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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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Kriegsschiffe zu bauen, denen Kanonenkugeln nichts anhaben konnten, und in Friedenszeiten als Bildhauer zu arbeiten.
    Das alles wußte Kathy Clarke, und sie erzählte es wie eine spannende Geschichte.
    »Mann o Mann, dieser Kurs in italienischer Kultur muß wirklich fabelhaft sein«, meinte Josie Quinn im Lehrerzimmer.
    »Wieso?« fragten ihre Kollegen.
    »Gerade eben hat Kathy Clarke einen kompletten Abriß über die Renaissance gegeben. So etwas haben Sie noch nicht gehört.«
    Am anderen Ende des Raums saß Aidan Dunne, der sich diesen Kurs ausgedacht hatte. Er rührte in seinem Kaffee, und auf seinem Gesicht lag ein breites, glückliches Lächeln.
     
    Die Stunden im Italienischkurs brachten sie einander noch näher, Kathy und Fran. Im Herbst kam Matt Clarke aus England zurück und teilte seinen Angehörigen mit, er werde Tracey aus Liverpool heiraten, sie wollten aber keine große Feier veranstalten und statt dessen lieber auf die kanarischen Inseln fliegen. Alle waren erleichtert, daß ihnen der lange Weg nach England zur Hochzeit erspart blieb. Als sie erfuhren, daß das Paar vor der Hochzeit in die Flitterwochen fahren würde, gab es einiges Gekichere.
    Matt fand das vernünftiger so. »Sie möchte knackig braun sein, wenn wir die Hochzeitsfotos machen. Und wenn wir dort feststellen, daß wir uns nicht mögen, können wir das Ganze noch abblasen«, meinte er unbekümmert.
    Matt gab seiner Mutter Geld für die Spielautomaten und lud seinen Vater auf ein paar Bier ein. »Warum haben sie es denn so furchtbar wichtig mit diesem Italienischkurs?« erkundigte er sich.
    »Keine Ahnung«, antwortete sein Vater. »Ich kann mir überhaupt keinen Reim darauf machen. Fran rackert sich von früh bis spät in ihrem Supermarkt ab. Der Bursche, mit dem sie zusammen war, ist in die Staaten gegangen. Mir ist es ein Rätsel, warum sie sich das alles antut, vor allem weil die Lehrer in der Schule sagen, daß Kathy sowieso schon zuviel lernt. Aber sie sind ganz versessen darauf. Haben sogar vor, nächstes Jahr hinzufahren. Na, mir soll’s recht sein.«
    »Kathy ist ein recht hübsches Mädchen geworden, findest du nicht?« sagte Matt.
    »Kann schon sein. Weißt du, ich sehe sie ja jeden Tag, da ist mir das nie aufgefallen«, meinte sein Vater ein wenig überrascht.
    Und Kathy wurde wirklich zusehends attraktiver. In der Schule sprach ihre Freundin Harriet sie darauf an. »Hast du eigentlich einen Freund oder so was in diesem Italienischkurs? Du wirkst irgendwie verändert.«
    »Nein, aber eine Menge älterer Männer, die gibt es da schon«, erwiderte Kathy lachend. »Manche sind sogar ziemlich alt. Bei dem Rollenspiel, wo wir um ein Rendezvous bitten, mußten wir Paare bilden. Es war zum Schreien. Ich hatte diesen einen, der bestimmt schon hundert ist und Lorenzo heißt. Na ja, im richtigen Leben heißt er Laddy, glaube ich. Jedenfalls sagt dieser Lorenzo zu mir:
E libera questa sera?
, und dabei rollt er mit den Augen und zwirbelt seinen imaginären Schnurrbart, daß alle sich vor Lachen kaum noch einkriegen.«
    »Ach komm! Bringt sie euch auch wirklich nützliche Sachen bei, wie man es anstellen und was man sagen muß?«
    »So einigermaßen.« Kathy versuchte sich an eine Redewendung zu erinnern. »Wir lernen zum Beispiel
Vive solo
oder
sola
, das heißt, lebst du allein. Aber da war noch so ein Ausdruck, wie hieß er noch gleich …
Deve rincasare questa notte?
Mußt du heute abend heim.«
    »Und die Lehrerin ist diese alte Frau, die wir ab und zu in der Bibliothek sehen, mit den komisch gefärbten Haaren?«
    »Ja, die Signora.«
    »So was«, wunderte sich Harriet. Ihr kam das alles immer seltsamer vor.
     
    »Besuchen Sie immer noch diesen Kurs im Mountainview, Miss Clarke?« Peggy Sullivan rechnete mit ihr gerade die Kasse ab.
    »Der ist wirklich klasse, Mrs. Sullivan. Sagen Sie das doch mal der Signora, ja? Alle sind hellauf begeistert davon. Sie werden es nicht glauben, aber bis jetzt ist noch kein einziger abgesprungen. So etwas hat es bestimmt noch nie gegeben.«
    »Ja, sie hat sich auch selbst recht zuversichtlich geäußert. Aber wissen Sie, Miss Clarke, sie ist eine äußerst mysteriöse Person. Sie behauptet, sie sei sechsundzwanzig Jahre mit einem Italiener verheiratet gewesen und habe mit ihm da unten in einem kleinen Ort gelebt … aber es kommt nie ein Brief aus Italien, und in ihrem Zimmer ist nirgendwo ein Bild von ihm. Und dann stellt sich heraus, daß ihre ganze Familie in Dublin wohnt, die Mutter in so

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