etwa auf die Suche nach seiner Frau begeben, sondern unterhielt sich mit der Signora. Die beiden sahen aus, als könnte es sie jeden Moment überkommen, zusammen zu tanzen. Barrys Vater schaute sich nicht mehr ängstlich um, sondern redete mit seiner Frau, als würde er sie nun mit neuen Augen sehen. Brigid hatte sich nicht in einen engen Rock gequetscht, an dem sie ständig herumzupfte,
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