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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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erneut zu Boden. Der Tritt riss ihr alle Luft aus den Lungen. Keuchend vor Schmerz und um Atem ringend blieb Alexandra liegen. Dunkelheit senkte sich über sie. Sie blinzelte heftig und kämpfte gegen die näher rückende Bewusstlosigkeit an. Über ihr ragte eine Gestalt auf. Sie kniff die Augen zusammen. Langsam ließ sich die Ohnmacht zurückdrängen. Nur allmählich klärte sich ihre Sicht. Da erblickte sie über sich das Gesicht jenes Mannes, mit dem sie vor wenigen Stunden im Pub in der Chambers Street zusammengestoßen war. Dieses Mal jedoch fehlte die Freundlichkeit in seinen Zügen. Knurrend und mit gebleckten Fangzähnen starrte er ihr entgegen. Sein Anblick überraschte sie so sehr, dass sie all ihre Erfahrung vergaß. Sie konnte nichts weiter tun, als ihn anzustarren. Vampyre jagten allein! Wie hätte sie damit rechnen können, dass es diesmal anders sein sollte?
    Nur langsam erlangte sie wieder die Kontrolle über ihren Verstand. Er befand sich noch immer über ihr, jeden Muskel in seinem Körper gespannt. Er war bereit anzugreifen, doch warum tat er es nicht? Langsam wanderten ihre Augen an ihm vorbei. Die Vampyrin hinter ihm hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Alexandras Augen kehrten, auf der Suche nach ihrer Waffe, zum Boden zurück. Diesmal würde ihr der zweite Lauf nicht helfen. Die Pistole lag keine sechs Fuß von ihr entfernt in einer Pfütze. Wenn es ihr jedoch gelang, den Silberdolch zu ziehen … Der Vampyr war zu stark, als dass sie ohne Schusswaffe gegen ihn ankommen könnte. Ihre einzige Hoffnung bestand darin, ihn sich lang genug vom Leib zu halten, um zu fliehen. Wenn sie mit den beiden fertig werden wollte, brauchte sie die Hilfe der Jäger.
    Noch immer auf dem Rücken liegend begann sie rückwärts zu kriechen. Der Vampyr rührte sich nicht. Lediglich seine Augen folgten ihr, während sie sich Zoll um Zoll über das nasse Pflaster zurückzog. Er knurrte leise. Warum greift er mich nicht an! Sobald sie zwei Meter zwischen sich und ihn gebracht hatte, packte sie die Pistole und sprang auf die Beine. Hastig machte sie kehrt und rannte davon.

6
    Daeron stand noch immer an der Stelle, an der die Jägerin zuvor zu Boden gegangen war, und starrte die Gasse entlang, während sie in die Dunkelheit flüchtete. Welch leichte Beute sie gewesen wäre. Für einen Moment hatte er tatsächlich Mühe gehabt, seine Instinkte zu beherrschen. In dem Augenblick, als er gesehen hatte, in welcher Gefahr Catherine schwebte, hätte er die Jägerin um ein Haar getötet. Doch er hatte die Oberhand über die Kreatur in sich behalten. Nun, da sie fort war, zogen sich seine spitzen Eckzähne langsam zurück. Das leise Knurren, das seiner Kehle entstiegen war, verklang. Er hatte sein menschliches Ich zurückgewonnen. Nachdem er sich noch einmal davon überzeugt hatte, dass die Jägerin tatsächlich fort war, war es an der Zeit, sich dem zu stellen, vor dem er sich mehr fürchtete als vor einem Kampf mit ihren Begleitern. Langsam wandte er sich Catherine zu. Sie stand vor der Wand und starrte ihn aus großen Augen an.
    Lange Zeit konnte Daeron ebenfalls nichts anderes tun, als sie anzusehen. Schrecken zeichnete ihre Züge und das intensive Grau ihrer Augen wirkte weit weniger strahlend, als er es in Erinnerung hatte. Davon abgesehen hatte sie sich äußerlich nicht verändert. Wovor er sich jedoch weit mehr fürchtete, waren jene Veränderungen, die er nicht zu sehen vermochte. Ein Wandel, der sich in ihrem Innersten vollzogen und sie letztlich von ihm fortgetrieben hatte. Er war erleichtert, dass er rechtzeitig hier gewesen war, um den tödlichen Schuss zu verhindern. Nach dem Abend im Pub war er zu der Adresse gegangen, die Frayne ihm genannt hatte. Er hatte schnell herausgefunden, dass Catherine nicht dort war. In einer Seitengasse hatte er auf ihre Rückkehr gewartet. Dann war sie endlich gekommen. Am Ende der Straße hatte sie innegehalten und sich umgesehen. Plötzlich hatte sie kehrtgemacht und war in einer Seitengasse verschwunden. Daeron war ihr gefolgt. Das Wissen um die Jäger, die sich in der Stadt aufhielten, erfüllte ihn mit Sorge. Für eine Weile hatte er Catherine aus den Augen verloren, und als er sie endlich wieder gefunden hatte, war es beinahe zu spät gewesen.
    Während der vergangenen Jahre hatte er sich jeden Tag überlegt, was er ihr sagen würde. Er hatte sich Worte zurechtgelegt, die ausdrücken sollten, wie sehr er sie liebte und wie glücklich er war, sie wieder bei sich zu haben. Jetzt,

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