Die irre Heldentour des Billy Lynn
Texaner.«
»Er ist ein Held«, bestätigt Norm und nimmt Billy fest in den Arm. »Deshalb trägt er den Silver Star. Und ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass er für die Medal of Honor vorgeschlagen war, aber irgendein Amtsschimmel im Pentagon hat das abgeschmettert.«
Missbilligendes Sirren und Surren läuft durch die Menge. Billy hofft, dass keiner der Bravos zuguckt, doch, da drüben steht Dime und zieht sich die Szene in aller Ruhe rein, und Albert lächelt Billy an, nein, er feixt, als ihre Blicke sich kreuzen, und damit weiß Billy Bescheid, welche zuverlässige Quelle gesprudelt hat. Sobald es geht, verabschiedet er sich und steuert die nächste Bar an. Einfach ganz normale Cola. Eine Minute später zwängt sich Dime neben ihn.
»Billy, tritt mir ja nicht weg.«
Billy schiebt das Kinn vor. »Das war Bockmist.«
»Was war Bockmist?« Beide murmeln kaum hörbar.
»Das. Der Medal-of-Honor-Mist.«
»Ach das. Billy, komm runter. Du bist jetzt ein amtlich beglaubigter Star.«
»Albert – «.
»Albert weiß, was er tut.«
»Woher hat der das überhaupt gewusst?«
»Von mir, du Torfkopp. Ist da Schnaps mit drin?«
»Nein.«
»Gut, ich möchte euch nämlich in der Halbzeit halbwegs nüchtern haben. Und kein Gelaber von wegen, mir hat kein Mensch gesagt, was wir tun sollen.«
Billy beugt sich über seine Cola. »Ist doch alles Bockmist.«
»Du bist aber ein Sensibelchen, Billy Sue.«
»Wieso haben Sie ihm das verdammt noch mal erzählt?«
Dime macht sich nicht die Mühe einer Antwort. Beide hängen über der Theke, mit dem Rücken zu den Leuten. Denn wenn sie sich umdrehen, werden sie sofort angequatscht.
»Kennst du den Alten da, mit dem du geredet hast?«
»Na ja, ja.«
»March Hawey.«
»Weiß ich schon.«
»Mr Patrouillenboot persönlich. Berühmt, der Typ.«
Billy guckt stur geradeaus. Er gönnt Dime nicht die Genugtuung zu erfahren, dass er das nicht wusste.
»Reicher als Gott, von vernetzt ganz zu schweigen. Also nimm dich zusammen in seiner Gegenwart.«
»Wieso zusammennehmen?«
»Weil, falls du das noch nicht mitgekriegt hast, das ein hochgradig parteiisches Land ist, in dem wir hier leben, Billy. DieseTypen sind clever, die wissen, wer der Feind ist. Die kann man nicht bluffen mit ein paar dusseligen Kriegsorden.«
Billy guckt auf seinen Brustkorb und sieht seine Orden jetzt in einem anderen, eventuell finsteren Licht.
»Ich bin nicht der Feind.«
»So-hooooo, meinst du? Das entscheiden die, nicht du. Die haben das Sagen, wenn’s darum geht, wer ein richtiger Amerikaner ist, Kerl.«
Billy nippt an der Cola. »Ich hab nicht die Absicht, mich ums Präsidentenamt zu bewerben, Sergeant.«
Dime nickt und betrachtet die Skyline der Schnapsflaschen hinter der Theke. »Willst du wissen, was mir mein alter Opa mal gesagt hat, Billy?«
»Was?«
»Mein Sohn, hat er gesagt, wenn du ein schönes Leben willst, achte auf dreierlei. Erstens, verdien einen Haufen Geld. Zweitens, zahl deine Steuern. Und drittens, halt dich raus aus der Politik.«
Und damit nimmt Dime sein Glas und geht. Billy versucht, diesen ruhigen Moment allein zu genießen, aber sofort donnern seine Kopfschmerzen in das Vakuum. Er überlegt, ob das Migräne sein kann – wie kriegt man denn so was raus? Migräne oder etwas noch Schlimmeres, etwas Tragisches, Fatales, ein Hirntumor, Krebs, ein Schlaganfall. Der arme Kerl. So jung gestorben. Und immer noch Jungfrau. Tragisch. Jedenfalls kleben diese Kopfschmerzen mittlerweise fast wie eine böse Familientradition an ihm, eine schreckliche, schmerzhafte Belastung, aber wer wäre man ohne die? Plötzlich rollt wieder Jubel und Applaus durch die Suite, und er denkt zu spät daran, sich nicht von der Theke wegzudrehen.
»Sie waren gerade auf dem Jumbotron!«, spricht ihn prompt eine Frau an, und Billy wird eine Sekunde lang mulmig – haben die ihn etwa über der Theke hängend gezeigt? –, dann merkt er, dass sie nur dieses American-Heroes-Insert wiederholt haben.
»Ich finde es wundervoll, dass Sie heute geehrt werden«, schwärmt die Frau.
»Danke«, sagt Billy.
»Ist doch bestimmt aufregend, durch das ganze Land zu fahren!«
»Und alles auf Kosten der Steuerzahler«, ergänzt jemand – ihr Mann? Und gluckst dazu, soll heißen, das war’n Witz. Haha.
»Ist nett«, sagt Billy. »War ein echtes Erlebnis. Wir haben viele nette Leute kennengelernt.«
»Was hat Sie denn am meisten beeindruckt?«, fragt die Frau. Sie ist altersmäßig undefinierbar, eine
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