Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
richtig gebissen worden. So schnell wie der reagiert hat…Das kann noch gar nicht durch seine Blutbahn gegangen sein. Wahrscheinlich hat er dich nur mit ganz normalem Blut bespritzt.«
» Aber mich nicht.« Decker schaute auf seine blutbefleckten Stiefel hinab. » Ich hab was abgekriegt, als ich mit den ganzen Leichen in den Schlafquartieren fertig war.«
» Du hast es doch nur auf die Stiefel bekommen«, erwiderte Darin protestierend. » Ich hab’s eingeatmet, Mann! Eingeatmet! Ich bin voll im Arsch!«
» Jetzt reiß dich bloß am Riemen, Blödmann«, sagte Brewster. » Gott, jeder von uns hätte ausrutschen und ’n bisschen Blut an die Finger kriegen können. Das ist doch kein Grund zum Ausrasten oder so was! Wir reißen uns jetzt alle zusammen und warten ab. Hör zu, Darin, es ist, wie ich gesagt habe: Die Viren waren in dem Typen noch gar nicht rund, als er sich die Kugel gegeben hat. Du bist gesund. Ich garantiere es, verdammt nochmal. Und du, Decker, hattest nur was am Stiefel, also können wir davon ausgehen, dass du hier keinen schmerzhaften Scheißtod sterben wirst. Tut mir leid.«
» Krepier, Arschloch«, gab Decker zurück.
Brewster tat ihm den Gefallen nicht. » Sonst erinnert sich niemand daran, dass er Blut abgekriegt hat?«
Niemand meldete sich. Keiner äußerte einen Laut.
» Gut. Dann können wir diese Scheißgrabkammer in ein paar Tagen wieder verlassen. Da wir ja bis dahin…« Brewster zog einen Stuhl zu dem Tischchen hinüber. » Da wir ja bis dahin ’ne Menge Zeit haben…Hat vielleicht jemand ’n Kartenspiel in der Tasche?«
SIEBTER TEIL
HOLOCAUST
22 . 03 Uhr
Allem Anschein nach reichte es noch nicht, dass ihre Anzahl kaum die Hälfte dessen betrug, womit sie angefangen hatten– es war auch noch nicht genug, dass der Funkkontakt mit den kontinentalen Staaten im Eimer war. Es war nicht mal genug, dass ein Killervirus im Begriff war, den halben Globus auszuradieren.
Ein Problem nach dem anderen, dachte Sherman und überschaute das Innere des Maschinenraumes. Die beiden dort gefundenen Toten hatten sich heftig gewehrt, bevor sie unterlegen waren. Doch ihre Würde hatte einen Preis verlangt. Die Wände waren voller Einschusslöcher. Beschädigte Instrumente, die gegen ihren eigenen Ausfall ankämpften, quietschten noch immer vor sich hin.
» Es hat die Treibstoffpumpen zerrissen«, sagte Franklin über den Maschinenlärm hinweg. » Wir haben Druckverlust in den Leitungen zweier Anlagen.«
Sherman grunzte, stützte die Fäuste in seine Hüften und fragte: » Was bedeutet das?«
Franklin schenkte ihm einen schrägen Blick. » Nach bisherigem Kenntnisstand hat es mittelmäßige Auswirkungen. Wir versuchen die Pumpen zu flicken, schaffen aber nur fünfundsiebzig Prozent unserer maximalen Triebwerkskraft.«
» Ich habe Schiffe dieses Typs für belastbarer gehalten, Captain«, sagte Sherman. Er war enttäuscht über den Geschwindigkeitsverlust, den sie nun während ihrer langen Fahrt in Richtung Heimat würden hinnehmen müssen.
» Tja, normalerweise kommt der Feind von außen, Sir«, sagte Franklin mit einem leisen Lachen. » Wir hatten einfach nur Pech.«
» Tja, sieht fast so aus, als hätten wir davon in letzter Zeit eine Menge«, erwiderte Sherman. » Ich glaube, allmählich steht uns auch mal eine kleine Glückssträhne zu.«
Die Treibstoffpumpen suchten sich genau diesen Moment aus. Sie husteten, stotterten und erstarben, und die Ingenieure fanden sich in ihrem Arbeitsraum plötzlich in tödlicher Stille wieder. Die an den Pumpen arbeitenden Männer schauten sich missmutig um. Einer warf wütend einen Schraubenschlüssel zu Boden und versetzte der toten Pumpe mit dem Stiefel einen Tritt.
» Das zum Thema Glückssträhne«, seufzte Sherman.
Franklin wandte sich zu den Männern um, die sich um die Pumpe versammelt hatten. » Kriegen Sie die wieder ans Laufen?«, fragte er.
Der Leiter der Abteilung ließ seinen Blick über die Treibstoffpumpe wandern und schüttelte langsam den Kopf. » Das glaube ich nicht, Captain. Reuters ist normalerweise der Mechaniker für diese Pumpen. Ich habe nur hin und wieder mal daran gearbeitet. Ich schätze, dafür brauchen wir einen Spezialisten. Oder einen Haufen Zeit und viele Mühen.«
» Wo ist Reuters?«, fragte Sherman.
» Er ist tot, Sir. Er hat sich erschossen, nachdem er gebissen wurde.«
» Geben Sie nicht auf, Seemann«, sagte Franklin. » Tun Sie, was Sie können.«
» Aye, aye, Sir.«
» Wie verändert das unsere Lage?«,
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