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Die Jagd nach dem Meteore

Die Jagd nach dem Meteore

Titel: Die Jagd nach dem Meteore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Hudelson auf der andern Seite und ihnen gegenüber der Rest der Welt. Hei, welch großartiger Prozeß, wenn… wenn man überhaupt ein Gericht fand, ihn anhängig zu machen.
    Inzwischen verließen die alten, jetzt zu erbitterten Feinden verwandelten Freunde keiner mehr seine Wohnung Zornentbrannt und einsam verbrachten sie die Tage auf der Plattform ihres Turmes und ihrer Warte. Von da konnten sie das Meteor verfolgen, das ihnen fast den Verstand geraubt hatte, und sich mehrmals des Tages überzeugen, daß es noch immer seine leuchtende Bahn am Himmel hinzog. Nur selten stiegen sie hinab von ihrer Höhe, wo sie sich wenigstens vor ihrer nächsten Umgebung geschützt wußten, deren offenkundige Feindseligkeit noch einen weitern Tropfen in den bittern Trank schüttete, von dein sie ja ohnehin mehr als genug schlucken mußten.
    Durch tausend Erinnerungen aus der Kinderzeit gefesselt, hatte Francis Gordon das Haus in der Elisabethstraße zwar nicht verlassen, er sprach aber kein Wort mehr mit seinem Onkel. Stumm saßen die beiden beim Frühstück wie beim Mittagsmahl einander gegenüber. Selbst Mitz brachte die Zähne nicht auseinander, und da sie sich auf das unumgänglichste, was zu sagen war, beschränkte, war es im Hause still und traurig wie in einem Kloster.
    Bei dem Doktor Hudelson gestalteten sich die Verhältnisse in der Familie auch nicht angenehmer. Loo schmollte unerbittlich, trotz der einladenden Blicke ihres Vaters, und Jennys Tränen versiegten nicht, trotz alles Zuredens ihrer Mutter. Diese selbst begnügte sich zu seufzen, da sie von der Zeit eine Besserung der Verhältnisse erwartete, die ebenso lächerlich wie verdammenswert waren.
    Mrs. Hudelson hatte recht, da die Zeit, wie man sagt, ja alles zu heilen versteht. Die Zeit schien jetzt aber keine besondre Eile zu haben, den Zustand in den beiden unglücklichen Familien zu bessern. Obgleich weder Mr. Dean Forsyth noch der Doktor Hudelson unempfindlich war gegen die Mißbilligung, die sie bei den Ihrigen fanden, bereitete ihnen diese doch lange nicht ebensoviel Kummer, wie sie ihn unter andern Verhältnissen erlitten haben würden. Ihre fixe Idee panzerte sie mit einer gewissen Gleichgültigkeit gegen eine Erregung, die mit ihrer Feuerkugel nichts zu tun hatte. Ach, diese Feuerkugel! Ihr ganzes Herz hing an dieser, alle Gedanken ihres Gehirns gehörten ihr allein, ihr Sein und Wesen war damit untrennbar verbunden.
    Wie leidenschaftlich erregt lasen sie die täglichen Mitteilungen J. B. K. Lowenthals und die Sitzungsberichte der Internationalen Konferenz! Dort waren ihre gemeinsamen Feinde und gegen sie erfüllte sie der gleiche unversöhnliche Haß.
    Mit welcher Befriedigung erfuhren sie daraus, wie groß schon die Schwierigkeiten der Vorberatungen gewesen waren, und noch lebhafter wurde diese, als sie sahen, wie langsam und auf welch gewundenen Wegen die endgültig konstituierte Internationale Konferenz sich einer Vereinbarung näherte, die doch immer problematisch und unsicher begründet bleiben mußte.
    Um einen familiären Ausdruck zu gebrauchen: in Washington kam offenbar »kein Zug in die Geschichte«.
    Schon in der zweiten Sitzung hatte die Internationale Konferenz den Eindruck hervorgerufen, daß sie ihre wichtigen Arbeiten zu keinem glücklichen Ende führen werde. Trotz der gründlichen Vorerörterungen in den Unterkommissionen schien eine Übereinstimmung von vornherein unerreichbar zu sein.
    Der erste bestimmte Vorschlag, der zutage trat, lief darauf hinaus, die Feuerkugel dem Lande zuzusprechen, in dem sie niederfallen würde. Das war also weiter nichts als eine Lotterie, in der es nur ein einziges und welch großes Los gab.
    Dieser von Rußland ausgegangene und von England und China als den Ländern von größter Ausdehnung unterstützte Vorschlag rief hervor, was man in der parlamentarischen Sprache »Verschiedentliches Aufsehen« nennt. Die andern Staaten verhielten sich dagegen unentschieden und die Sitzung mußte aufgehoben werden. Dann folgten Geheimbesprechungen, Kulissenintriguen. Endlich vereinigte man sich zu dem Verlegenheitsantrage, diese Angelegenheit zu vertagen, was die Schweiz vorgeschlagen und auch die meisten Stimmen für sich erhalten hatte.
    Darüber sollte erst verhandelt werden, wenn sich eine Einigung auf rechtmäßige Verteilung als unmöglich erwiese.
    Doch wie würde man zu der Erkenntnis kommen, was im vorliegenden Falle rechtmäßig wäre oder nicht? Das war doch eine sehr heikle Frage. Ohne daß in dieser

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