Die Jäger des Roten Mondes
Nahrungsmitteln ausgelegt ges e hen hatte (und, wie er annahm, gab es Entsprechendes für nichtmenschliche Wesen), war ihm klar geworden, daß das ein weiterer Test war. Wenn die Jäger die Absicht hatten, i h nen jede Nacht zur Essenszeit Sicherheit zu gewähren, hätten sie nur für Essen gesorgt, das sofort verzehrt werden mußte. Wieder lasen sie die Intelligenteren und Wachsam e ren unter ihrer Beute heraus und versorgten sie mit Gel e genheiten – wenn sie intelligent genug waren, die Gelegenheiten zu e r greifen –, ihr Leben zu verlängern und vielleicht sogar sola n ge dem Gestelltwerden zu entgehen, bis die Jagd beendet war.
Ich habe nicht den Eindruck, daß sie es zu unseren Gu n sten tun, dachte Dane, oder auch nur aus einem übertrieb e nen Sinn für Fairneß heraus. Sie wollen die Jagd verlängern – uns länger nachpirschen. Und wenn wir ihnen wirklich zu einem schönen Jagderlebnis verhelfen, macht es ihnen nichts aus, einen oder zwei von uns laufen zu lassen.
Seine Gedanken machten einen Sprung. Wenn ich uns a l le fünf durchbringen könnte … Nein. Das war zu weit voraus gedacht. Er mußte sich darauf konzentrieren, den Tag zu überleben – durch diese Nacht zu kommen.
Er sah, wie Dallith ihren Umhang um sich wickelte und das Säckchen mit getrockneten Früchten und Nüssen vorn in ihrer Tunika befestigte. Sie hatte ihr Haar zu einem einzigen langen Zopf geflochten. Er trat neben sie und sagte ruhig: » Hast du eine Haarnadel oder irgend etwas anderes, um das Haar auf deinem Kopf festzustecken? So wie es jetzt heru n terhängt, wird jeder, der dich verfolgt, finden, daß dieser Zopf gerade richtig ist, um dich daran festzuhalten. «
Sie lächelte unentschlossen. » Ich habe nie daran gedacht. Man vergißt so etwas. Ich werde ihn abschneiden, wenn du willst. «
Er berührte ihn mit der Spitze seines Fingers, eine sanfte, bedauernde Berührung. » Es ist wundervolles Haar «, sagte er und, einem plötzlichen Impuls folgend, küßte er die feinen Spitzen des Zopfes. » Aber wenn wir überleben, wird es wieder wachsen, und ich würde mich wohler fühlen, wenn du keine … Haltegriffe hättest, an denen man dich leicht festhalten kann. «
Sie zog ihr Messer aus der leichten ledernen Scheide. Mit einer raschen Bewegung trennte sie die helle Flechte ab und ließ sie zu Boden fallen. Sie lächelte ihn an und ging davon. Dane blieb noch einen Augenblick stehen und sah ihr nach. Dann bückte er sich aus einer seltsamen Laune heraus und hob den langen, seidigen Zopf auf. Er lag fein und weich und elastisch in seiner Hand. Er rollte ihn zusammen und befestigte ihn in seiner Tunika auf der Haut. Ein Gunstb e weis meiner Dame, dachte er.
Als er sah, daß die anderen gegürtet und bereit waren, gab er ihnen ein Zeichen und führte seine kleine Gruppe in die Dunkelheit hinaus. Lange bevor die Welt der Jäger im Zenit stand, waren die gelben Lichter des neutralen Gebietes zu einem Blinken verblaßt und verschwanden dann weit hinter ihnen.
Sie schliefen noch einmal abwechselnd ein paar Stunden in einer Senke zwischen den Hügeln versteckt. Bei Tage s anbruch gingen sie weiter durch die Vorberge, ungefähr in Richtung auf die Ruinenstadt zu. Einmal, kurz nachdem es hell geworden war, hörten sie von weit her ein scharfes Kli r ren wie von Schwertern und Schildern und ein hohes, he u lendes Gebrüll: einen Todesschrei. Aber der Schrei wurde immer leiser, bis die Landschaft wieder still war, so still wie der Tod.
So still wie der Tod. So still wie all die Toten, die sie g e sehen hat. Wie wahr diese alten Klischees doch sein kö n nen …
Es war wieder später Nachmittag, als sie einen lang g e streckten, mit Felsen übersäten Berg erreichten, wo sie Rast machten, um einige Bissen zu essen und von einem Wasse r lauf zu trinken, der die felsigen Klippen herunterfloß.
Es war die Ungewißheit und die Erregung, die ihn ve r rückt machte, stellte Dane fest. Niemand konnte es ausha l ten, den Bogen für endlose Tage in voller Spannung zu ha l ten. Das Spiel war also manipuliert, und zwar zugunsten der Jäger manipuliert, dachte er, denn sie konnten ihr Wild b e schleichen, es ermüden und es dann in aller Ruhe angreifen. Sie konnten sich gefahrlos ausruhen; es war unwahrschei n lich, daß die Gejagten unerwartet über sie herfallen oder sie überrumpeln könnten. Rianna, die auf etwas herumkaute, was wie Streifen getrockneten Pökelfleisches aussah, es aber sicher nicht war, sagte zu Dane: » Wenn ich das
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