Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
Ein kurzes grimmiges Grinsen verzog sein Gesicht, dann zog er mit einer schnellen Bewegung seine Pistole, schob sie sich in den Mund und drückte ab. Der Inhalt seines Schädels klatschte hinter ihm an die Wand. Er selbst sackte seitwärts auf den Boden und blieb neben dem Leichnam des Infizierten liegen, der sein Ableben verursacht hatte.
Die drei Männer waren einen Augenblick still. Brewster war der Erste, der etwas sagte. » Was für ’ne verdammte Scheiße.« Er stand mit offenem Mund da.
Darin eilte in den Gang hinaus und hielt nervös nach weiteren Gefahren Ausschau.
» Alles sauber«, meldete er. » Verdammt.« Er schwenkte eine Hand, als gelte es, die Luft zu reinigen. » Hier schwebt noch immer Hirnmasse rum.«
» Atme sie ein«, sagte Decker. » Dann wirst du klüger.«
» Du elender Sack«, sagte Brewster mit finsterer Miene.
» Kann schon sein, aber…«
Der Mann in der Ecke, den sie im Zuge des Feuergefechtes vergessen hatten, heulte auf. Sie fuhren herum. Er hatte sich aufgerappelt und umklammerte mit beiden Händen seinen Kopf. Sein Gesicht war vor Schmerzen verzerrt. Er erholte sich urplötzlich. Sein Kopf fuhr hoch. Er maß Decker mit einem wütenden Starren. Dann sprang er aus tiefster Kehle knurrend vor. Er war fast an Deckers Kehle, als dessen Waffe knallte. Die Kugel traf den Mann in den Hals und ließ ihn wie einen mit Fleisch gefüllten Sack hinfallen.
Sie begutachteten den Leichnam einen Augenblick, dann fuhr Decker zu Brewster herum.
» Genau das wollte ich eigentlich tun«, sagte er und deutete auf den Toten. » Hättest du mich nicht daran gehindert, hätte er keine Chance gehabt, uns anzugreifen. Lass dir ein Hirn wachsen, Brewster, und mach demnächst die Augen auf. Das ist der totale Krieg. Entweder wir oder sie. Je eher du dir das bewusst machst, umso besser wird’s dir ergehen. Und jetzt packt allen Scheiß zusammen, den wir brauchen, und lasst uns von hier verschwinden.«
Washington, D. C.
11 . Januar 2007
20 . 00 Uhr
» Sie ist wirklich viel sturer, als wir angenommen haben.« Agent Mason nippte an einem lauwarmen Kaffee und schaute sich auf einem flackernden Fernsehschirm die stumm geschaltete Verhöraufzeichnung vom vergangenen Abend an. Julie Ortiz gab mürrische Antworten auf Fragen, die sie gar nicht beantworten wollte.
Mason sah sich selbst im Hintergrund. Er sah gelangweilt aus. Er war nicht bei der Sache gewesen.
» Aber sie sieht verdammt gut aus«, murmelte Agent Derrick, der einen Aktenordner durchblätterte. » Bringt es wirklich was, diese Verhöre fortzusetzen? Was wir wissen wollten, wissen wir doch schon. Unsere Informationen sind verlässlich.«
» Und dann? Soll sie für den Rest ihres Lebens in der Zelle liegen bleiben?« Agent Sawyer schüttelte den Kopf. » Das wäre Verschwendung. Wir stünden besser da, wenn es uns gelänge, ein Geständnis aus ihr rauszuholen.«
» Wir haben Zeugenaussagen gegen sie in den Akten«, sagte Mason.
» Sie müssten aber auch vor Gericht was bringen«, fügte Derrick hinzu.
» Dazu reicht es nicht«, sagte Sawyer. » Sicher, wir haben genügend Indizien angesammelt, um sie zu verurteilen. Aber der Prozess wäre dann öffentlich– und schmutzig. Da stünde dann vielleicht auch ein Betrugsfall im Raum.«
» Wir waren aber doch autorisiert, uns als FBI -Leute auszugeben«, warf Mason ein.
Sawyer runzelte skeptisch die Brauen. » Aber ob die amerikanische Öffentlichkeit damit zufrieden ist? Mit einer bloßen Autorisierung, so zu tun, als wären wir berechtigt, uns als Agenten einer anderen Behörde auszugeben?«
» Vielleicht«, sagte Derrick. » Die sind doch alle formbar und leicht zu manipulieren. Die richtige Geschichte an der richtigen Stelle müsste uns doch locker tarnen.«
» Vielleicht sehen wir die ganze Sache aus dem falschen Blickwinkel«, wandte Mason ein. Er furchte nachdenklich die Stirn. » Vielleicht sollten wir uns über den Fall überhaupt keine Sorgen machen. Vielleicht sollten wir uns um viel wichtigere Dinge kümmern.«
Nach seinen Worten war die Stille im Raum geradezu ohrenbetäubend.
» Was hast du gesagt?« Sawyer maß Mason mit einem stieren Blick.
» Habt ihr in letzter Zeit mal aus dem Fenster geschaut?«, sagte Mason. » Dreht sich unser Leben tatsächlich so sehr um Anweisungen, dass wir den Sturm nicht sehen, der sich draußen am Horizont zusammenbraut? Man kann doch nicht sagen, dass alles glatt abläuft. Ich bin sicher, dass wir unserem Land in einer anderen Rolle
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