Die Jagd beginnt
sich Verteidiger der Drachenmauer nannte. Auf dem Schild war ein gekrönter Mann zu sehen, der seinen Fuß auf die Brust eines anderen stellte und sein Schwert an dessen Kehle hielt. Der Bursche, der auf dem Rücken lag, hatte rotes Haar.
Ein Stallbursche kam heraus und nahm ihnen die Pferde ab. Er musterte verstohlen Rand und Loial, als er glaubte, dass es niemand bemerke. Rand sagte sich, er dürfe sich nichts einreden; nicht jeder in dieser Stadt konnte das Große Spiel spielen. Und wenn, dann gehe es ihn nichts an.
Der Schankraum war sauber und ordentlich. Die Tische waren ebenso präzise ausgerichtet und gedeckt wie die ganze Stadt aussah, und es befanden sich nur wenige Leute darin. Sie blickten kurz auf, als die Neuankömmlinge eintraten, aber dann sahen sie sofort wieder auf ihren Wein hinunter. Rand hatte dennoch das Gefühl, sie beobachteten und belauschten ihn immer noch. Im großen Kamin brannte ein kleines Feuer, obwohl der Tag wärmer wurde.
Der Wirt war ein molliger, schmieriger Typ, der einen einzelnen grünen Streifen quer über seinem dunkelgrauen Mantel trug. Er schreckte zuerst auf, als sie eintraten, und das überraschte Rand nicht. Loial, der die Truhe unter der gestreiften Decke auf den Armen trug, musste sich ducken, um durch die Tür zu kommen. Hurin wankte unter der Last all ihrer Satteltaschen und Bündel, und sein roter Mantel bildete einen scharfen Kontrast zu den nüchternen Farben der Kleidung der anderen Gäste an den Tischen.
Der Wirt nahm Rands Mantel und Schwert wahr, und sein öliges Lächeln kehrte zurück. Er verbeugte sich und rieb sich die glatten Hände. »Vergebt mir, mein Lord. Ich habe Euch nur einen Moment für einen … vergebt mir. Mein Gehirn ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Ihr wünscht Zimmer, mein Lord?« Er fügte eine weitere nicht so tiefe Verbeugung für Loial hinzu. »Ich heiße Cuale, mein Lord.«
Er glaubte, ich sei ein Aielmann , dachte Rand missvergnügt. Er wünschte sich aus Cairhien fort. Aber es war der einzige Ort, an dem Ingtar sie finden konnte. Und Selene hatte geschrieben, sie würde in Cairhien auf ihn warten.
Es dauerte ein wenig, bis ihre Zimmer gerichtet waren. Cuale erklärte unter übertriebenem Lächeln und vielen Verbeugungen, dass es notwendig sei, ein Bett für Loial aus einem anderen Raum herzuschaffen. Rand wollte, dass sie alle wieder ein Zimmer teilten, doch unter dem entsetzten Blick des Wirts und dem eindringlichen Protest Hurins – »Wir müssen den Leuten von Cairhien beweisen, dass wir genauso gut wissen, was sich schickt, wie sie, Lord Rand« – nahmen sie schließlich zwei Zimmer – eines davon für ihn allein – mit einer Verbindungstür.
Die Zimmer ähnelten sich sehr, bis auf die Tatsache, dass in ihrem zwei Betten standen, eines davon groß genug für einen Ogier, während in seinem nur ein Bett stand, das aber beinahe genauso groß war wie die beiden anderen zusammen, mit massiven Bettpfosten, die fast bis an die Decke reichten. Der hochlehnige Polsterstuhl und das Waschtischchen waren viereckig und ebenfalls massiv gebaut. Der Kleiderschrank an der einen Wand wies schwerfällige, starre Schnitzereien auf, sodass er den Eindruck erweckte, er könne jeden Moment umkippen und auf ihn fallen. Aus einem Doppelfenster neben dem Bett konnte er auf die Straße zwei Stockwerke unter ihm blicken.
Sobald der Wirt gegangen war, öffnete Rand die Tür und ließ Loial und Hurin in sein Zimmer. »Dieser Ort nagt irgendwie an mir«, sagte er ihnen. »Jeder schaut einen an, als glaube er, man führe etwas im Schilde. Ich gehe zurück nach Vortor, jedenfalls zumindest für eine Stunde. Dort lachen die Leute wenigstens. Wer von euch ist bereit, die erste Wache beim Horn zu übernehmen?«
»Ich werde hier bleiben«, sagte Loial schnell. »Ich würde gern ein wenig lesen. Nur weil ich keine Ogier gesehen habe, heißt das nicht, dass keine Steinmetzen aus dem Stedding Tsofu hier sind. Es liegt ja nicht weit von der Stadt.«
»Ich denke doch, du würdest sie gerne treffen.«
»Äh … nein, Rand. Sie haben mich das letzte Mal genug ausgequetscht, warum ich allein hier sei. Falls sie vom Stedding Shangtai gehört haben … Also, ich ruhe mich nur hier aus und lese, ja?«
Rand schüttelte den Kopf. Er vergaß öfters, dass Loial von zu Hause weggelaufen war, um die Welt zu sehen. »Wie steht es mit dir, Hurin? Es gibt Musik in Vortor und lachende Menschen. Ich wette, dort spielt niemand Daes Dae’mar .«
»Da wäre ich
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