Die irische Signora
Beifall, als sie geendet hatten. Sämtliche anderen Gäste, die sich heute abend nicht hatten abschrecken lassen, im Catania zu essen, waren in die irische Gruppe aufgenommen worden, und es gab ein großes Hallo, als die drei durch die Tür traten.
Alfredo beeilte sich, die Suppe zu holen.
»
Brodo«,
sagte Laddy.
»Wir fangen vielleicht besser gleich mit dem Hauptgang an«, meinte Aidan.
»Entschuldigung, Mr. Dunne, aber ich habe hier das Sagen, bis etwas anderes bestimmt wird. Und ich verlange, daß Lorenzo seine
brodo
bekommt.« So finster hatte Luigi überhaupt noch nie geschaut. Aidan lenkte auch gleich ein und sagte, das sei natürlich nur ein Vorschlag gewesen. »Dann ist’s ja gut«, verzieh ihm Luigi.
Fran erklärte der Signora, daß einer der jüngeren Kellner Kathy immer wieder bedrängte, doch nachher mit ihm auszugehen, was sie sehr beunruhige. Konnte die Signora nicht sagen, daß sie nach dem Essen alle zusammen zurück ins Hotel gehen würden?
»Natürlich, Francesca«, nickte die Signora. War es nicht komisch, daß keiner wissen wollte, was mit Laddy gewesen war? Offenbar hatten alle ganz selbstverständlich angenommen, Aidan und sie würden ihn hier in Rom schon finden.
»Lorenzo hat uns allen eine Einladung zu einer Party am Donnerstag verschafft«, sagte sie laut. »In einem wirklich prächtigen Haus.«
»
Giovedi
«, nickte Lorenzo, damit es in bezug auf den Tag ja kein Mißverständnis gab. Auch das nahmen die anderen Kursteilnehmer scheinbar als selbstverständlich hin. Rasch löffelte die Signora ihre Suppe. Als sie sich nach Constanza umschaute, sah sie die sonst so lebhafte Frau geistesabwesend in die Ferne starren. Irgend etwas war passiert, aber Constanza war so verschlossen, daß sie ihr bestimmt nichts verraten würde. Und da die Signora ja ebensowenig von sich preisgab, wollte sie ihr auch keine Fragen stellen.
Da kündigte Alfredo eine Überraschung für die
Irlandesi
an. Eine Torte in den Farben der irischen Nationalflagge wurde hereingetragen. Man hatte sie glasiert, während alle so glücklich beisammensaßen, damit ihnen dieser Tag in unvergeßlicher Erinnerung blieb. Die irischen Farben waren in Italien seit der Fußballweltmeisterschaft gut bekannt.
»Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll, Alfredo. Du hast uns einen wunderschönen Abend beschert.«
»Ich wüßte schon wie, Signora. Könnten Sie morgen vorbeikommen? Ich möchte mit Ihnen reden. Bitte.«
»Morgen geht es nicht, Alfredo. Da hält Signor Dunne seinen Vortrag über das Forum Romanum.«
»Sie können Mr. Dunne doch jeden Tag hören. Aber ich habe nur ein paar Tage, um mit Ihnen zu reden. Bitte, Signora, kommen Sie.«
»Vielleicht wird er es ja verstehen.« Die Signora sah zu Aidan hinüber. Ihr war gar nicht wohl bei dem Gedanken, ihn im Stich zu lassen. Denn sie wußte, wieviel Mühe er sich mit der Vorbereitung gemacht hatte. Er wollte unbedingt, daß jeder Rom vor Augen hatte, wie es zu der Zeit ausgesehen hatte, als noch Triumphwagen durch die Stadt zogen. Aber Alfredo sah sie so flehentlich an, als ob er ihr unbedingt etwas mitteilen müsse. Sie dachte an ihr vergangenes Leben und die Menschen, die darin eine Rolle gespielt hatten. Und schließlich willigte sie ein.
Es war für die Signora ein leichtes, Caterina aus den Klauen des Kellners zu befreien; sie bat Alfredo einfach, den jungen Mann nach Hause zu schicken. Somit mußten die seelenvollen römischen Augen Caterina anflehen, auf einen anderen Abend zu warten. Zum Abschied überreichte er ihr eine rote Rose und küßte ihr die Hand.
Indes rätselte Connie vergeblich, von wem die mysteriöse Nachricht stammen mochte. Denn Signora Buona Sera hatte sich zwar gleich erinnert, Signora Kane einen Brief gebracht zu haben. Doch weder sie noch ihr Mann wußten, ob ein Mann oder eine Frau den Brief abgegeben hatte. Das würde wohl immer ein Geheimnis bleiben, hatte Signora Buona Sera achselzuckend bedauert. Schlaflos wälzte sich Connie Kane in jener Nacht im Bett hin und her. Warum mußten manche Dinge für immer rätselhaft bleiben? Sie hätte der Signora gern davon erzählt, aber sie wollte sich der zurückhaltenden Frau, die nie über ihr Privatleben sprach, nicht aufdrängen.
»Nein, natürlich, wenn du etwas zu erledigen hast. Es hat ja wohl mit Sizilien zu tun«, sagte Aidan.
»Es tut mir sehr leid, Aidan. Ich hatte mich so darauf gefreut.«
»Ja.« Für einen Augenblick wandte er das Gesicht ab, damit sie nicht merkte, wie
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