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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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dem Gesicht nach unten zur Hälfte im Wasser lag.
    »Bei Gott!« Auf Händen und Knien kroch sie zu ihm. Obwohl sie sicher war, dass er nicht mehr lebte, griff sie nach seiner Schulter. Unter dem nassen Hemd fühlte sich sein Leib kalt an.
    »Können Sie mich hören?«, fragte sie und schüttelte ihn. Als er sich nicht rührte, drehte sie ihn herum. Wie ein nasser Sack fiel er auf den Rücken und blieb liegen, die schreckensstarren Züge in den Himmel gerichtet. Es bestand kein Zweifel: Dies war der Mann aus der Gasse.
    Du willst ihn! Hol ihn dir!
    Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen, war sie ihm gefolgt. Sie erinnerte sich an den dunklen Hausgang und den Schrecken in seinen Zügen, der Erleichterung Platz gemacht hatte, als er sie erkannte. Die Erleichterung war erst aus seinen Augen gewichen, als sie ihre Fänge in seinen Hals geschlagen hatte. Entsetzt riss Catherine ihre Hand zurück und sprang auf. Erfüllt von der schrecklichen Gewissheit, dass sie ihn, ebenso wie William Swann, umgebracht hatte, stolperte sie durch den Uferschlamm davon.
     
    *
     
    Sie hatte getötet! Beseelt von diesem einzigen Gedanken hastete Catherine durch die Nacht. Sie achtete nicht auf die Häuser und Gassen, die an ihr vorüberflogen, achtete nicht darauf, welchen Weg sie einschlug und welcher Abzweigung sie folgte. Panik und Entsetzen lenkten ihren Schritt – und führten sie zurück in die Clyde Street.
    Als sie das Haus erreichte, riss sie die Tür auf und stürmte die Treppen hinauf. Aus dem Salon vernahm sie Daerons Stimme. Er rief ihren Namen, doch Catherine antwortete nicht. Ohne innezuhalten, hetzte sie den Gang entlang ins Schlafzimmer und verriegelte die Tür hinter sich. Wie viel Zeit blieb ihr, bis Daeron nach ihr sehen würde? Hastig befreite sie sich aus ihrem schmutzigen, nassen Kleid und ließ es achtlos fallen. Nur noch mit ihrem Untergewand bekleidet ging sie zum Waschtisch, füllte die Schüssel mit Wasser und tauchte ihre Hände hinein. Rote Schlieren kräuselten sich auf der einstmals klaren Oberfläche. Ein nicht zu leugnendes Zeugnis für das, was sie getan hatte. Plötzlich begann sie so heftig zu zittern, dass die Waschschüssel bedenklich ins Wanken geriet. Hastig zog sie ihre Hände zurück. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf und kroch über ihre Lippen. Catherine vergrub das Gesicht in den Händen und ließ sich vor der Wand zu Boden sinken. In der Ecke zwischen Waschtisch und Kleiderschrank zusammengekauert ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Ein beständiges Rauschen und Dröhnen erfüllte ihren Verstand und breitete sich mehr und mehr aus. Dann spürte sie einen kräftigen Druck an ihren Oberarmen. Jemand schüttelte sie leicht.
    »Catherine!«
    Als sie Daerons Stimme vernahm, hob sie den Kopf. Es dauerte einen Moment, bis sie seine Züge hinter dem Tränenschleier erkannte. Er musste die Tür aufgebrochen haben. Jetzt kniete er vor ihr und hielt sie an den Armen. Eine steile Sorgenfalte verlief quer über seine Stirn. »Bist du verletzt?«
    Catherine blinzelte verwirrt. Dann fiel ihr Blick auf das mit Blut besudelte Kleid, das hinter ihm auf dem Boden lag. Dachte er wirklich …? Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin tot, Daeron«, erwiderte sie mit tränenerstickter Stimme. »Ich kann mich nicht verletzen. Aber ich kann anderen Schaden zufügen.« Vergebens kämpfte sie gegen die Tränen an und versuchte sich zu beruhigen. »Bei Gott, Daeron, ich bin es«, platzte es aus ihr heraus. »Ich habe es getan!« Sie sah die Sorge und die Verwirrung in seinem Blick und wollte ihm erklären, was geschehen war, doch das Schluchzen erstickte jeden weiteren Laut. Während sie noch um ihre Fassung rang, ließ Daeron sich neben ihr nieder und zog sie in seine Arme.
    »Schschsch«, sagte er leise und strich ihr übers Haar. »Beruhige dich erst einmal und dann erzähl mir, was geschehen ist.« Einige Zeit saßen sie nur da. Obwohl es ihm schwerfallen musste, stellte Daeron keine Fragen, strich ihr nur immer wieder über Haar, Rücken und Schultern, bis sie sich allmählich beruhigte.
    »Ich habe es schon einmal getan«, begann Catherine nach langer Zeit. »In London.« Sie befreite sich aus seinen Armen und setzte sich auf. Mit leisen Worten berichtete sie, wie sie damals die Familie gejagt hatte. Wie es war, in ihrem eigenen Körper eingesperrt zu sein und hilflos miterleben zu müssen, wie die Kreatur die Kontrolle übernahm. Den Mord zu sehen und zu spüren, ohne ihn verhindern zu können.
    Als

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