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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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riss sich Moiraine zusammen. Sie fühlte sich beinahe so leer, als hätte das Ding seinen Kuss bekommen. Keine Zeit für Schwäche. Einen Moment später öffnete sie sich Saidar , und als die Macht sie erfüllte, bereitete sie sich darauf vor, den Abkömmling des Schattens direkt zu berühren. Die beiden Männer waren zu nahe. Alles andere würde auch sie in Gefahr bringen. Aber selbst wenn sie die Macht benutzte, würde sie sich von dem Draghkar beschmutzt fühlen. Doch in dem Augenblick, als sie begann, rief Lan: »Empfange den Tod!« Jaem tat es ihm mit fester Stimme gleich: »Empfange den Tod!« Und die beiden Männer traten vor in die Reichweite des Draghkar und stießen ihre Klingen bis zum Knauf in dessen Brust. Der Draghkar warf den Kopf in den Nacken und kreischte. Der Schrei schien Moiraines Kopf wie mit Nadeln zu durchbohren. Obwohl sie sich in Saidar hüllte, konnte sie ihn dennoch fühlen. Wie ein gefällter Baum stürzte der Draghkar. Eine Schwinge stieß Jaem fast um, und er ging in die Knie. Lan sackte erschöpft in sich zusammen.
    Laternen bewegten sich vom Haus her auf sie zu, von Vandene und Adeleas getragen. »Was war das für ein Lärm?«, wollte Adeleas wissen. Sie war beinahe ein Spiegelbild ihrer Schwester. »Ist Jaem verrückt geworden …?« Der Laternenschein fiel auf den Draghkar, und ihre Stimme erstarb.
    Vandene ergriff Moiraines Hände. »Es hat doch nicht …?« Sie ließ die Frage unausgesprochen. In Moiraines Augen bildete sich eine Aura um sie herum. Moiraine fühlte Kraft von der anderen Frau zu sich herüberströmen und wünschte sich nicht zum erstenmal, dass die Aes Sedai dasselbe für sich tun könnten wie für andere.
    »Es hat nicht«, sagte sie dankbar. »Schaut nach dem Gaidin.«
    Lan sah sie an. Sein Gesicht wirkte angespannt. »Wenn ich nicht aus Wut über dich zu Jaem gegangen wäre, um mit ihm zu üben, weil ich so wütend war, dass ich das Haus nicht betreten wollte …«
    »Aber ich habe«, sagte sie. »Das Muster schließt alles ins Gewebe mit ein.« Jaem murmelte etwas, erlaubte aber Vandene doch, nach seiner Schulter zu sehen. Er schien nur aus Sehnen und Knochen zu bestehen, wirkte aber so hart wie eine zähe alte Wurzel.
    »Wie konnte nur«, wollte Adeleas wissen, »eine Kreatur des Schattens so nahe kommen, ohne dass wir sie fühlten?«
    »Sie wurde abgeschirmt«, sagte Moiraine.
    »Unmöglich«!, fauchte Adeleas. »Nur eine Schwester …« Sie brach mitten im Satz ab, und Vandene drehte sich von Jaem weg und blickte Moiraine an. Moiraine sprach die Worte aus, die keine von ihnen hören wollte: »Die Schwarzen Ajah.« Rufe erklangen vom Dorf herüber. »Am besten versteckt Ihr das …« – sie deutete auf den Draghkar, der auf einem Blumenbeet lag – »… ganz schnell. Sie kommen gleich, Euch zu fragen, ob Ihr Hilfe braucht, aber wenn sie das sehen, wird es zu unerwünschtem Gerede führen.«
    »Ja, natürlich«, sagte Adeleas. »Jaem, geh ihnen entgegen. Sag ihnen, du wüsstest nicht, was den Lärm verursachte, aber es gehe uns gut. Halte sie auf!« Der grauhaarige Behüter eilte in die Nacht hinaus und auf die sich nähernden Dorfbewohner zu. Adeleas dreht sich um und betrachtete den Draghkar, als sei er lediglich ein schwer zu verstehender Absatz in einem ihrer Bücher. »Ob nun Aes Sedai darin verwickelt sind oder nicht: Was mag ihn hergeführt haben?« Vandene sah Moiraine schweigend an.
    »Ich fürchte, ich muss Euch verlassen«, sagte Moiraine. »Lan, mach bitte die Pferde fertig.« Als er ging, sagte sie: »Ich werde Euch Briefe hinterlassen, die zur Weißen Burg geschickt werden müssen. Könnt Ihr das veranlassen?« Adeleas nickte abwesend. Ihre Aufmerksamkeit galt immer noch der Kreator am Boden.
    »Und werdet Ihr dort, wo Ihr hingeht, Eure Antworten finden?«, fragte Vandene.
    »Ich habe möglicherweise bereits eine Antwort gefunden, von der ich nicht wusste, dass ich nach ihr suche. Ich hoffe nur, ich komme nicht zu spät. Ich brauche eine Feder und Pergament.« Sie zog Vandene zum Haus und ließ Adeleas zurück, die sich um den Draghkar kümmern sollte.

KAPITEL 23

    Die Prüfung
    N ynaeve sah sich misstrauisch in dem riesigen Raum tief unter der Weißen Burg um, und genauso misstrauisch betrachtete sie auch Sheriam, die an ihrer Seite stand. Die Herrin der Novizinnen machte einen erwartungsvollen, ja sogar ein wenig ungeduldigen Eindruck. Während der wenigen Tage in Tar Valon hatte Nynaeve bei den Aes Sedai nur Gelassenheit erlebt und

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