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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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würden alle wegsacken und einschlafen. Einer der kellnernden Filipinos kommt vorbei und fragt, ob sie einen Wunsch hätten. Die Bravos gucken sich um, ob Dime irgendwo lauert, und da er das nicht tut, bestellen sie alle Bourbon-Cola. Billy stürzt den versehentlich angenommenen Cranberry-Wodka hinunter und beobachtet Faison mit verliebten Augen. Die frischen Drinks kommen. Und verdrängen immerhin das Kirchenartige. Die Cowboys schaffen es zweiundvierzig Yards in die Bears-Hälfte, müssen aber wieder sechzehn Yards zurück, weil Henson einen sack kassiert, und Billy ahnt allmählich, dass die Eroberung von Terrain, das man nicht kontrollieren kann, generell eine sinnlose Veranstaltung ist.
    »Sagt mir bitte , dass da kein Fusel drin ist«, gurrt es plötzlich. Die Bravos fahren hoch. Dime sackt in den Sitz neben Billy, um seinen Hals baumelt ein Fernglas.
    »Quasi null«, sagt A-bort. »Wir wollten uns gerade beschweren.«
    »Leute, wirklich, ich hatte gesagt – «.
    »Heh, Dime«, platzt Day dazwischen, »Mango sagt, Football ist langweilig.«
    »Was ? « Dime schießt sich sofort auf Mango ein. »Was für’n Scheiß soll das denn heißen, Football ist langweilig ? Football ist toll , Football ist ein Arsch tritt für jeden andern Sport, Football ist der verdammte Leuchtturm der Sportwelt. Was erzählst denn du, stehst du etwa auf Fußball ? Wo’n Haufen Schwuchteln in knappen Höschen und Kniestrümpfen rumrennen? Spielen neunzig Minuten lang, aber keiner macht je ein Tor , jawoll, klingt nach Superspaß,das Spiel der Wahl für Vegetativ-Komatöse, was? Aber schön , wenn du lieber FUSS ball sehen willst, Mango, verpiss dich einfach zurück nach MÄh- chi -koh.«
    »Ich wohne in Tucson«, antworte Mango milde. »Ich bin da sogar geboren, Sergeant. Das wissen Sie.«
    »Von mir aus kannst du aus Wieselschwanz, Idaho, sein. Football ist ein strategisches Spiel, da geht’s um Taktik , das ist was für den denkenden Mann und außerdem verdammt noch mal poetry in motion . Aber du bist offenbar zu bescheuert, um das würdigen zu können.«
    »Muss wohl so sein«, sagt Mango. »Man muss wohl ein Genie –.«
    »Halt die KLAPPE! Du bist ein hoffnungsloser Fall, Montoya, du bist eine Schande für die Sache. Möchte wetten, dass das so Flachwichser wie du waren, die Fort Alamo verloren haben.«
    Mango kichert. »Sergeant, ich glaube, Sie bringen da was durcheinander. Das waren die – «.
    »Klappe! Ich will nichts mehr hören von deinem schwulen Revisionistendreck, also halt einfach die Klappe .«
    Mango wartet ein paar Takte. »Gibt ja Leute, die sagen, wenn Alamo einen Hinterausgang gehabt hätte, wär Texas nie – «.
    »KLAPPE!«
    Die Bravos gackern wie ein Fähnlein Jungpfadfinder. Die Cowboys punten, aber es gibt eine Strafe, also noch mal von vorn, dann treten alle ab zum Fernseh-Timeout. Dime hat das Fernglas vor dem Gesicht.
    »Welche ist es?«, raunt er, wohl wissend, dass es um etwas Privates, nein, Heiliges geht.
    »Links«, antwortet Billy leise, »unten bei der Zwanzig. Rötlich blonde Haare.«
    Dime schwenkt nach links. Die Cheerleaderinnen führen einen Hip-Rock-Fanny-Bop auf, eine hübsche kleine Nummer zumZeitvertreib. Dime guckt eine Weile zu, dann streckt er, noch immer mit dem Fernglas vor den Augen, Billy seine Hand entgegen.
    »Gratuliere.«
    Sie schütteln sich die Hände.
    »’n Knaller, die Lady.«
    »Danke, Sergeant.«
    Dime beobachtet sie weiter.
    »Und du hast wirklich mit der rumgekramt?«
    »Hab ich. Ich schwör’s, Sergeant.«
    »Brauchst du nicht. Wie heißt sie?«
    »Faison.«
    »Vorne oder hinten?«
    »Äh, vorne.« Billy merkt jetzt erst, dass er ihren Nachnamen nicht weiß.
    »Puh.’dammt.« Dime kichert in sich hinein. »Jung-Billy hat ja Tiefen über Tiefen. Wer hätte das gedacht.«
    Als Dime geht, fragt Billy, ob er ihm das Fernglas leiht, und Dime legt ihm das Trageband um den Hals, schweigend und mit großer, feierlicher Geste, als ob er einen Olympiasieger kürt. Billy macht sich eine schöne Zeit mit dem Fernglas. Meistens hält er damit auf Faison, beobachtet ihre Tanzfiguren, das unermüdliche Pompon-Wedeln, das anmachende Armschlenkern fürs Publikum. Die Linsen zaubern aus der materiellen Welt eine seltsame, zarte Klarheit hervor, eine puppenstubenartige Feinheit von Textur und Detail. In ihrem Rahmen wirkt alles, was Faison macht, wie ein Wunder. Da, jetzt schwingt sie ihre Mähne wie ein Fohlen, und jetzt drückt sie träge ein Knie durch, tippt mit einer

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