Die Jagd beginnt
geflochten.
»Alles ist bereit, sagt Ihr?«, wollte die Frau wissen. »Seid Ihr sicher, Tammuz? Alles?«
Der Mann spreizte die Hände. »Ihr müsst mich ständig überwachen, Aludra. Es ist wirklich alles bereit. Die Vorstellung könnte in diesem Moment beginnen.«
»Die Tore und Türen sind verriegelt? Alle …?« Ihre Stimme verklang, als sie zum hinteren Ende des beleuchteten Gebäudes kamen.
Rand betrachtete den offenen Platz, erkannte aber fast nichts. In der Mitte standen einige Dutzend Röhren, jede beinahe so hoch wie er und einen Fuß oder mehr weit. Sie waren auf großen Holzpodesten befestigt. Aus jeder Röhre kam ein dunkler, verdrehter Strick heraus, der sich über den Boden zog und schließlich auf der anderen Seite hinter einer niedrigen, vielleicht drei Schritt langen Mauer verschwand. Rund um den Platz verteilt standen Unmengen von Holzgestellen, an denen Schüsseln und Röhren und gespaltene Stöcke befestigt waren.
Alle Feuerwerkskörper, die er je gesehen hatte, konnte man in der Hand halten, und das war so ungefähr alles, was er darüber wusste, außer dass sie mit großem Lärm zerbarsten oder in funkensprühenden Spiralen über den Boden zischten oder manchmal in die Luft flogen. Mit ihnen kam auch immer eine Warnung der Feuerwerker, dass sie explodieren würden, wenn man sie öffnete. Aber Feuerwerkskörper waren sowieso zu teuer, als dass der Dorfrat sie von jemandem Unerfahrenen öffnen lassen würde. Er konnte sich gut an das eine Mal erinnern, als Mat genau das tun wollte. Es dauerte beinahe eine Woche, bis irgendjemand außer Mats Mutter wieder mit ihm sprach. Das einzige Vertraute, das Rand entdecken konnte, waren die Stricke – die Zündschnüre. Er wusste, dass man sie dort entzündete.
Nach einem Blick zurück zu der unverriegelten Tür bedeutete er den anderen, ihm zu folgen. Er wollte um die Röhren herumgehen. Wenn sie ein Versteck fanden, sollte es so weit wie möglich von dieser Tür entfernt sein.
Das bedeutete, dass sie zwischen den Holzgestellen durchlaufen mussten, und Rand hielt jedes Mal die Luft an, wenn er eines berührte. Die daran hängenden Feuerwerkskörper bewegten sich bei der leisesten Berührung und klapperten dann. Alle Gestelle bestanden aus Holz. Kein Stück Metall war zu sehen. Er konnte sich den Lärm vorstellen, falls eines davon umgestoßen wurde. Er beäugte misstrauisch die Röhren, da er sich noch gut daran erinnern konnte, wie schon eine fingerlange Röhre dieser Art knallte.
Loial murmelte pausenlos etwas in seinen nicht vorhandenen Bart, besonders als er gegen eines der Gestelle stieß. Da zuckte er so hastig zurück, dass er natürlich prompt gegen ein anderes stieß. Der Ogier schlich unter Klappern und Gemurmel dahin.
Selene ging ihm ebenfalls auf die Nerven. Sie schlenderte so selbstverständlich einher, als befinde sie sich auf einer Straße mitten in der Stadt. Sie stieß gegen nichts, erzeugte keinen Laut, aber sie bemühte sich nicht einmal, den Umhang geschlossen zu halten. Das Weiß ihres Kleides schien ihm heller als alle Wände zusammen.
Er spähte zu den erleuchteten Fenstern hinüber und wartete nur darauf, dass dort jemand erschien. Es war nur einer notwendig, der Selene sah und Alarm schlug.
Doch an den Fenstern erschien niemand. Rand atmete gerade erleichtert auf, während sie auf eine niedrige Mauer zuschritten und auf die Gassen und Gebäude dahinter, als Loial wieder gegen ein Gestell stieß, das unmittelbar neben der Mauer stand. Es enthielt zehn weich wirkende Stöcke, jeder so lang wie Rands Arm, aus deren Spitzen dünne Rauchfahnen quollen. Das Gestell machte kaum Lärm, als es umfiel, aber die schwelenden Stöcke fielen auf eine der Zündschnüre. Zischend entzündete sich die Zündschnur, und die kleine Flamme raste auf eine der hohen Röhren zu.
Rand blieb einen Moment lang die Luft weg, und dann versuchte er, flüsternd zu schreien: »Hinter die Mauer!«
Selene gab einen ärgerlichen Laut von sich, als er sie hinter der Mauer zu Boden warf, aber das war ihm gleich. Er bemühte sich, sich schützend über sie zu breiten, während Loial sich daneben niederkauerte. Als er darauf wartete, dass die Röhre explodierte, fragte er sich, ob von der Mauer etwas übrig bleiben werde. Es gab einen dumpfen Schlag, den er als Erschütterung im Boden genauso fühlte wie er ihn hörte. Vorsichtig hob er sich von Selene und spähte um die Kante der Mauer. Sie stieß ihm hart die Fäuste in die Rippen und wand sich mit einem
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