Die Jagd nach dem Vampir
in der Tür standen, »ich werde auch noch auf eine Tasse Tee bleiben.«
Auf der Fahrt durchs Dorf hielt ich des Öfteren an und plauderte mit den Leuten, und statt zum Frühstück nach Hause zu fahren, gab es in der Teestube Rührei mit Schinken – und den neuesten Klatsch. Als wir ins Cottage kamen, um unsere Sonntagskleidung zu wechseln, hatte ich das Gefühl, etwas Boden wiedergutgemacht zu haben.
Anschließend verbrachten wir einen wunderbaren Tag im Cotswolds Farm Park. Wir fütterten die freundlichen, neugierigen Ziegen und streichelten die Hasen und die Schafe. Mein Gebet um Regen hatte sich offenbar aufgebraucht, denn das Wetter war so freundlich, dass wir unseren mitgebrachten Lunch an einem der im Freien stehenden Tische einnehmen konnten.
Danach erwiesen wir den Ochsen, den Schweinen und den Hühnern die Ehre, und ich überbrachte den Gloucester Old Spots Bills Grüße, wofür sie sich grunzend bedankten. Für die Zwillinge waren natürlich die stattlichen Shire-Pferde das Highlight, und wir verbrachten die Heimfahrt mit der Aufzählung der Dienste, die Pferde der Menschheit erwiesen hatten und noch immer erwiesen.
Annelise schwebte kurz nach dem Abendessen ins Cottage. Nach ihrem Tag mit Oliver war sie so liebestrunken, dass sie lediglich engelhaft lächelte, als wir sie sehr behutsam davon unterrichteten, dass während des Gottesdienstes ihr Bauch erwähnt worden sei.
Als Bill anrief, konnte ich frei und unbeschwert mit ihm plaudern, denn es war das erste Mal, seit er nach London gefahren war, dass ich einen ganzen Tag lang nicht an Rendor gedacht hatte.
»Sieh nur!«, rief ich aus, als ich am Montagmorgen in Kits schuhschachtelgroßen Pick-up-Truck stieg. »Die Sonne scheint, kein Wölkchen am Himmel, kein Regen in Sicht.«
»Die Alten würden dir jetzt sagen, dass der Altweibersommer begonnen hat«, sagte Kit und bog auf die Straße nach Upper Deeping ein. »In Amerika heißt es, glaube ich, indianischer Sommer.«
»Es ist mir egal, wie man ihn nennt«, sagte ich. »Wozu ist ein schöner Tag da, wenn man ihn nicht im Freien genießen kann?«
»Wenn du das Spiel der unbeantwortbaren Fragen spielen willst, habe ich auch eine für dich: Wo ist Leo? Ich bin gestern zweimal nach Gypsy Hollow gefahren, und heute Morgen noch einmal, aber ich habe ihn nicht angetroffen, und ich könnte schwören, dass er seit Freitag auch nicht mehr da war. Also wo ist er? Wo hat er sich in den vergangenen zwei Tagen aufgehalten?«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Aber Finch und Aldercot Hall können wir sicherlich ausschließen.«
Ich erzählte Kit von meinem Ausflug ins Dorf und meinem Gespräch mit den Schwestern Pym, dann legte ich ihm das Szenario dar, das ich auch Dimity präsentiert hatte.
Als ich fertig war, stieß er einen leisen Pfiff aus. »Kein Wunder, dass Charlotte so heftig auf den Namen Leo reagiert hat«, sagte er. »Der Zorn einer Frau …«
»Aber es ist schon so lange her, dass man sie erzürnt hat …«
»Was bedeutet«, sagte Kit, »dass sie sehr viel Zeit gehabt hat, darüber zu grübeln. Sie war wie eine tickende Bombe, die darauf wartete, zu explodieren. Leos Name war der Zünder.«
»Warum ist er zurückgekommen?«, fragte ich nachdenklich. »Er sagte, es handele sich um eine sentimentale Reise, aber was ist das für eine sentimentale Reise, wenn sie einen an den Ort zurückführt, an dem man jemandem das Herz gebrochen hat?«
»Vielleicht hatte er gar nicht die Absicht, Charlotte das Herz zu brechen«, überlegte Kit. »Vielleicht ist er zurückgekommen, um alles zu erklären.«
»Ich bezweifle ernsthaft, dass sich Charlotte Leos Erklärungen anhören würde, welcher Art sie auch sein mögen. Aber ich schon. Wir müssen ihn finden, Kit.«
»Ich habe Emma gebeten, Gypsy Hollow im Auge zu behalten«, sagte er. »Wenn Leo auftaucht, während wir uns in Upper Deeping aufhalten, ruft sie mich auf dem Handy an.«
»Charlotte muss über all die Jahre sehr einsam gewesen sein. Gefangen in diesem Haus mit ihrem invaliden Vater, der hochnäsigen Mutter und dem verrückten Bruder …« Ich seufzte. »Ich kann verstehen, warum sie noch immer mit Leo hadert.«
»Immerhin hatte sie eine Freundin«, sagte Kit. »Während du barfuß durch Aldercot Hall gerannt bist, hat mir Charlotte erzählt, dass meine Mutter fast jeden Tag nach Aldercot geritten ist, nachdem sie meinen Vater geheiratet hatte und auf Anscombe Manor eingezogen war. Sie und Charlotte haben lange Spaziergänge am Fluss
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