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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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Vielleicht glaubt jeder, er weiß Bescheid, und wer nicht durchkommt, hat eben falsch gelegen. Nur wer überlebt hat, darf sich für helle und hellsichtig halten, andererseits, fällt Billy jetzt ein, hatte auch Shroom Bescheid gewusst, genauso klar, nur über den umgekehrten Ausgang.
    Hooah, Shroom. Das sind doch viel zu viele Sachen auf einmal zum Kopfzerbrechen, Filmdeals und Interviews und was es bedeutet einen Silver Star zu tragen, und unter all dem auch noch etwas richtig Knallhartes, die Details jenes Einsatzes am Ufer des Al-Ansakar-Kanals, unergründlich von Anfang bis Ende. Man hat keinen ruhigen Kopf. Übel ist einem zwar nicht, aber richtigwohl auch nicht. Man hat ein flaues Gefühl, in der Luft zu hängen oder gefährlich unzulänglich zu sein, als ob das eigene Leben sich selbst überholt hat und man etwas Zeit braucht, damit es wieder bei sich ankommt und sich auflädt. Das könnte es sein, man muss das Problem Zeit zu fassen kriegen, das könnte ein Ausgangspunkt sein, auf dem könnte man aufbauen, nur dass Josh soeben die Parole Mittagessen! ausgibt und alle aufstehen. Von den Tribünen kollert Beifall herab wie ein mittlerer Steinschlag, und Sykes die coole Sau winkt der Menge zu, als gelte er allein ihm. Josh führt sie tapfer zum Aufgang, es folgt eine endlose Ochsentour nach oben, in Reih und Glied und trottend wie die armen, dem Untergang geweihten Schweine am Ende von Titanic , die gegen die grauenhafte Leere aus Wasser und Himmel ankämpfen. Wenn man nur eine Sekunde loslässt, reißt sie einen weg, also lautet die Strategie: Bloß nicht loslassen. Oben in der Wandelhalle fühlt sich Billy sofort wohler. Unter Joshs Führung geht es eine Wendelrampe hoch, wo sich der Wind zu engen Spiralwirbeln zerfranst und in kleinen Wutanfällen mit Dreck und Staub um sich wirft. Unterwegs kommt es immer wieder zu einer Art Blutgerinsel, Leute bleiben stehen, rufen, gaffen oder grinsen, je nach politischer Einstellung oder Temperament, aber Team Bravo stößt einfach durch, höflich und unaufhaltsam, ein unerbittlicher Keil auf dem Vormarsch, bis die Crew eines spanischsprachigen Radiosenders plötzlich Mango anhaut, sie wollen ein Interview, und schon ist die ganze schöne saubere Energie im Eimer. Leute klumpen sich zusammen. Die Luft wird feucht vor Begierde. Sie wollen ein paar Worte. Sie wollen Kontakt. Sie wollen Fotos und Autogramme. Amerikaner sind unglaublich höflich, solange sie kriegen, was sie wollen. Billy steht mit dem Rücken zum Geländer, belagert von einem begütert wirkenden Ehepaar aus Abilene mit dem erwachsenen Sohn und der Schwiegertochter im Schlepptau. Den jungen Leuten scheint die Begeisterungder älteren peinlich zu sein, was denen aber piepegal ist. »Ich musste mir das immer wieder angucken!«, brüllt die Frau Billy an. »Das war genau wie bei Nina Leven, da musst’ ich mir auch immer wieder angucken, wie die Flugzeuge da in die Türme krachen, immer wieder, Bob musste mich regelrecht wegreißen vom Fernseher.« Bob nickt zustimmend, er ist groß und leicht gebückt, hat sanfte blaue Augen und die Ruhe eines Gatten, der gelernt hat, wie locker man einer unter Strom stehenden Gattin die Zügel lassen sollte. »Bei euch Jungs war’s genauso, als das Video in den Fox News kam, hab ich mich hingesetzt und stundenlang nicht weggerührt. Ich war einfach stolz, einfach so – «, sie verheddert sich im Gestrüpp der Selbstdarstellung, »– stolz «, sagt sie noch mal, »das war so wie Gott sei Dank, endlich Gerechtigkeit.«
    »Das war wie im Kino«, flötet die Schwiegertochter, die jetzt auch auf den Geschmack kommt.
    »Ja, genau . Ich musste mir immer wieder sagen, das hier ist wirklich , das sind wirkliche amerikanische Soldaten, die für unsere Freiheit kämpfen, das ist kein Kino. Oh Gott , ich war ja so glücklich an dem Tag, und vor allen Dingen, ich war so erleichtert , endlich zahlen wir denen das heim, das mit Nina Leven. Also – «, sie macht eine dringend nötige Atempause, »– welcher von denen sind Sie?«
    Billy sagt höflich seinen Namen, belässt es aber dabei, und die Frau scheint zu ahnen, dass die Frage irgendwie heikel ist, und drängt nicht weiter. Stattdessen verlegt sie sich gemeinsam mit der Schwiegertochter auf patriotisch-sentimentale Lyrik im Duett, sie sind hundert Prozent pro Bush Krieg Truppen weil die Nationen müssen szszszsz gegen diese szszszsz All-Kai-Das szszszsz szszszsz szszszsz – die Dame rückt ihm jetzt ganz nahe, tätschelt ihm den

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