Die Jaegerin
hing. Sein Blick folgte der Treppe nach unten. Die ersten Stufen hoben sich in lichtem Grau von der Dunkelheit ab. Weiter unten jedoch versank der Keller in vollkommener Schwärze. Dort war die Finsternis so absolut, dass nicht einmal er es vermochte, etwas zu erkennen. Daeron griff nach der Lampe und entzündete sie. Dann folgte er den engen Stufen nach unten. Der Keller war niedrig und erfüllt von modriger Feuchtigkeit. Am Fuße der Treppe wandte er sich nach links und folgte dem engen Gang, ehe er vor einer Tür innehielt. Er drückte die Klinke, schob die Tür auf und trat in den Raum. Ein starker Geruch nach Tier und Exkrementen schlug ihm entgegen.
Er stellte die Lampe und das Glas auf einen kleinen Tisch neben der Tür und sah sich um. Aus einem Käfig am anderen Ende des Raumes blickte ihm ein Wolfshund entgegen. Daeron hatte ihn einen Tag nach seiner Ankunft in einer Seitengasse entdeckt. Eine unbestimmte Ahnung hatte ihn dazu verleitet, das herrenlose Tier mitzunehmen. Womöglich würde ihm der Hund eines Tages von Nutzen sein. Dass dieser Tag so schnell kommen könnte, hatte er nicht geahnt.
Daeron griff nach einer Spritze, die auf dem Tisch bereitlag, und ging zum Käfig. Als er näher kam, begann das Tier zu knurren. Ein tiefes Grollen, das geradewegs aus seiner Kehle aufstieg. Daeron blieb vor dem Käfig stehen und sah dem Hund fest in die Augen. Schlagartig verstummte er.
»So ist es gut.« Daeron gab sich Mühe, seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen. »Und jetzt komm her.« Tatsächlich kam das Tier auf ihn zu. In seinen Augen lagen weder Furcht noch Feindseligkeit. Vielmehr war es ein Ausdruck treuer Ergebenheit, die jedoch nichts mit dem natürlichen Wesen des Tiers zu tun hatte. Daeron entriegelte die Tür des Zwingers und öffnete sie, ohne seine Augen von denen des Hundes zu nehmen. Beinahe bedächtig kam das Tier aus seinem Gefängnis. Begleitet von einem leisen Winseln legte es sich vor Daeron auf die Seite. Macht über Tiere zu haben und sie einzig und allein durch seinen Blick zu lenken, war eine der Fähigkeiten, die Daeron am meisten faszinierte.
Er tätschelte dem liegenden Hund die Flanke. »Jetzt wirst du dich für mich als nützlich erweisen.« Mit den Fingerspitzen tastete er über den Hals des Tieres, bis er eine große Ader fand. Dann setzte er die Spritze an und stieß sie hinein. Vorsichtig zog er sie auf und füllte sie mit dem Blut des Hundes. Das Tier lag während der ganzen Prozedur ruhig, die Augen weiterhin von Daerons Blick gefangen. Als Daeron die gefüllte Spritze zurückzog, nahm er seine Hand von der Flanke des Hundes und ließ ihn aufstehen. Widerstandslos kehrte das Tier in seinen Käfig zurück. Daeron verriegelte die Tür, erhob sich und ging mit der Spritze zum Tisch zurück, wo er ihren Inhalt in das Kristallglas füllte.
Mit dem Glas in der einen und der Lampe in der anderen Hand verließ Daeron den Keller und ging wieder nach oben. Auf dem oberen Treppenabsatz angekommen löschte er die Lampe und hängte sie wieder an den Haken. Dann kehrte er in den Salon zurück.
Catherine stand vor dem Fenster. Sie hatte den schweren Vorhang ein Stück zur Seite gezogen und blickte nach draußen. Als er eintrat, wandte sie sich um. Ihre Augen hefteten sich auf das Glas in seinen Händen. Ihr war anzusehen, dass sie roch, was sich darin befand. Daeron trat zu ihr und hielt ihr das Glas mit dem noch warmen Blut entgegen. Er sah den Hunger in ihren Augen, trotzdem griff sie nicht danach. Da nahm er ihre Hände und schloss sie um das Gefäß. Sie wollte zurückweichen, doch er hielt ihre Finger umschlossen, sodass sie nicht auskonnte.
»Das ist Tierblut«, erklärte er, um ihr die Angst zu nehmen, er könne einen Menschen getötet haben. Tatsächlich veränderten sich ihre Züge. Erstaunen machte sich dort breit, wo er eben noch Furcht erblickt hatte. Als wäre sie noch nie auf den Gedanken gekommen, sich von Tieren zu ernähren. Womöglich war sie das auch nicht. Wieder erinnerte er sich an die Schlagzeile des Evening Courant . Was hatte sie ausgerechnet dort zu suchen gehabt, wo sich die Morde ereignet hatten? Daeron verdrängte alle Gedanken an den Wahnsinnigen Schlächter und verschob seine Fragen auf einen späteren Zeitpunkt.
»Trink«, sagte er, als sie noch immer keine Anstalten machte, das Glas zu heben. »Es wird dich stärken.«
Endlich setzte sie das Glas an die Lippen. Zunächst nippte sie nur daran, doch in dem Augenblick, als das Blut ihre
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