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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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sie Aidan gefragt, ob sie ihm Kissenbezüge nähen solle.
    »Kommen Sie doch mal vorbei und sehen sich das Zimmer an«, schlug er unvermittelt vor.
    »Ja, das ist eine gute Idee. Wann soll ich denn kommen?«
    »Am Samstag vormittag habe ich keine Schule. Hätten Sie da Zeit?«
    »Ich kann mich immer freimachen«, erwiderte sie.
    Den ganzen Freitag abend verbrachte er damit, in seinem Zimmer sauberzumachen. Dann stellte er das Tablett mit den beiden roten Murano-Gläsern bereit. Er hatte eine Flasche Marsala gekauft, um mit ihr auf das neu hergerichtete Zimmer und auf den Erfolg des Kurses anstoßen.
    Als die Signora kurz vor Mittag eintraf, brachte sie verschiedene Stoffmuster mit. »Nach dem, was Sie mir erzählt haben, könnte dieses Gelb das Richtige sein«, meinte sie und hielt einen leuchtenden, schweren Stoff hoch. »Davon kostet der Meter zwar etwas mehr, aber es ist ja ein Zimmer fürs Leben, nicht wahr?«
    »Ein Zimmer fürs Leben«, bestätigte Aidan.
    »Wollen Sie es Ihrer Frau zeigen, bevor ich mich an die Arbeit mache?« fragte sie.
    »Nein, nein, Nell wird es bestimmt gefallen. Ich meine, im Grunde ist es ja mein Zimmer.«
    »Ja, natürlich.« Die Signora stellte niemals Fragen.
    An diesem Vormittag war Nell nicht daheim, und auch die beiden Töchter waren weggegangen. Aidan hatte ihnen nichts von dem Besuch gesagt und war froh über ihre Abwesenheit. Schließlich stieß er mit der Signora auf den Erfolg des Italienischkurses und auf das »Zimmer fürs Leben« an.
    »Ich wünschte, Sie könnten auch normale Schulklassen unterrichten. Sie verstehen es, andere zu begeistern«, sagte er bewundernd.
    »Ach, das kommt nur daher, daß sie es von sich aus lernen wollen.«
    »Aber dieses Mädchen, Kathy Clarke – die Kollegen sagen, sie ist in letzter Zeit ein richtig heller Kopf, und das nur dank Ihres Italienischkurses.«
    »
Caterina
 … ein nettes Mädchen.«
    »Nun, wie ich gehört habe, unterhält sie die ganze Klasse mit Geschichten aus Ihrem Kurs, und jetzt wollen die anderen auch alle Italienisch lernen.«
    »Ist das nicht wundervoll?« meinte die Signora.
    Was ihr Aidan allerdings nicht berichtete – weil er es nämlich nicht wußte –, war, daß Kathy Clarke ebenfalls herumerzählte, er, Aidan Dunne, füßle unter dem Tisch mit der alten Italienischlehrerin und mache ihr dauernd schöne Augen. Kathys Freundin Harriet sagte, das habe sie schon immer vermutet. Gerade die stillen Wasser seien tief. Das seien die wahren Lüstlinge.
    Miss Quinn unterrichtete Geschichte und war bemüht, den Stoff in einer zeitgemäßen Form zu präsentieren, so daß die Kinder etwas damit anfangen konnten. Es brachte nichts, ihnen zu sagen, die Medicis seien Kunstmäzene gewesen, deshalb nannte sie sie »Sponsoren«. Das sagte den Schülern mehr.
    »Weiß jemand von euch vielleicht, wer von diesen Sponsoren gefördert wurde?« fragte sie.
    Verständnislos schauten sich die Kinder an.
    »Sponsoren?« fragte Harriet. »So wie ein Getränkehersteller oder ein Versicherungsunternehmen?«
    »Ja. Fallen euch denn gar keine berühmten italienischen Künstler ein?« Die Geschichtslehrerin war jung und hatte sich noch nicht mit der Unwissenheit – oder Vergeßlichkeit – der Kinder abgefunden.
    Da erhob sich Kathy Clarke. »Einer der bedeutendsten war Michelangelo. Papst Sixtus  IV ., einer von den Medicis, beauftragte Michelangelo, die Decke der Sixtinischen Kapelle zu bemalen, und er wollte all diese verschiedenen Szenen dort haben.« Ruhig und gelassen stand sie vor der Klasse und erzählte von dem Gerüst, das dafür gebaut wurde, von den Streitigkeiten und Zerwürfnissen sowie von dem Problem, daß die Farben verblaßten.
    Es klang kein bißchen angestrengt, sondern einfach nur begeistert. Da Kathys Ausführungen zu einem regelrechten Vortrag ausuferten, mußte die junge Geschichtslehrerin das Mädchen bald bremsen.
    »Vielen Dank, Katherine Clarke. Kennt noch jemand einen berühmten Künstler aus dieser Epoche?«
    Wieder schnellte Kathys Hand hoch. Die Lehrerin sah sich nach weiteren Wortmeldungen um, doch es kamen keine. Verwundert lauschten die Jungen und Mädchen, als Kathy Clarke ihnen von Leonardo da Vinci berichtete, von seinen Aufzeichnungen, die fünftausend Seiten umfaßten und allesamt in Spiegelschrift geschrieben waren, vielleicht weil er Linkshänder war, vielleicht auch, weil er seine Gedanken geheimhalten wollte. Und er habe sich beim Herzog von Mailand um eine Stelle beworben und ihm angeboten,

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