Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)
gerichtet war. Länger als eine Millisekunde konnte er den schwarzen Augen von Pater Michael nicht standhalten.
„Das heißt, er könnte auch nein sagen?“, fragte der Pater neben mir.
Mister Meyers nickte und kratzte sich am Kinn. Er ähnelte dabei so sehr jemand anderem, der in dem Mittelschiff stand, dass ich zweimal hinschauen musste. Es war mir bis dahin noch nie aufgefallen.
„Ganz richtig. Er könnte den Artikel auch ablehnen.“
„Das ist aber nicht gut! Wenn er nicht sein Okay gibt und die Sache nicht gedruckt wird, können die Menschen da draußen nicht gewarnt werden! Dann war alles hier umsonst!“, warf ich aufgebracht ein. Ich hatte an diese letzte Hürde nicht gedacht, und es zerriss mir fast das Herz, dass ich so dumm gewesen war. Mein Gesicht verzog sich vor Anstrengung, als ich nachdachte. Nervös kaute ich auf meinen Lippen herum.
Mister Meyers lehnte sich ein Stück zu mir hinunter und sah mich eindringlich an. „Miss Pearce, machen Sie sich nicht so viele Gedanken. Ich habe Ihre Geschichte gehört und habe selbst miterlebt, gegen was Sie in unserer Stadt ankämpfen. Ich glaube Ihnen jedes Wort! Ich bin auf Ihrer Seite, und ich werde alles versuchen, dass diese Geschichte veröffentlicht wird!“
Ich war total baff! Seine kleine Rede erstaunte mich einfach schier. Ich konnte nur dankbar nicken für seine Unterstützung und hoffte inständig, dass er es schaffte, seinen Boss zu überzeugen.
„Und Sie müssen dann nur noch hoffen, dass die Menschen Ihre Warnung für bare Münze nehmen und sich selbst um ihre Sicherheit kümmern,“ fügte er hinzu und zwinkerte mir zu.
Verblüfft sah ich ihn an. „Tss! Das ist wohl das Einfachste an dieser ganzen Sache,“ dachte ich sarkastisch.
Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er sich mit Schwung seinen Hut auf die ungegelten Haare setzte und in seinen Mantel schlüpfte.
„Wir hatten so unsere Startschwierigkeiten, aber solche Dinge ändern sich,“ begann ich zu sagen, bevor er verschwand. Verwundert blickte er mich unter seiner Hutkrempe an. „Und wenn Sie es mir erlauben zu sagen, Mister Meyers. Aber ich sehe Sie nun als einen Freund an,“ fügte ich hinzu. Ich spürte, wie sich Pater Michael neben mir versteifte. Meine Worte gefielen ihm nicht.
„Das sehe ich genauso, Miss Pearce,“ erwiderte der Reporter. „Und ich wünsche Ihnen nur das Beste. Ich hoffe es geht alles gut mit ihm….oder ihr? Wissen Sie eigentlich was es wird?“ Fragend blickte er auf meinen Bauch hinunter.
Ich zuckte mit den Schultern, als wüsste ich von nichts. Aber ein schelmisches Grinsen konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.
„Sie sagt es nicht einmal mir,“ bemerkte Pater Michael.
Ich blickte zu ihm auf und sah, dass er einen beleidigten Flunsch zog.
„Wenn du mich lieb hättest, würdest du es mir sagen,“ meinte er.
Meine Augen wurden groß und größer. Und mein Mund schnappte auf und zu, weil ich so fassungslos darüber war, dass er meinen Spruch gegen mich verwendete. Ich sah ihn grimmig an und beantwortete seine Bemerkung, indem ich ihm die Zunge rausstreckte.
Das laute Lachen des Reporters beendete unsere Neckereien, und wir sahen ihn verblüfft an. „Wie normal doch alles zu sein scheint,“ sagte er mit einem Zwinkern. Er streckte mir die Hand entgegen, um sich endgültig zu verabschieden.
„Alles Gute, Mister Meyers,“ sagte ich und drückte seine Hand.
Er lächelte mich ein letztes Mal an und wandte sich dann zum Pater. Es erstaunte mich, dass dieser die Hand des Reporters tatsächlich ergriff. Ich hatte eher gedacht, dass er sich weigern würde. Aber es geschehen eben doch noch Zeichen und Wunder!
Ein unangenehmes Quietschen ertönte, verursacht von den Absätzen seiner Schuhe, als sich der Mann in Hut und Mantel umdrehte. Mit einer gepfiffenen Melodie schlenderte er durch das Mittelschiff auf das Portal zu und verschwand.
Wer wusste schon, ob wir uns jemals wiedersehen würden…
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