Die Jaegerin
sie geendet hatte, schüttelte Daeron den Kopf. »Das warst nicht du . Es war nicht deine Schuld!«
»Ich hätte die Kreatur beherrschen müssen!« Catherine zog die Beine an den Körper und schlang ihre Arme um die Knie. Sie zitterte noch immer. »Ich hätte dafür sorgen müssen, dass es nie wieder geschieht.« Ihre Worte ließen Daeron aufsehen, doch ehe er etwas sagen konnte, fuhr sie fort. »Lange Zeit hatte ich die Kraft, die Kreatur in mir zu beherrschen. Doch dann … seit ich hier bin … Ich habe es wieder getan, Daeron!« Mit hastigen, abgehackten Sätzen berichtete sie davon, was sie anfangs für Albträume gehalten hatte und was letztlich im Tod der beiden Männer gegipfelt war. Sie wusste weder, wie sie zum Nor’ Loch gekommen war, noch, warum sie das Bewusstsein verloren hatte. Alles, was zählte, war, dass sie getötet hatte! »Ich dachte, es wäre nur ein schlimmer Traum gewesen, doch am nächsten Tag erfuhr ich, dass ein Mann namens William ermordet worden war. Und heute Nacht … Daeron, ich bin es! Ich habe all diese Menschen ermordet!«
Daeron sagte kein Wort. Er saß regungslos neben ihr und blickte mit versteinerter Miene auf ihr blutiges Kleid. Es hätte Catherine weniger geschmerzt, wenn er seine Abscheu offen gezeigt hätte. Die starre Maske, die jetzt über seinen Zügen lag, ließ ihn wie einen Fremden erscheinen. Er mochte ihr vergeben haben, dass sie ihn zum Vampyr gemacht hatte. Dass sie eine mordgierige Bestie war, würde er ihr nie verzeihen. Dafür brachte er dem Leben zu viel Achtung entgegen.
Die Stille währte lange. Selbst als er sich erhob und hin und her zu laufen begann, verursachte er nicht den geringsten Laut. Diese völlige Abwesenheit jeden Geräuschs war beklemmend und zerrte an Catherines Nerven. Am liebsten hätte sie ihn angefleht, er möge endlich etwas sagen. Sie tat es nicht. Zu sehr fürchtete sie sich vor dem, was sie in seinen Zügen finden würde, wenn er sich ihr zuwandte. Womöglich konnte sie seinen Hass ertragen, nicht jedoch seine Abscheu und seinen Ekel. Daeron war alles, was ihr noch geblieben war, und jetzt würde sie auch ihn verlieren.
Plötzlich blieb er stehen und drehte sich zu ihr herum. »Wie hast du dich gefühlt, als es passiert ist?«
Wie konnte er so ruhig fragen? Catherine sah ihn irritiert an. »Was?«
»Wie du dich gefühlt hast?«, wiederholte er seine Frage. »Was hast du danach empfunden?«
»Ich …« Darüber hatte sie noch nicht nachgedacht, und als sie es jetzt tat, fiel es ihr schwer, die verschiedenen Empfindungen in Worte zu kleiden. »Ich war verwirrt«, begann sie nach einer Weile, »und erschrocken. Irgendwie … orientierungslos.«
»Wie ein Schlafwandler, der nicht in seinem eigenen Bett, sondern an einem anderen, unbekannten Ort erwacht?«, hakte er nach.
Catherine nickte.
»Sonst hast du nichts empfunden?«
»Genügt das nicht?« Sie verstand noch immer nicht, worauf er hinauswollte. Sie war eine Mörderin! Der Wahnsinnige Schlächter! Was sollten diese Fragen? Warum beschimpfte er sie nicht und schickte sie fort oder tötete sie? Sie war es nicht wert, weiterzuexistieren! Doch statt etwas zu sagen, stand er nur da und sah sie an. Sein Blick war so durchdringend, dass sie glaubte ihn auf ihrer Haut zu spüren. Seine Gedanken jedoch waren weit entfernt. Sie erkannte es an der Art, wie sich das Braun seiner Augen veränderte. Es wirkte dunkler als sonst. Daeron, bitte , flehte sie stumm. Mach es uns nicht so schwer. Sag, was du zu sagen hast! Danach werde ich gehen.
»Du hast diese Morde nicht begangen.« Es waren nicht die Worte, die sie erwartet hatte. Er bewegte sich so schnell, dass sie es erst bemerkte, als er vor ihr in die Knie ging und nach ihren Händen griff. »Wenn du – wie du gesagt hast – das Blut tatsächlich getrunken und die Jagd genossen hättest, wärst du nicht verwirrt und verängstigt zu dir gekommen. Die Kreatur in dir hätte triumphiert. Eine wilde Freude, hervorgerufen durch die Lust an der Jagd. Du hättest die Stärke des Blutes, das durch deine Adern pulsiert, gespürt.«
So war es in London gewesen. Aber bedeutete das, dass es immer gleich sein musste? »Ich habe diese Menschen gesehen und mit ihnen gesprochen«, widersprach sie heftig. »Ich habe sie gerochen und ihr Blut geschmeckt! Und du willst mir sagen, ich hätte sie nicht getötet?« Sie versuchte ihm ihre Hände zu entziehen, doch Daeron gab sie nicht frei.
»Catherine, sieh dich an! Du bist kaum kräftiger als ein
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