Die irre Heldentour des Billy Lynn
andere Kunden auf Abstand gehen. Für Billy und Mango ist das hier ein Museum, lauter Zeug zum Angucken, aber nicht ein Stück, das ein Bravo sich leisten könnte, und das ist so erniedrigend, dass sie immer fuchsiger werden. Morgenmäntelaus Baumwollfrottee für Sie und Ihn zu vierhundert Dollar. Original-Spielertrikots zu hundertneunundfünfzigfünfundneunzig. Pullover aus Kaschmir, Weihnachtsschmuck aus geschliffenem Kristall, Stiefel aus einer limitierten Tony Lama-Kollektion. Je mehr sie sich beschämt und verhöhnt fühlen, desto rüder werden sie miteinander. Alter, guck mal hier die Bomberjacke, ist doch krank. Schlappe sechshundertneunundsiebzig Kröten, Kerl.
Ist das echt Leder?
Blöde Frage, aber hallo ist das echt Leder!
Nee, Kerl, ich glaub das nicht. Für mich ist das Kunstleder.
Für’n Arsch ist das Kunstleder!
Nee, nee, du Dumpfbacke. Du bist derart ghettoversifft, du kannst doch echt überhaupt nicht von Kunst –.
Und schon gehen sie aufeinander los, verhaken sich in einer wüsten doppelten Schulterklammer und taumeln ineinander verkeilt durch den Laden wie Kneipensäufer, grunzend, mit wechselseitigen Pöbeleien und Kopfnüssen und einem solchen Lachkoller, dass sie sich kaum auf den Beinen halten können. Die Käppis fliegen durch die Gegend, weil sie sich an den Ohren ziehen. Und weil das wehtut, lachen sie noch haltloser, bald japsen sie nur noch: Du Schlampe, Scheißkerl, Fotze, Schwuchtel . Mango verpasst Billy ein paar fiese Kinnhaken, Billy rammt Mango die Faust in die Achselhöhle, und ab geht’s, Kippe, Linksdreh, als ob eine Töpferscheibe samt Topf über den Boden kullert. Kann ich Ihnen helfen!, brüllt jemand und springt im Zickzack aus dem Weg. Herrschaften! Leute, Jungs, kann ich euch helfen? Heh da!
Billy und Mango entknäulen sich und rappeln sich lachend und mit roten Köpfen hoch. Der Verkäufer – oder Manager? Mittelalt, weiß, beginnender Haarausfall – lacht mit, obwohl er ziemlich in der Bredouille ist, allein gegenüber zwei offensichtlich Durchgeknallten. Alle anderen Leute, Personal wie die wenigen Kunden, die nicht das Weite gesucht haben, halten sicheren Abstand.
»Ist das Leder?« Billy reißt einen Ärmel am Bomberjackenständer hoch. »Der Volltrottel hier will mir nämlich weismachen, dass das Kunstleder ist.«
»Oh nein, Sir«, sagt der Manager, »das ist echtes Leder.« Er kichert in sich hinein, er weiß genau, dass sie ihn hochnehmen, trotzdem ergeht er sich, ganz der brave Mann, dem es seit Anbeginn aller Zeit obliegt, Ordnung in eine kranke, komische Welt zu bringen, in vollmundigem Schwärmen über diese Jacke aus aniliniertem, genarbten Lammleder und die speziellen Gerb- und Färbeverfahren und dergleichen, ganz zu schweigen von ihrem hervorragenden Qualitätsschnitt. Ahaa, ahaa, ahaa, die Bravos horchen ihn aus und glotzen hingerissen wie Höhlenmenschen, die Popcorn beim Hochpoppen zugucken.
»Siehst du, du Flachwichser«, Billy gibt Mango einen Klaps auf die Schulter, »ich hab dir doch gesagt, das ist Leder.«
»Als ob du der große Modeguru bist. Wetten, du hast nicht mal Unterwäsche an – «.
Sie buffen sich gegenseitig, gehen sich wieder an die Klamotten, lassen aber beim flehentlichen Heh! des Managers sofort ab.
»Ähm, ja. Verkaufen Sie viel von den Dingern?«, fragt Billy und befühlt eine der Jacken.
»Fünf, sechs pro Spieltag. Wenn wir gewinnen, können es auch mehr sein.«
»Verdammt. Bei Ihren Fans sprudelt der Cashflow ja ganz schön.«
Der Manager lächelt. »Ja, so kann man es auch ausdrücken.«
Die Bravos bedanken sich und gehen. »Kerl«, sagt Mango, als sie wieder draußen sind. »Sechshundertneunundsiebzig Dollar«, sagt er. »Billy«, sagt er, und dann: »Scheiße.« Mehr fällt ihnen dazu nicht ein.
Menschliche Reaktion
»FÜNFZEHN MILLIONEN« , sagt Albert gerade, als Billy und Mango sich wieder hinsetzen. »Fünfzehn Cash Vorschuss auf fünfzehn Prozent der Bruttoeinnahmen, Stars, die heiß begehrt sind, können so was fordern. Und Hilary ist momentan sehr heiß begehrt. Wenn die nicht garantiert sind, gibt der Agent ihr nicht mal was zum Lesen.«
»Wie, was zum Lesen?«, fragt Sykes. Alberts Pupillen wandern langsam in seine Richtung und sein Kopf hinterher.
»Das Drehbuch, Kenneth.«
»Aber du hast doch gesagt, wir haben noch kein Drehbuch.«
»Haben wir auch nicht, wir haben aber ein Treatment, und wir haben einen Schreiber. Und jetzt, wo Hilary Interesse hat, können wir das so umfriemeln, dass es
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