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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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profimäßig peppige Blondine, gesegnet mit strahlenden Augen, dramatisch geschwungenenen Wangen und einem Silberlamélächeln. Billy tippt auf Verkaufskanone, Immobilienmaklerin ziemlich weit oben oder Top-Avon-Beraterin.
    »Na ja, mit Sicherheit die ganzen Flughäfen«, sagt er. Er erntet Lacher von sieben, acht Leuten, die inzwischen um ihn herumstehen. Und die ganzen Malls, könnte er fortfahren, und Stadthallen und Hotelzimmer und Aulen und Festsäle, die im ganzen Land gleich aussehen, so viel gestalterische Homogenität zermatscht einem das Gemüt, sie dient mehr der Wirtschaftlichkeit und Wartungsfreundlichkeit als etwas so Vielfältigem wie dem menschlichen Zartgefühl.
    »Denver hat mir wirklich gefallen«, sagt er stattdessen, »mit den ganzen Bergen und so, ja? Da war es wunderschön. Ich hätte nichts dagegen, da mal wieder hinzufahren und ein bisschen zu bleiben.«
    »Waren Sie nicht auch in Washington?«, drängelt die Maklerin.
    »Ach, ja. Washington war irre, absolut.«
    »Ist das Weiße Haus nicht wirklich majestätisch?«
    »Und wie, mit der ganzen Geschichte und so. Mir war irgendwie nie klar, dass da drin auch Leute wohnen. Also, wieso heißtdas wohl Weißes Haus , nicht? Aber es war fantastisch, mehr so wie man sich einen richtig eleganten Landsitz vorstellt.«
    Das findet die Maklerin auch; sie und »Stan« waren schon öfter zu Gast bei den Bushs, und der Ort ist wahrhaft Ehrfurcht gebietend. Gab’s auch ein Bankett? Kein Bankett? Ach wie schade, so Staatsbankette sind wirklich das Ereignis, allein der ganze Pomp, das Protokoll, die lockere Mischung aus Hochadel und Staatsoberhäuptern. Vielleicht nächstes Mal, sagt Billy. Dann fragt wieder jemand, ob wir gewinnen, die Kriegsdebatte ist wieder eröffnet, und Billy wird herumgereicht wie jedermanns Lieblingswasserpfeife. Warum bringen die ihre eigenen Leute um? Warum hassen die uns? Warum sind das immer zweiundsiebzig Jungfrauen? Billys Hirn schaltet auf Autopilot, und seine Augen gehen auf Wanderschaft. Er entdeckt Lodis weiter hinten, der schwadroniert über Gott weiß was, und die Leute hören höflich entsetzt zu. Da ist auch Crack, der baggert gerade die Teenietochter von irgendjemandem an und kommt allem Anschein nach ziemlich gut voran, und da Sykes, kieferverkrampft, ins Leere starrend, und Albert, mit Mr und Mrs Norm gackernd. Billy dämmert, dass seine Kopfschmerzen auch rein psychisch sein könnten und sein Hirn ein nackter Affe, der eine Show abzieht wie der Gorilla in der Samsonite-Werbung.
    »... ein Ehrenkodex, der auf die angelsächsische Tradition zurückgeht, wir greifen ausschließlich an, wenn wir zuerst angegriffen werden. Wir sind keine Barbaren. Und wir haben ja wohl an Nine Eleven nicht angegriffen. Oder in Pearl Harbor, nebenbei bemerkt.«
    »Nein, Sir.« Billy kehrt in die Gesprächswelt zurück.
    »Aber wenn uns jemand angreift, dann gnade ihm Gott, hab ich recht?«
    »So könnte man es wohl sagen, ja, Sir.«
    »Ich meine, wenn Sie beschossen werden, sagen wir, Sie sindauf Patrouille, und irgendein Heckenschütze lässt ein paar Schüsse los, was machen Sie?«
    »Wir schlagen zurück mit allem, was wir haben, Sir.«
    Der Mann lächelt. »Na, mein ich doch.«
    Heh! Heh! Heh! Ein paar Leute bitten laut um Ruhe, ein Aufruf an alle, den Mund zu halten und zuzuhören, gleich wird das »Star-Spangled Banner« besungen. Alle wenden den Blick zum Spielfeld. Der Himmel hat sich verdunkelt, er ist jetzt sprengkapselgrau und überkront das lampionartig leuchtende Stadion wie eine trübe himmlische Brandblase. Alles Licht läuft am Boden zusammen und verdickt sich dort zu einer limonengrün schimmernden Sülze. An der Seitenlinie der Heimmannschaft treten die Sängerin und der Fahnenträger vor aus einer ganzen Legion Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Medienleute und VIPs, da steht auch die Equipage für eine ganze Zirkustournee. Es sieht aus wie eine antike Armee bei der Belagerung. Der Fahnenträger präsentiert die Flagge. Sofort nehmen die quer durch die Skybox versprengten Bravos Haltung an.

    Ohhh-oh, Ohhh-oh, Ohhh-oh, ballert das Echo durch die zerbeulten Hohlräume im Hirn, Ohhh-oh , als ob man am Eingang einer Höhle steht und zaghaft, hoffnungsvoll ins Dunkel ruft. Ohhh-oh , ist da jemand? Ohhh-oh, Ohhh-oh, Ohhh-oh. Dieser Schluckauf-Reggae-Dropbeat, Ohhh-oh , ein Pawlowscher Auslöser für das Explodieren von Dopaminbomben und Xylophontrillern, die ganze Wirbelsäule rauf und runter. Dann springt unter einem eine

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