Die Jagd am Nil
jemand etwas aus den Bildern machen kann, dann sie.»
«Das wäre gut. So wird die Polizei jedenfalls nicht viel damit anfangen können.»
«Sagt derjenige, der es gar nicht für nötig gehalten hatte, Fotos zu machen.» Knox begann, eine Kurznachricht zu tippen, was auf dem holperigen Feld und ohne Gurt nicht einfach war.
Angehängte Bilder stammen von einer Ausgrabung, mögl. therapeutisch. Miserable Belichtung. Kannst du helfen? Je schneller, desto besser. Liebe Grüße, Daniel
. Unzufrieden runzelte er die Stirn, ersetzte
Liebe Grüße
durch
Liebste Grüße
und schließlich durch
Alles Liebe
. Keine Formulierung klang angemessen. Ständig beteuerte man sich heutzutage seine Liebe. Der Begriff wurde inflationär benutzt und dadurch bedeutungslos. Er kam sich idiotisch vor. Schließlich war dies kaum der richtige Zeitpunkt, über solche Dinge nachzugrübeln. Trotzdem konnte er nicht anders. Er tippte ein paar andere Worte ein, und als er eine Weile darauf starrte, ärgerte ihn, wie kläglich sie klangen. Aber da er schon genug Zeit verschwendet hatte, hängte er die Fotos an und schickte sie als E-Mail ab, ehe er es sich anders überlegen konnte.
Omar fluchte, bremste ab und kam zum Stehen. Als Knox aufschaute, sah er im Licht der Scheinwerfer ungefähr einen Kilometer weiter eine Hauptstraße. «Was ist los?», fragte er.
«Dahinten.»
Im Mondschein bemerkte Knox nun einen Pick-up, der vor der Holzbrücke stand. «Scheiße», murmelte er.
«Und jetzt?»
«Es muss noch einen anderen Weg geben.»
Der Motor kreischte auf, als Omar einen anderen Gang einlegen wollte. «Meiner ist ein Automatik», entschuldigte er sich zusammenzuckend.
«Soll ich fahren?»
«Das wäre vielleicht besser.»
Sie tauschten die Plätze. Knox legte den Sicherheitsgurt an und fuhr los, um einen anderen Weg zu suchen. Der Pick-up rumpeltelangsam hinter ihnen her. Offenbar wollte er in sicherem Abstand zwischen ihnen und der Brücke bleiben. Knox überquerte eine Anhöhe und schleuderte herum. Als der Pick-up wieder auftauchte, trat er das Gaspedal durch und raste über den zerfurchten Boden holpernd auf ihn zu. Omar klammerte sich an den Türgriff und stampfte auf eine imaginäre Bremse. Doch Knox wurde nicht langsamer. Als dem Fahrer des Pick-ups klar wurde, dass er auf die Brücke zuraste, riss er den Wagen herum. Knox jagte an ihm vorbei, doch der Pick-up hatte einen neueren und stärkeren Motor und holte schnell auf.
«Das schaffen wir nie», schrie Omar.
«Halten Sie sich fest», warnte Knox und fuhr im Zickzack, damit der Pick-up ihn nicht überholen konnte. Die Reifen spritzten Schlamm auf. Er machte einen großen Bogen und hielt dann scharf auf die Brücke zu. Als er sie fast erreicht hatte, tauchte rechts von ihnen ein anderer Wagen aus der Dunkelheit auf. Die Scheinwerfer blendeten, sodass Knox seine Augen abschirmen musste. Er trat auf die Bremse, aber es war zu spät. Die Reifen rutschten unkontrolliert zur Seite, der Jeep verpasste die Brücke und schlitterte in den Bewässerungskanal. Knox streckte automatisch einen Arm aus, damit Omar nicht vom Beifahrersitz stürzte. Dann krachte der Kühler gegen die gegenüberliegende Böschung und wurde eingedrückt, die Windschutzscheibe zersplitterte in tausend Stücke. Knox wurde gegen den Gurt geworfen, sein Kopf schleuderte heftig zurück, irgendetwas schlug gegen seinen Schädel. Dann wurde alles schwarz.
Kapitel 12
I
Lily legte verstohlen eine Hand auf Staffords Arm, um ihn etwas zu beruhigen, aber er schüttelte sie ab. Er schenkte sich Wein nach und fuhr dann fort. «Der Judaismus wird völlig falsch verstanden», erklärte er. «Die Leute lesen von Abraham, Noah, Jakob und all den anderen Patriarchen und glauben, dass die Religion und die Rituale der Juden vollständig ausgeprägt waren, als sie in Ägypten ankamen, dass sie während ihres Aufenthaltes daran festgehalten haben und dann fortgezogen sind, ohne beeinflusst worden zu sein. Aber so kann es nicht gewesen sein. So
war
es nicht. Wenn Sie den Judaismus einmal nüchtern betrachten, werden Sie feststellen, dass seine Wurzeln in Ägypten liegen, besonders im Monotheismus Echnatons.»
«Das ist eine ziemlich kühne Behauptung», meinte Fatima.
«Schauen Sie sich nur die Schöpfungsgeschichte im Buch Genesis an, wenn Sie mir nicht glauben. Die Vorstellung, dass die Welt aus dem Nichts entstand, war ein ägyptischer Gedanke, genauso die Idee von der Menschheit als Gottes Herde, die er nach seinem Bild geformt
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