Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
bringen.
Rebecca hatte verhandelt, geschmeichelt, gebettelt und schließlich einfach darum gebeten, ins Quarantänegebiet vorgelassen zu werden, doch man hatte sie abgewiesen. Am Ende hatte sie den die Tür bewachenden Soldaten zu überreden versucht, den unter Quarantäne stehenden Männern wenigstens eine Waffe zuzustecken, damit sie sich verteidigen konnten, falls einer von ihnen erkrankte. Dagegen hatte der UvD sein Veto eingelegt.
» Ich war drei Jahre bei der Militärpolizei«, hatte er gesagt. » Ich weiß, was verzweifelte Männer mit einer Waffe anstellen, wenn sie glauben, sie könnte sie wohin bringen– etwa aus einem Raum heraus oder von einem Schiff herunter. Nein, Ma’am, die Männer sind unbewaffnet, und dabei bleibt es auch.«
Jetzt konnte sie nur auf das warten, was passierte. Die Beschäftigung ließ sie an andere Dinge denken: etwa daran, dass die Welt um sie herum in Stücke fiel. Es zehrte an ihren Nerven, die Zeit vergehen zu sehen, ohne etwas Konstruktives tun zu können.
» Ach, Mist«, seufzte Rebecca vor sich hin. Immerhin hatte sie Gerüchte gehört, laut denen man nicht abgeneigt war, der Mannschaft Landurlaub zu gewähren. Vielleicht konnte sie an Land ordentlich einen heben.
Washington, D. C.
12 . 25 Uhr
Dr. Anna Demilio ging in ihrer Zelle nervös auf und ab und warf hin und wieder einen schnellen Blick auf die schwere Tür. Die Anlage, in der sie festgehalten wurde, war modern, aber nicht so gut isoliert, dass man das Krachen von Schüssen überhörte.
Es knallte nun– mit Unterbrechungen– seit fast zwei Stunden. Meist ging es in einem schnellen Crescendo los und ebbte zu einem Nichts ab. Minuten später krachte es dann erneut. Zuerst hatte sie nur das Stakkato-Klacken von Pistolen gehört, doch nun hörte sie auch das Rattern automatischer Waffen.
Es war ganz plötzlich losgegangen. Nichts an Sawyers Miene hatte den Eindruck erweckt, dass die Lage so schlimm war, dass sie sich praktisch vor ihren Türen abspielte. Anna Demilio glaubte nicht– sie wollte es nicht glauben–, dass die Seuche sich in der ganzen Stadt ausgebreitet hatte. Es war wahrscheinlich nur ein kleiner, auf diese Einrichtung beschränkter Ausbruch.
Aber sie war sich nicht sicher, und das machte sie nervös.
Wenn es die Seuche war, die draußen tobte und gegen das Festungstor anrannte…Wenn die Umgebung von infizierten Truppen kontrolliert wurde, würden die Agenten nicht mehr lange durchhalten. Dann krepierte sie mutterseelenallein in einer verschlossenen Zelle. Dieser Gedanke ängstigte sie mehr als die Vorstellung, sich zu infizieren.
Schritte im Gang ließen sie ans andere Ende der Zelle zurückweichen. Wenn Sawyer kam, hatte sie gewiss nicht vor, ihm zu helfen. Sie lauschte. Die Schritte waren leichter als die Schritte Sawyers. Und schneller. Sie klangen nach jemandem, der gut zu Fuß war und es eilig hatte. Anna hörte jemanden schwer atmen und glaubte das Geräusch einer Waffe zu hören, die geschultert wurde.
Die Metallklappe in der Tür flog auf. Ein Gesicht zeigte sich. Es war nicht Sawyer.
Agent Mason schob eine Hand in die Zelle hinein. Sie hielt eine Pistole. Anna machte sich klein. Sie glaubte für einen Moment, Sawyer hätte seinen Untergebenen geschickt, um die Gefangene, nun, da es zu Ende ging, zu töten. Doch es kam anders. Die Pistole wurde ihr hingehalten, mit dem Griff voran.
» Kommen Sie«, sagte Mason. Schweiß bedeckte seine Stirn. » Nehmen Sie sie. Das ist unsere Chance!«
» Chance?« Anna kniff argwöhnisch die Augen zusammen. » Was für eine Chance?«
» Unsere Chance zu entkommen, Sie Schwachkopf! Nehmen Sie die Pistole! Wir hauen ab!«
» Mein Gott«, keuchte Anna. » Da draußen ist die Kacke wohl wirklich am Dampfen, was?«
» Nehmen Sie die verdammte Pistole!«, schrie Mason. Er schaute vorsichtig hinter sich und bewegte die Waffe aufgeregt hin und her. » Wir haben nicht viel Zeit!«
Anna nahm ihm die Pistole ab. Ihr Gewicht fühlte sich in ihrer Hand gut an.
» Das war aber auch höchste Zeit«, sagte Mason.
Er verschwand von der Klappe. Kurz darauf wurde die Zellentür aufgeschlossen und glitt in die Wand zurück.
Mason stand vor der nun befreiten Wissenschaftlerin. Er drückte eine Maschinenpistole an seinen Brustkorb. Er wirkte heruntergekommen und kampfmüde. Schweiß befleckte seinen Hemdkragen. Seinen Brustkorb zierte eine kugelsichere Weste. Er bedeutete Anna, die Zelle zu verlassen, und schaute in beide Richtungen des Ganges.
» Lassen Sie
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