Die Jagd beginnt
herrschte gereiztes Schweigen, das sie nicht zu bemerken schien. Sie kritzelte abwesend mit ihrem Stock auf dem Boden herum. »Jetzt, glaube ich allerdings, ist es an der Zeit, Pläne zu schmieden. Das Muster hat uns nun endlich nach Falme gebracht. Das Horn von Valere wurde ebenfalls dorthin gebracht.«
Ingtar hockte sich ihr gegenüber ans Feuer. »Wenn genügend Leute das Gleiche behaupten, neige ich dazu, ihnen zu glauben. Die Leute hier sagen, dass sich die Seanchaner nicht darum kümmern, wer nach Falme kommt oder von dort weggeht. Ich werde Hurin und ein paar andere in die Stadt bringen. Wenn er Fains Spur bis zum Horn folgt … Nun, wir werden ja sehen.«
Mit dem Fuß verwischte Verin ein Rad, das sie in die lockere Erde gekratzt hatte. Stattdessen zeichnete sie nun zwei kurze Linien, die sich an einem Ende trafen. »Ingtar und Hurin. Und Mat, weil er den Dolch spürt, wenn er ihm nahe genug ist. Ihr wollt doch mit, Mat, oder?«
Mat wirkte innerlich zerrissen, doch er nickte. Es war mehr ein Kopfzucken. »Ich muss wohl. Ich muss diesen Dolch finden.«
Eine dritte Linie machte aus dem Bild die Fußspur eines Vogels. Verin sah Rand von der Seite her an.
»Ich komme mit«, sagte er. »Deshalb bin ich schließlich hergekommen.« Die Aes Sedai blickte ihn auf ganz seltsame Art an. Ihr wissendes Lächeln machte ihn unruhig. »Ich will Mat helfen, den Dolch wieder zu finden«, sagte er in scharfem Ton, »und natürlich Ingtar, das Horn aufzuspüren.« Und Fain , fügte er im Inneren hinzu. Ich muss Fain finden, falls es nicht schon zu spät ist. Verin ritzte eine vierte Linie ein, was die Vogelspur in einen etwas schiefen Stern verwandelte. »Und wer noch?«, fragte sie leise. Sie hielt den Stock immer noch bereit.
»Ich«, sagte Perrin, bevor Loial sagen konnte: »Ich denke, ich käme auch gern mit.« Dann schlossen sich auch noch Uno und die anderen Soldaten an.
»Perrin war zuerst dran«, sagte Verin, als sei das entscheidend gewesen. Sie fügte eine fünfte Linie hinzu und zog einen Kreis um alle fünf. Rand sträubten sich die Nackenhaare. Es war das gleiche Rad, das sie vorher entfernt hatte. »Fünf kämpfen für das Licht«, murmelte sie.
»Ich sähe wirklich gern einmal Falme«, sagte Loial. »Ich habe auch noch nie das Aryth-Meer gesehen. Außerdem kann ich die Truhe tragen, falls das Horn noch drin liegt.«
»Ihr solltet aber wenigstens mich mitnehmen, Lord Ingtar«, sagte Uno. »Ihr und Lord Rand braucht noch ein Schwert zur Rückendeckung, wenn diese blutigen Seanchaner versuchen, Euch aufzuhalten.« Die anderen Soldaten murmelten zustimmend.
»Seid doch keine Narren!«, schimpfte Verin. Ihr Blick brachte sie alle zum Schweigen. »Ihr könnt nicht alle gehen. Auch wenn die Seanchaner nicht auf Fremde achten, werden sie doch zwanzig Soldaten bemerken, und Ihr seht auch ohne Rüstungen wie Soldaten aus. Und nur ein oder zwei von Euch bringen nicht viel. Fünf – das sind zu wenige, um Aufsehen zu erregen, und es passt, dass drei davon Ta’veren sind. Nein, Loial, Ihr müsst auch zurückbleiben. Auf der Toman-Halbinsel gibt es keine Ogier. Ihr würdet mehr Blicke auf Euch ziehen als der ganze Rest zusammen.«
»Wie steht es mit Euch?«, fragte Rand.
Verin schüttelte den Kopf. »Ihr vergesst die Damane .« Ihr Mund verzog sich dabei vor Ekel. »Ich könnte Euch nur helfen, indem ich die Macht gebrauche, und das wäre alles andere als eine Hilfe, denn ich würde sie nur auf Euch aufmerksam machen. Auch wenn uns keine beobachtet, so könnte doch eine von ihnen eine Frau oder auch einen Mann fühlen, wenn sie die Macht benützen. Man dürfte ohnehin nur ein winziges bisschen der Macht gebrauchen.« Sie sah Rand dabei nicht an. Sie schien ihn sowieso dauernd zu übersehen. Mat und Perrin waren plötzlich brennend an ihren Füßen interessiert.
»Ein Mann«, schnaubte Ingtar. »Verin Sedai, warum noch mehr Probleme schaffen? Wir haben doch schon genug davon, ohne auch noch Männer zu brauchen, die mit der Macht umgehen. Aber es wäre gut, Euch dabeizuhaben. Falls wir Euch brauchen …«
»Nein, Ihr fünf müsst allein gehen.« Ihr Fuß schabte über das Rad, das sie in den Boden gekratzt hatte, und löschte es zum Teil aus. Sie musterte einen nach dem anderen mit gerunzelter Stirn. »Fünf reiten aus und kämpfen für das Licht.«
Einen Augenblick lang schien Ingtar sie trotzdem noch einmal fragen zu wollen, doch nach einem Blick in ihre Augen zuckte er die Achseln und wandte sich Hurin zu:
Weitere Kostenlose Bücher