Die Jagd des Adlers
Macro sprang auf die Leiter zu und rammte dem Mann die Spitze seines Schwerts in die Brust. Der Aufprall war so heftig, dass Macros Arm vibrierte; flugs riss er sein Schwert aus der Wunde, und sein toter Gegner fiel von der Leiter.
Nachdem die unmittelbare Bedrohung überwunden war, sah Macro sich um und erkannte, dass es den Soldaten bisher gelungen war, den Feind abzudrängen. Bannus’ Kämpfer waren nirgendwo auf die Mauer gelangt, und Cato hatte ihr Vorrücken in der Bresche der inneren Mauer gestoppt. Jetzt wurde es Zeit, den Willen des Gegners zu brechen. Macros Stiefelspitze stieß gegen einen losen Stein auf der Plattform. Zuerst musterte er ihn wütend, doch dann lächelte er. Er schob sein blutiges Schwert in die Scheide und hob den Stein auf. Dann suchte er sich rasch ein Ziel und schleuderte ihn in die Menge, die gegen Cato und seine Männer drückte. Der Stein traf einen Mann seitlich am Kopf. Er verdrehte die Augen und sackte bewusstlos zusammen, während das Blut aus der Wunde in seiner Kopfhaut strömte. Macro griff nach einem weiteren Stein – diesmal nahm er ihn direkt aus der Mauer – und schleuderte ihn in die Menge. Er sah über die Lücke in der Festungsmauer hinweg zu einer Handvoll Soldaten, die in Erwartung eines Angriffs auf sie nach vorne starrten, während die Feinde sich in einiger Entfernung mit Leitern der Mauer näherten.
»Männer!«, rief Macro mit bellender Stimme über die Lücke hinweg, und sofort drehten sie sich zu ihm um, denn sie hatten auf dem Exerzierplatz gelernt, unverzüglich auf diesen Befehlston zu reagieren. »Nehmt Steine, Speere und was immer ihr in die Hände bekommt, und schleudert sie auf den Feind. So!«
Macro blickte nach unten und sah das Schwert des Parthers. Er packte es, schleuderte es in die Menge und erkannte mit einem zufriedenen Grinsen, wie die Waffe einen Angreifer an der Schulter traf. Daraufhin brachen die Soldaten Teile aus dem Mauerwerk und ließen sie auf die Köpfe ihrer Feinde regnen, die so dicht gepackt unter ihnen standen, dass sie nicht ausweichen konnten. Es war unmöglich, nicht zu treffen, und die Judäer mussten hilflos mit ansehen, wie die Römer in einen wahren Blutrausch verfielen. Einige Angreifer versuchten, die Steine zurückzuschleudern, doch das gelang nicht, weil ihre Kameraden viel zu eng an sie gedrängt wurden. Schließlich begannen diejenigen zurückzuweichen, die am Rand der Menge standen. Sofort ließ der Druck auf die Römer nach, und Cato und seine Männer schoben sich langsam nach vorn, indem sie ihre Schultern gegen die Innenseiten ihrer Schilde drückten. Je geringer der Widerstand vor ihnen wurde, umso schneller kamen sie voran, und es gelang ihnen, die Angreifer durch die Bresche abzudrängen. Als zuerst Catos Helmbusch und dann immer mehr Männer auf der Außenseite der inneren Mauer erschienen, erhob sich ein leises Stöhnen der Verzweiflung aus den Reihen der Angreifer. Sie zogen sich nach und nach zurück, obwohl die Entschlosseneren unter ihnen ihre Kameraden anfeuerten weiterzukämpfen. Doch kaum hatten sich Angst und Unsicherheit wie eine ansteckende Krankheit zu verbreiten begonnen, gab es kein Halten mehr. Der Feind entfernte sich immer weiter von der inneren Mauer und kletterte schließlich stolpernd über den Trümmerhaufen von der Festung weg.
Während des Rückzugs der Angreifer nutzte Cato die Chance und gab seinen Männern das Zeichen, weiter vorzurücken.
»Sie fliehen! Schnappt sie euch! Erledigt sie!«
Die Soldaten strömten aus der Bresche hinter ihm, verteilten sich rasch über das von Leichen übersäte Terrain direkt vor der Mauer und nahmen die Verfolgung des Feindes auf. Noch wenige Augenblicke zuvor hatten die Judäer unerbittlich angegriffen, doch jetzt flohen sie um ihr Leben. Für einen kurzen Moment war Cato geradezu schockiert darüber, wie rasch sich das Glück in der Schlacht gewendet hatte, doch gleich darauf hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er stürmte mit seinen Männern weiter und jagte den Feind durch die Trümmer. Als er die Kuppe des Schutthügels erreicht hatte, hielt er inne und sah zu, wie der Feind im Licht der Feuer auf römischer Seite und der Fackeln im eigenen Lager wie Ratten von der Festung wegströmte. Er konnte jedoch nicht riskieren, dass dieser kurze Moment des Sieges seinen Männern zu Kopf stieg, denn sonst würden sie vernichtet werden. Deshalb schob er rasch sein Schwert in die Scheide und legte die Hände an den Mund.
»Zweite Illyrische!«,
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