Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
Überraschung. Als er die auf ihn gerichteten Gewehrläufe bemerkte, hob er flink die Hände.
» Nein, es ist in Ordnung, er ist festgebunden«, sagte er und deutete in den Raum, aus dem er gekommen war. » Hab mich nur erschreckt, mehr nicht.«
» Was denn?«, fragte Sherman. Er ging zu dem Soldaten hinüber und schaute ins Lazarett hinein.
» Der Tote da«, sagte der Soldat. » Er fing wieder an, sich zu bewegen.«
Im Lazarett lag eine an eine Transportliege geschnallte Leiche, die unter einem dünnen Laken zuckte. Die Eisenstangen der Liege quietschten ab und zu, da sie sich unter dem Gewicht der reanimierten Leiche bewegten.
» Entsorgen Sie diesen Überträger, Soldat.« Sherman deutete auf die Liege.
» Ja, Sir.« Der Soldat betrat das Lazarett und zog seine Pistole.
» Nein!«, bellte Sherman und hob eine Hand. » So verspritzen Sie überall nur noch mehr heißes Blut. Wir wollen nicht, dass sich noch jemand infiziert. Bringen Sie ihn zuerst an Deck.«
» Ja, Sir.« Der Soldat steckte die Waffe verlegen wieder ein und schnappte sich dann die Transportliege, um sie hinauszuschieben.
» Frank«, sagte Denton und baute sich neben dem General auf. » Soll das etwa heißen, dass man sich anstecken kann, wenn man mit dem Blut eines Toten in Berührung kommt?«
» Davon gehe ich aus.« Sherman schenkte dem Fotografen einen schiefen Blick. » Standardvirologie. Wir wissen nicht, wie lange der Morgenstern-Erreger in freiliegendem Blut lebt. Grundwissen. Hast du das nicht auf dem College gelernt?«
» Nein, das weiß ich«, sagte Denton mit großen Augen. » Aber was ist mit den Soldaten, die diese Räume gesäubert haben? Die haben keine Masken getragen.«
» Darum haben wir uns schon gekümmert«, sagte Sherman, ohne Dentons Blick auszuweichen.
Denton spürte, dass seine Gesichtszüge entgleisten. » Soll das etwa heißen…«
» Ja«, sagte Sherman. » Sie befinden sich seit über einer Stunde in Quarantäne.«
***
Anderswo auf dem Schiff war grimmige Entschlossenheit inzwischen durch bestürzte Empörung ersetzt worden.
» Lass mich hier raus, du Arsch!«, schrie Brewster und drosch mit der flachen Hand auf das Schott ein. Er, Decker, Darin und ein paar andere Soldaten waren unter Deck eingeschlossen und wurden von Bewaffneten bewacht. Sie durften ihr Quartier bis auf weiteres unter keinen Umständen verlassen. » Das ist doch Scheiße!«
» Nun mach mal halblang, Brewster.« Decker lümmelte sich auf einer der Kojen, paffte müßig eine Zigarette und schaute an die Decke. » Die machen die Tür nicht auf. Deswegen nennt man so was ja auch Quarantäne.«
» Was quarantänisieren die denn hier, verdammte Scheiße? Ich bin nicht krank! Keine dieser Arschkrampen hat mich gebissen. Ich bin so sauber wie ’n Scheißregen, Häuptling.«
» Die werden schon einen Grund haben«, sagte Darin aus der Ecke des Raumes, in der er saß und eine eselsohrige Ausgabe von Sports Illustrated durchblätterte. Er hatte sie unter einer Koje gefunden. » Vielleicht wollen sie uns nur auf Bisse testen.«
» Nee, ich glaube, wir werden hier ’ne Weile bleiben«, erwiderte Decker. » Die wollen sehen, ob einer von uns krank wird. Das kann schon ein paar Tage dauern.«
» Tage?!«, fauchte Brewster. Er klopfte erneut ans Schott. » Ich soll für’n paar Tage in diesem kleinen Scheißraum festsitzen? Das ist ja großartig, Mann! Hier bin ich ja nur mit Material der Güteklasse A zusammen! Lasst mich meinen Terminplan bereinigen und bereitet euch auf die Scheißlangeweile vor.«
» Aber wie können wir infiziert sein, wenn keiner von uns gebissen wurde?«, fragte ein Obergefreiter namens Scott.
» Vielleicht überträgt sich der Scheiß durch die Luft«, sagte jemand.
» Dann müssten doch alle infiziert sein, Blödmann«, setzte jemand dagegen.
» Das Blut«, sagte Darin. Er setzte sich plötzlich hin und ließ die Sportillustrierte auf seine Knie sinken. » Der Erreger steckt im Blut!«
» Was?«, sagte Decker. » Oh, danke, Captain Schlau. Ich werde Sie für einen Orden vorschlagen.«
» Wir sind praktisch durch Blut gewatet, Sergeant«, stieß Darin hervor. » Oh, Scheiße…der Seemann, der sich erschossen hat! Er hat mich mit seinem Blut bespritzt! Es war überall! Scheiße, vielleicht bin ich angesteckt!« Er atmete schwer. Die Soldaten in seiner Nähe rückten unweigerlich von ihm ab und beäugten ihn argwöhnisch.
» Ach, scheiß drauf, Darin, reg dich ab«, sagte Brewster. » Der Typ war doch gar nicht
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