Die Jaegerin
Zunge berührte, verlor sie ihre Zurückhaltung und leerte das Glas mit gierigen Schlucken. Danach senkte sie den Blick. »Ich hasse mich dafür«, sagte sie leise.
Daeron nahm ihr das Glas ab und stellte es auf einen Beistelltisch, ohne dabei die Augen von Catherine zu nehmen. »Nach all den Jahren hast du dich noch immer nicht damit abgefunden?«
Sie sah ruckartig auf. Das Tierblut hatte wieder ein wenig Farbe in ihre Wangen gebracht. »Wie soll ich mich je damit abfinden, ein blutgieriges Monster zu sein?«
»Aber du bist kein Monster. Wir sind keine Monster. Wir sind nur anders. Das gibt uns so viele Möglichkeiten.«
»Ach ja?«, erwiderte sie beißend. »Welche? Nachts das Leben Unschuldiger auszulöschen, indem wir ihr Blut trinken?«
»Es gibt andere Wege, zu überleben.« Plötzlich fragte er sich, wie viele Menschen sie in den vergangenen Jahren getötet haben mochte. Er streifte die Frage ab. Jetzt war sie wieder bei ihm. Was auch immer sie während der letzten Jahre getan haben mochte, lag nun hinter ihr. »Wir können unsere Sinne und unsere Fähigkeiten einsetzen, um Gutes zu tun. Warum kannst du das nicht sehen?«
»Weil ich mich im Gegensatz zu dir nicht selbst belüge!« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist besser, wenn ich jetzt gehe.« Sie wollte an ihm vorbei, doch Daeron hielt sie am Arm zurück. Catherine versuchte seine Hand abzuschütteln. »Bitte, Daeron, lass mich gehen!«
Er zog sie näher an sich heran. »Als ich damals in Dun Domhainn dein Blut in meinen Mund rinnen spürte und die Umwandlung einsetzte, war ich außer mir«, bekannte er. »Ich dachte, ich würde mich verlieren und zu einer Kreatur des Bösen werden. Aber es hat sich nichts verändert. Nicht in mir. Mein Herz schlägt nicht mehr und ich fülle meine Lungen nicht länger mit Atem. Auch meine Haut mag sich kalt und leblos anfühlen. Doch das ist die einzige Veränderung. Meine Gedanken, meine Gefühle und meine Wertvorstellungen sind noch immer dieselben. Nur dass ich jetzt um ein Vielfaches stärker bin.«
»Aber ich habe dir dein Leben genommen«, presste sie mit erstickter Stimme hervor.
»Du bist noch immer die Frau, die ich liebe!«
»Du liebst mich nicht!« Ihre Stimme bebte. »Das kannst du nicht! Nicht nach allem, was ich dir angetan habe!«
Tief in seinem Inneren hatte er immer geahnt, dass das der Grund war, warum sie ihn verlassen hatte. Dennoch war er erleichtert, dass sie es endlich aussprach. »Ich habe dich immer geliebt. Nichts, was du tust oder sagst, wird daran jemals etwas ändern.«
»Aber ich habe –«
Daeron legte ihr einen Finger auf die Lippen und brachte sie zum Schweigen. »Ohne dich wäre ich in jener Nacht gestorben. Du hast mir die Möglichkeit gegeben, auch weiterhin bei dir zu sein. Du musst mich nur lassen!« Er legte ihr eine Hand auf die Wange und zwang sie ihn anzusehen. »Hör auf, dich zu quälen, Catherine. Du hast weder einen Fluch über mich gebracht noch hast du mir etwas Schreckliches angetan.«
»Aber … ich …« Sie schüttelte hilflos den Kopf und streifte seine Hand von ihrer Wange. Ihre Finger zitterten. »Warum bist du hier?«
»Deinetwegen.«
Sie runzelte die Stirn. »Wie konntest du wissen, dass ich hier sein würde?«
»Verflucht, Catherine! Denkst du etwa, ich hätte nicht nach dir gesucht?«
»Fünf Jahre lang?«
»Und wenn es nötig gewesen wäre, noch länger!«, entgegnete er schärfer als beabsichtigt. Er wollte ihr nichts erklären. Nicht jetzt. Alles, was er sich wünschte, war, sie endlich in seine Arme zu ziehen. »Ich habe dich vermisst, Catherine. Jeden verdammten Tag! Himmel! Warum bist du einfach davongelaufen?«
»Ich hätte deinen Hass nicht ertragen«, gab sie leise zurück.
»Aber ich hasse dich doch gar nicht!«
»Jetzt weiß ich das. Aber damals … Ich dachte …«
Er griff einmal mehr nach ihrer Hand. »Du hast dich geirrt.« Nachdem er sich so lange nach ihr gesehnt hatte, fiel es ihm schwer, noch länger die Distanz zu wahren. Sein Daumen strich über ihren Handrücken. Ihr Blick hing an seinen Augen. Da hob er erneut die Hand und strich über ihre Wange, dann vergrub er seine Finger in ihrem Haar und zog sie an sich. Sie zitterte, doch sie stieß ihn nicht von sich. »Ich habe dir einmal gesagt, dass uns noch alle Zeit der Welt bleiben würde, um zusammen zu sein«, flüsterte er. »Lange Zeit fürchtete ich, ich hätte unrecht gehabt. Jetzt jedoch …«
Catherine hob den Kopf und sah ihn an. Tränen schwammen in ihren Augen.
Weitere Kostenlose Bücher