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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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eine lächelnde Hinnahme der auf sie zukommenden Ereignisse.
    Der Kuppelsaal war aus dem Grundgestein der Insel herausgehauen worden. Der Schein der auf hohen Podesten befestigten Lampen wurde von blassen glatten Steinwänden reflektiert. Genau unter der Mitte der Kuppel befanden sich drei oben abgerundete silberne Torbogen, jeder Bogen gerade hoch genug, dass ein Mensch ihn durchschreiten konnte und dergestalt auf einem breiten silbernen Ring befestigt, dass die Torbogen sich gegenseitig berührten. Bogen und Ring waren aus einem einzigen Stück gefertigt. Nynaeve konnte nicht sehen, was innerhalb dieses Dreiecks lag, denn dort flackerte das Licht unruhig, und wenn sie zu lange hinblickte, begann ihr Magen im gleichen Rhythmus zu flattern. Wo ein Bogen den Ring berührte, saß jeweils eine Aes Sedai im Schneidersitz auf dem blanken Steinboden und sah unverwandt das silberne Gebilde an. Eine weitere Aes Sedai stand in der Nähe neben einem schlichten Tisch, auf dem drei große Silberschalen standen. Jede Schale, das wusste Nynaeve – zumindest hatte man ihr das gesagt –, war mit klarem Wasser gefüllt.
    Alle vier Aes Sedai trugen, genau wie Sheriam, ihre Stolen. Sheriams Stola hatte blaue Fransen, die der dunkelhäutigen Aes Sedai am Tisch rote, und Grün, Weiß und Grau waren die Farben der drei Frauen an den Bogen. Nynaeve trug immer noch eines der Kleider, die man ihr in Fal Dara gegeben hatte: blassgrün, mit kleinen weißen Blüten bestickt.
    »Zuerst lasst Ihr mich von früh bis spät Däumchen drehen«, knurrte Nynaeve leise, »und jetzt muss plötzlich alles husch-husch gehen.«
    »Die richtige Stunde wartet nicht auf eine Frau«, antwortete Sheriam. »Das Rad webt, wie das Rad es will und wann es will. Geduld ist eine Tugend, die man erlernen muss, aber wir sollten auch auf augenblickliche Veränderungen vorbereitet sein.«
    Nynaeve bemühte sich, nicht wieder wütend dreinzublicken. Was sie an der Aes Sedai mit dem Flammenhaar am meisten ärgerte, war die Angewohnheit, Dinge so auszudrücken, als zitiere sie irgendwelche Weisheiten, obwohl das gar nicht stimmte. »Was ist das für ein Ding?«
    »Ein Ter’angreal .«
    »Na ja, das sagt mir nichts. Wozu ist es da?«
    »Ein Ter’angreal kann vielerlei Dinge, Kind. Wie ein Angreal und ein Sa’angreal ist es eines der Überbleibsel aus dem Zeitalter der Legenden, dessen Wirkung auf der Einen Macht beruht; es ist aber nicht so selten wie die beiden anderen. Während einige Ter’angreale , so wie dieses, von Aes Sedai bedient werden müssen, genügt es bei anderen schon, wenn eine Frau zugegen ist, die die Macht lenken kann. Angeblich gibt es sogar ein paar, die jedermann benutzen kann. Im Unterschied zu den Angrealen und Sa’angrealen wurden sie hergestellt, um ganz bestimmte Dinge zu vollbringen. Ein anderes, das wir ebenfalls in der Burg haben, macht jeden Eid absolut bindend. Wenn Ihr zur vollen Schwesternschaft erhoben werdet, dann sprecht Ihr Euren Treueid, während Ihr dieses Ter’angreal in den Händen haltet. Kein Wort zu sagen, das nicht wahr ist. Keine Waffe herzustellen, mit der ein Mensch einen anderen töten kann. Die Eine Macht niemals als Waffe zu verwenden, außer gegen Schattenfreunde oder Abkömmlinge des Schattens oder um in der höchsten Not das eigene Leben oder das Eures Behüters zu verteidigen, oder natürlich das einer anderen Schwester.«
    Nynaeve schüttelte den Kopf. Es klang einerseits danach, als sei zu viel in diesem Schwur enthalten, aber andererseits auch wieder zu wenig. Sie sagte das auch ganz deutlich.
    »Einst verlangte man von den Aes Sedai nicht, dass sie einen Eid schwören mussten. Es war bekannt, was Aes Sedai waren und wofür sie standen, und das reichte vollauf. Viele von uns wünschen sich, es wäre noch genauso. Aber das Rad dreht sich, und die Zeiten ändern sich. Die Tatsache, dass wir diese Eide ablegen und daran gebunden sind, erlaubt den Staaten, Beziehungen zu uns zu unterhalten, ohne fürchten zu müssen, dass wir unsere Macht, die Eine Macht, gegen sie einsetzen. Wir entschieden uns zwischen den Trolloc-Kriegen und dem Hundertjährigen Krieg für diesen Weg, und nur deshalb steht die Weiße Burg noch immer, und wir sind noch immer in der Lage, alles in unserer Macht Stehende gegen den Schatten zu unternehmen.« Sheriam holte tief Luft. »Licht, Kind, ich versuche, Euch Dinge beizubringen, die jede andere Frau an Eurer Stelle im Verlauf von Jahren gelernt hätte. Das ist einfach nicht möglich. Was

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