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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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dann holt die Atombomben raus und haut die da runter, einmal alles leerfegen und dann mit frischen Herzen und Köpfen wiederauffüllen, einmal atomare Slumsäuberung für die Seele des Landes.
    Amerikaner stehen innerlich mit in diesem Krieg, jeden Tag, unermüdlich. Billy weiß es, er spürt an solchen Berührungspunkten täglich ihre Leidenschaft. Oft buchstäblich bei der Berührung, beim Händedruck, wenn ein Lichtbogen überspringt, eine Welle aufgestauter Kriegerhitze. Für viele Leute ist das Der Moment: Billys Feuertaufe wird zu ihrer und umgekehrt, da passiert eine Art mystische Übertragung, und die ist, ihrem würgegriffartigen Händedruck nach zu urteilen, für die meisten einfach zu viel. Danach kommen nur noch Gestammel, Geschlucke, Gebrabbel und Gehirnfürze, sie kleistern alles zusammen, was sie unbedingt loswerden wollen, wofür ihnen aber die Worte fehlen, also greifen sie auf das Altgewohnte zurück. Sie wollen Autogramme. Sie wollen Schnappschüsse mit ihren Handys. Sie sagen Danke, immer wieder und immer inbrünstiger, sie sind sicher, wenn sie Soldaten danken, sind sie gute Menschen, und ihre Augen schimmern vor lauter Liebe zu sich selbst und zu diesem greifbaren Beweis ihres Gutseins. Eine Frau bricht in Tränen aus, völlig erschüttert von ihrer Dankbarkeit. Eine andere fragt, ob wir den Krieg endlich gewännen, und Billy sagt, wir geben uns alle Mühe. Ein Mann flüstert: »Sie und Ihre Soldatenbrüder machen den Weg frei«, und Billy fragt lieber nicht nach dem Ziel des Wegs. Der Nächste zeigt auf Billys Silver Star, berührt ihn fast. »Ziemlicher Klunker, den Sie da haben«, sagt er barsch und verströmt weltmännischhartleibige Sympathie. »Danke«, antwortet Billy, obwohl ihm das immer etwas unpassend vorkommt. »Habe den Artikel im Time Magazine gelesen«, erzählt der Mann weiter, jetzt fasst er den Ordentatsächlich an, und das ist fast so obszön, als hätte er nach unten gelangt und Billy an den Eiern gepackt. »Können stolz drauf sein«, sagt er, »haben das verdient.« Billy nimmt es ihm nicht übel, er denkt nur, woher wissen Sie das eigentlich? Vor ein paar Tagen hatte ihm ein plappermäuliger Nachrichtenklugscheißer vom Lokalfernsehen die Frage hingeknallt: Wie war das so? Beschossen werden, zurückschießen. Leute töten, selber fast getötet werden. Freunde und Kameraden, die einem direkt vor der Nase sterben. Billy hatte ein paar zusammenhanglose Brocken von sich gegeben, und während er vor sich hin murmelte, klingelte in seinem Kopf plötzlich ein zweites Telefon, und eine fremde Stimme flüsterte ihm ständig die viel wahrhaftigeren Worte zu, die er nicht über die Lippen bekam. Das war grob. Das war total versiffte Scheiße. Das war ein Geblute und Gekeuche wie bei der schlimmsten Abtreibung der Welt, das Jesuskind ausgeschissen in Matschklümpchen.
    Billy hatte diese Heldentat nicht gesucht, nein. Sie hatte ihn ereilt, und davor, dass sie ihn wieder ereilen wird, graut ihm wie vor einem Hirntumor. Er fürchtet, dass er nicht mehr lange höflich bleiben kann, aber da schwirren die letzten Gratulanten ab, und die Bravos setzen sich wieder hin. Dann taucht Josh auf und fragt als Erstes: »Wo ist Major McLaurin?«
    »Och«, sagt Dime beiläufig, »der muss irgendeine Medizin nehmen, hat er gesagt.«
    »Medi– «, setzt Josh an, bremst sich aber sofort. »Mensch, Jungsssssss.« Das Ebenbild des jungen Corporate Amerika auf dem Weg nach oben, dieser Josh. Groß, elastisch, attraktiv wie ein J. Crew-Model, die Nase schmal und gerade wie eine Kompassnadel, die Haare eine brilliantschwarze Mähne, die bei den Soldaten mit ihren Pfirsichpellen-Skalps ein leises Kribbeln auslöst. Ob Josh schwul ist, war schon öfter Gegenstand von Debatten gewesen, das Ergebnis bisher: Nein, er ist einfach der typische Business-Beau.»Nennt man Metrosexueller, so einer ist das«, hatte Sykes erklärt, woraufhin alle anderen Sykes für schwul erklärt hatten, weil er solche Wörter kannte.
    »Nun ja«, sagte Josh, »dann wird er ja irgendwann wieder auftauchen. Und ihr, Jungs – Lust auf ein kleines Essen?«
    »Wir wollen die Cheerleaderinnen kennenlernen«, sagt Crack.
    »Jaaa«, sagt A-Bort, »aber essen wollen wir auch.«
    »Okay, Moment.« Josh aktiviert sein Walkie-Talkie. Die Bravos tauschen Ach-du-Scheiße!-Blicke. Bei ihnen scheint die ganze hochgelobte Cowboys-Organisation bloß zu improvisieren und der Planungsaufwand irgendwo zwischen mit halbem Arsch und ganz beschissen zu

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