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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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an höchster Stelle erweckt, einfach weil er überhaupt nichts getan hatte.
    »Diese Leute spinnen«, sagte er und versuchte in Gedanken, einen Ausweg zu finden.
    »Ja, Herr.«
    »Ich werde mich im Schankraum mit diesen Briefen sehen lassen«, sagte er bedächtig. Was man auch immer mittags im Schankraum sah, hatte sich bis zum Abend in zehn Häusern herumgesprochen, und am nächsten Morgen in allen anderen. »Ich werde die Siegel nicht brechen. Dann wissen sie, dass ich noch keines der beiden Schreiben beantwortet habe. Solange sie darauf warten, wohin ich mich wenden werde, habe ich Ruhe. Vielleicht kann ich auf diese Art noch ein paar Tage herausschinden. Ingtar wird doch wohl bald ankommen. Er muss einfach!«
    »Also, jetzt handelt Ihr wie jemand aus Cairhien, Lord Rand«, sagte Hurin grinsend.
    Rand warf ihm einen säuerlichen Blick zu und steckte dann die Briefe zu Selenes Zettel in die Tasche. »Gehen wir, Loial. Vielleicht ist Ingtar angekommen.«
    Als er mit Loial den Schankraum betrat, sah sich kein einziger Mann und keine einzige Frau nach ihnen um. Cuale polierte ein Silbertablett, als hinge sein Leben von dessen Glanz ab. Die Serviererinnen eilten von Tisch zu Tisch, als existierten Rand und der Ogier gar nicht. Jeder der an den Tischen sitzenden Gäste blickte in das Glas vor sich, als lägen alle Geheimnisse der Macht in dessen Inhalt vergraben. Keiner sagte etwas.
    Nach einem Augenblick zog er die beiden Einladungen aus der Tasche und betrachtete die Siegel. Dann steckte er sie zurück. Cuale fuhr ein wenig zusammen, als Rand zur Tür ging. Bevor sie sich hinter ihnen schloss, begann wieder eine lebhafte Unterhaltung im Schankraum.
    Rand ging so schnell die Straße hinunter, dass Loial gar keine kürzeren Schritte machen musste, um neben ihm zu bleiben. »Wir müssen einen Weg aus der Stadt ausfindig machen, Loial. Dieser Trick mit den Einladungen kann nicht mehr als zwei oder drei Tage vorhalten. Wenn Ingtar bis dahin nicht angekommen ist, müssen wir weg.«
    »Einverstanden«, sagte Loial.
    »Aber wie?«
    Loial zählte die Voraussetzungen an seinen dicken Fingern ab. »Fain befindet sich dort draußen, sonst wären keine Trollocs in Vortor gewesen. Wenn wir hinausreiten, werden sie über uns herfallen, kaum dass wir außer Sichtweite der Stadt sind. Falls wir mit dem Wagenzug eines Händlers fahren, werden sie diesen sicherlich überfallen.« Kein Händler hatte mehr als fünf oder sechs Leibwächter, und die würden wahrscheinlich wegrennen, sobald sie einen Trolloc sahen. »Wenn wir nur wüssten, über wie viele Trollocs und wie viele Schattenfreunde Fain verfügt. Du hast ihre Zahl ja bereits verringert.« Er erwähnte den Trolloc nicht, den er selbst getötet hatte, aber seiner finsteren Miene und den herunterhängenden Augenbrauen nach dachte er daran.
    »Es spielt keine Rolle, wie viele er hat«, sagte Rand. »Zehn sind genauso schlimm wie hundert. Wenn uns zehn Trollocs angreifen, glaube ich nicht, dass wir ihnen erneut entkommen können.« Er vermied es, daran zu denken, dass es für ihn ja vielleicht – vielleicht – einen Weg gab, mit zehn Trollocs fertig zu werden. Es hatte schließlich auch nicht geklappt, als er Loial helfen wollte.
    »Das glaube ich auch nicht. Selbst wenn wir versuchten, den Hafen von Vortor zu erreichen – na ja, Fain hat bestimmt Schattenfreunde dorthin geschickt, um aufzupassen. Falls er glaubt, wir wollten auf einem Schiff entkommen, würde er wahrscheinlich keine Rücksicht mehr darauf nehmen, wer die Trollocs sehen könnte. Und auch wenn wir uns irgendwie von ihnen befreien könnten, müssten wir alles den Stadtwachen erklären, und die würden vermutlich nicht glauben, dass wir die Truhe nicht öffnen können, also …«
    »Wir lassen doch niemand aus Cairhien die Truhe überhaupt sehen, Loial!«
    Der Ogier nickte. »Und die Hafenanlagen der Stadt selbst nützen uns auch nichts.« Der Stadthafen war den Getreideschiffen und den Jachten der Adligen vorbehalten. Niemand kam ohne Erlaubnis dort hinein. Man konnte von der Stadtmauer aus hinunterblicken, aber ein Sprung von dort oben wäre selbst für Loial tödlich. »Ich denke, es ist einfach zu schade, dass wir nicht nach Stedding Tsofu können. Die Trollocs betreten niemals ein Stedding . Aber sie würden uns wohl gar nicht erst so weit kommen lassen, ohne anzugreifen.«
    Rand antwortete nicht. Sie hatten das große Wachgebäude innerhalb der Stadtmauer erreicht, durch das sie Cairhien betreten hatten.

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