Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
war eine Marinekampfeinheit stationiert, die einen Zerstörer schickte, um die verbliebenen Soldaten und Flüchtlinge wie Rebecca und Mbutu aufzunehmen. Es war geplant, sich mit der Kampfeinheit zu treffen und irgendwo ein Flugzeug zu erwischen, das in die Zivilisation zurückkehrte.
Rebecca hätte sich auch gern mit Sherman über die Schlacht von Suez unterhalten, doch seine Pflichten hielten ihn während der ganzen Fahrt beschäftigt. Also verbrachte sie ihre Zeit mit Mbutu und einem Soldaten namens Decker beim Kartenspiel. Decker war Sergeant und gehörte zu der in Suez stationierten Kampfeinheit. Rebecca freundete sich schnell mit ihm an. Als Sanitäterin hatte sie seinem verletzten Arm einen neuen Verband verpasst.
Als sie im hinteren Teil eines aus den Bergen in ein Küstenstädtchen rumpelnden Lasters saß, fiel ihr die erste Begegnung mit dem Sergeant wieder ein. Sie hatte den Militärsanitätern in Sinai geholfen, Kampfverletzungen und Schrammen zu verarzten. Plötzlich hatte er vor ihr gestanden.
» Hallo«, sagte er. » Ich hab ein Problemchen.«
Er hob einen Arm hoch, der in einer schmutzigen und blutbefleckten Bandage steckte.
Rebecca verzog das Gesicht. » Was haben Sie vor– Selbstmord durch Wundbrand?« Sie zog Gummihandschuhe über, um ihn von dem Verband zu befreien.
» Yeah«, antwortete Decker. » Ist vielleicht besser, als mir einen Virus einzufangen.«
» Ein lähmender, blendender Schmerz, der sich langsam im ganzen Körper ausbreitet, während man zuschaut, wie einem der Arm stückweise abfault, ist als Schicksal für Sie also verlockender?« Rebecca warf den alten Verband in einen sterilen Behälter.
» Eigentlich nicht. Glauben Sie, Sie können mich retten, Frau Doktor?«
Rebecca lachte.
» Ich bin keine Ärztin. Ich bin nicht mal Krankenschwester.« Sie säuberte Deckers Wunde mit Wasserstoffperoxid. Als die Flüssigkeit in den Schnitt lief, zuckte er zusammen.
» Sie können aber zugreifen wie ’ne Ärztin«, sagte er und biss die Zähne zusammen.
» Es könnte viel schlimmer sein.« Rebecca grinste. » Ich könnte den Inhalt der ganzen Flasche in die Wunde kippen.«
» Ich werd’s überleben«, sagte Decker. » Wie heißen Sie?«
» Rebecca.«
Sie lächelte ihn an. Er erwiderte ihr Lächeln.
Als sie Nadel und Faden in die Hand nahm, gefror sein Lächeln.
» Sie haben da eine üble Verletzung«, sagte Rebecca. » Ich glaube, wir müssen sie nähen.«
Als sie die Wunde neu verbunden hatte, hatte sie von Decker einige neue Flüche gelernt.
Der Laster traf auf einen Felsen. Die Insassen im hinteren Teil wurden grob durchgeschüttelt. Rebecca gelang es, einige von Deckers Flüchen loszuwerden, bevor das Fahrzeug normal weiterfuhr und die Passagiere neuen Halt fanden. Sie fragte sich, ob der Fahrer überhaupt qualifiziert war, einen Wagen dieser Größenklasse zu steuern.
Im Führerhaus des Lasters kratzte sich Denton derweil reuevoll am Hinterkopf.
» Das war der vierte Feldstein in einer Stunde, Brewster«, sagte er. » Ob wir die fünf noch vollkriegen, hm?«
» Das war kein Scheißfeldstein«, sagte Brewster, » sondern ein Felsen, der auf der Fahrbahn lag. Feldsteine sind groß. Der hier war klein. Außerdem ist der Scheißlaster vor uns auch üb er ihn drübergefahren, ohne in die Scheißluft zu springen.«
» Was wäre denn nötig?«, fragte Denton. » Musst erst jemand aus dem Laster vor uns rausfliegen, bevor du siehst, dass er auf einen Felsen geknallt ist, der für deinen Geschmack zu groß ist?«
» Yeah, Mann, mach nur so weiter. Vor uns liegen noch sieben bis acht Kilometer. Da hast du jede Menge Zeit, meine Fahrkünste zu bequaken und zu quengeln. Dann geht’s endlich aufs Schiff.«
» Vorausgesetzt, der Zerstörer wartet auf uns. Ich lerne allmählich, mit dem Schlimmsten zu rechnen.«
» Der wird schon da sein«, sagte Brewster.
Sie wollten zur USS Ramage, einem Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse. In weniger als einer Stunde sollte er vor Scharm El-Scheich auf sie warten. Mehr hatte die Kampfeinheit der Marine nicht erübrigen können. Aber das Schiff würde locker ausreichen. Aus der Wüste Sinai kamen kaum mehr als zweihundert Soldaten und Flüchtlinge. An Bord des Zerstörers würde man vielleicht etwas beengt leben, aber es würde schon gehen.
Die Lastwagen rumpelten in den verlassenen Ort hinein und fuhren dem Hafen entgegen. Sie wollten mit zivilen Schiffen zum Zerstörer übersetzen, denn die Anlegeplätze der Stadt reichten für ihn
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