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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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kehrte Augustin nach Hause zurück. Farooq hatte ihn mit solcher Verachtung gestraft, nachdem er ihn niedergeschlagen hatte, dass ihn seine Lebensgeister völlig verlassen hatten. Als er darum gebeten hatte, Knox im Polizeirevier besuchen zu dürfen, hatte Farooq ihm ins Gesicht gelacht. Augustin war normalerweise ein positiver Mensch, aber nicht an diesem Abend. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals so mies gefühlt zu haben.
    Eine Verrückte beugte sich über das Geländer des Treppenhauses und bezichtigte ihn lautstark unsittlicher Hausgäste. Ihm fehlte die Energie, um zurückzubrüllen.
    Er füllte Eiswürfel in ein Glas, öffnete eine neue Flasche Single Malt Whisky, ging mit Glas und Flasche ins Schlafzimmer und stellte beides auf den Nachttisch. Dann öffnete er seinen Kleiderschrank und hob den Stapel T-Shirts hoch. Der Ordner war bewegt worden. Keine Frage. Und kein Wunder. Am Telefon hatte Knox nichts gesagt, natürlich nicht, er war ein Mann, und Männer redeten zum Glück nicht über solche Dinge. Aber Augustin hatte das leichte Zögern in seiner Stimme wahrgenommen. In dem Moment hatte er es auf seine Lage zurückgeführt. Erst später war ihm eingefallen, dass Knox ein sauberes Hemd gebraucht und dabei natürlich den Ordner gesehen hatte. Schicksal. Man bekam die Strafe, die man verdiente.
    Er zog die Fotos hervor und breitete sie auf der Bettdecke aus. Am meisten mochte er das erste, nicht zuletzt, weil Gaille es ihmgegeben hatte. Auf dem Bild standen sie an einem Nachmittag in der Wüste, Arm in Arm und fröhlich grinsend vor dem Hintergrund rotgoldener Dünen, langer Schatten und hellrot gefärbter Wolkenstreifen am blauen Himmel. Ein alter Beduine hatte es aufgenommen, der ihnen mitten im Nirgendwo zufällig mit einem so traurig wirkenden Kamel über den Weg gelaufen war, wie er noch nie eines gesehen hatte. Augustin, Gaille, Knox. An jenem Tag war etwas mit ihm geschehen. Als Gaille ihm das Foto gegeben hatte, konnte er es nicht einfach weglegen. Er hatte es zu den anderen gesteckt, zu den Fotos von ihr und Knox sowie von ihr allein.
    Irgendwie hatte sich sein Glas geleert. Er füllte es erneut.
    Warum sich mit
einer
Frau zufriedengeben, wenn man zwanzig haben konnte? Tief in seinem Inneren hatte er Treue immer verachtet. Jeder Mann würde sich so verhalten wie er, wenn er nur konnte. Monogamie war etwas für Verlierer. Vielleicht wurde er nur alt, aber die Abende mit Knox und Gaille hatten ihm gezeigt, wie armselig sein Leben war. Es fiel ihm zunehmend schwerer, Frauen abzuschleppen. Er hatte seine Energie verloren, vielleicht sogar seine Lust. Er hatte eine andere Sehnsucht entwickelt. Wonach, konnte er gar nicht sagen, nur, dass sie da war, dass sie ständig heftiger wurde und nicht mit seinen üblichen Eroberungen gestillt werden konnte. Vor ein paar Monaten war er eines Morgens vor Tatendrang sprühend aufgewacht, aus dem Bett gesprungen und hatte einen breiten Streifen Tapete heruntergerissen. Es war so befriedigend gewesen, als hätte er ein riesiges Schorfstück von einer Wunde gerissen. Noch am selben Tag hatte er die Handwerker gerufen und seine Wohnung von Grund auf renovieren lassen.
    Nestbautrieb! Meine Güte! Wie war es nur so weit gekommen?
    Und trotzdem war es etwas anderes als Liebe. Das würde Knoxwahrscheinlich nicht verstehen. Augustin hatte Gaille gern, keine Frage, aber er begehrte sie nicht und hatte nicht die Absicht, sie für sich zu gewinnen. Es schmerzte ihn nicht, wenn sie Knox verliebt anschaute. Denn es war nicht Gaille, der seine Sehnsucht galt. Es war das, was zwischen den beiden war, was mit den beiden geschehen war, ohne dass sie sich dessen bewusst waren.
    Eines der unerwarteten Risiken der Archäologie bestand darin, dass man ständig mit dem Leben anderer konfrontiert wurde. In der Antike hatte ein Alexandriner eine Lebenserwartung von ungefähr fünfunddreißig Jahren gehabt, eine geringere Zeit auf Erden, als er bereits hinter sich hatte. Trotzdem hatten viele von ihnen unglaublich viel erreicht. Was hatte er dagegen erreicht?
    Sein Leben war Scheiße. Er hatte sogar begonnen, seinen Whisky kistenweise zu kaufen.
    Er legte sich aufs Bett und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Als er an die frisch gestrichene Decke starrte, wusste er, dass es eine lange Nacht werden würde.

II
    «Ich kann das nicht», murmelte Faisal und trat einen Schritt vom Rand des Schachts zurück. «Ich kann nicht, und ich will nicht.»
    «Großartig», fluchte

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