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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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berichtete, die Stadt sei ruhig, und es gäbe keine Spuren von fremden Wesen in der Nähe. Er gestattete es sich kaum zu hoffen, sie seien hier in Sicherheit, aber vielleicht war dies ein verbotener Ort für die Jäger, ein unbezeichneter, sicherer Punkt in diesem verrückten Spiel, der für die anderen vielleicht tabu war.
    Später ging er hinaus, um einen vorsichtigen Blick von den Mauern hinunterzuwerfen. Wenn sich Jäger der Stadt näherten, konnte er sie vielleicht von hier kommen sehen. Er ließ die Frauen mit Aratak zurück, ging vorsichtig um das Brunnenviereck herum und stieg dann eine lange, breite Straße hinauf, die sich zwischen Ruinen und teilweise eingefallenen Gebäuden entlangwand.
    Das merkwürdigste war für Dane, wie wenig fremd ihm diese Stadt erschien. Es schien ihm nicht fremdartiger, nicht entfernter als damals, als er durch Stonehenge gelaufen war, oder als die Nacht, die er im Tal der Könige verbracht hatte, bevor es für den großen Damm überflutet wurde. Jene Stätten waren durch die Zeit von ihm entfernt; diese Stadt nur durch den Raum. Aber hier waren unverwechselbar Häuser, und was machte es schon für einen Unterschied, welche Art die Geschöpfe gewesen waren, die sie erbaut hatten? Protosimianer, Protofelinen, Protosaurier – oder welche seltsamen Rassen auch immer – hatten hier gelebt und gelitten und sich gefreut und waren dann gestorben, und nicht nur die menschliche Natur, sondern auch das, was Aratak die Allumfassende Weisheit nannte, änderte sich nie … Dane bemerkte plötzlich, daß er unbewußt die Hand an sein Schwert gelegt hatte. Welches Geräusch, jenseits der Schwelle seines normalen Bewußtseins, hatte seine Aufmerksamkeit erregt? Es war leise, wie von einer Katze, die zwischen Steinen herumstreicht.
    Ein dunkler Schatten schoß am Rande seines Gesichtsfeldes vorbei und fiel ihn von hinten an; aber Dane hielt sein Samuraischwert bereit. Er wirbelte herum, schlug zu und sah erst jetzt den zusammenbrechenden, zuckenden Körper eines Mekhar, der, halb in der Mitte gespalten, hinfiel und reglos liegen blieb.
    Dane sah ihn mit einem leichten Gefühl von Bedauern an, als er sein Schwert zurücksteckte. Kein Jäger also. Sie sind nicht so leicht zu töten.
    Aber offensichtlich war etwas hinter dem Mekhar her, und wenn es ihn verfolgte, würde es ihm nichts ausmachen, ein bißchen die Richtung zu wechseln und Dane statt dessen zu töten. Oder vielleicht jagten sie auch Dane und hatten den Mekhar dabei aus seinem Versteck vertrieben.
    Oder vielleicht hatte der arme Teufel sogar gedacht, hier sei ein gutes Versteck, und hatte Dane für einen Jäger gehalten? Aber wenn es hier Jäger gibt, die entweder hinter ihm oder hinter uns herschleichen, sollten wir lieber einen sicheren Platz suchen, um einen guten Stand zu haben. Dieses Gebäude, in dem ich die Frauen zurückgelassen habe, ist nicht sicher.
    Dane drehte sich um und wollte gerade zurückgehen, als er den halb erwarteten schrillen Aufschrei Dalliths hörte.
    Er fiel in Laufschritt, sprang in langen Sätzen durch die ziegelgepflasterte Straße, hastete über die zerbrochenen Steine. Das Schwert hatte er wieder gezogen; er eilte vom Ende der Straße auf den Brunnenplatz zu und sah sie. Und am gegenüberliegenden Rand des Brunnens, wo das fließende Wasser noch von der zerbrochenen Einfassung tröpfelte, stand schwankend ein Mann, wie er selbst in eine ziegelrote Tunika gekleidet, und fiel mit blutüberströmten Gesicht zu Boden. Aber Danes erste Sorge galt ihr.
    Sie stand mit der leeren Schleuder in der Hand, und auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck blanken Entsetzens; aber als sie Dane sah, stieß sie einen Schrei der Erleichterung aus und warf sich weinend in seine Arme.
    »Es war nicht dein Körper … oh, Dane, Dane, ich hatte Angst, ich hätte auch dich getötet …« Er konnte ihre Worte durch ihr wildes, unkontrolliertes Schluchzen kaum verstehen.
    »Erzähl es mir, Liebling«, drängte er und hielt sie dicht an sich gedrückt. Dann ließ er sie los und fuhr herum, das Schwert wieder in der Hand, und stieß sie heftig von sich, weil er ein plötzliches Geräusch hörte; aber es waren nur Aratak, der mit erhobener Keule müde in den Hof kam, und Rianna, die an seiner Seite hing und sich auf den Speer stützte, den sie dem Spinnenmann abgenommen hatten.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Dallith zu, die sich erschrocken an ihn preßte.
    Wenn sie anfängt aufzugeben, dachte er, sind wir sicher alle so gut wie tot.

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